Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
Wilvercombe gegangen? Könnte man dann nicht zum Beispiel herausfinden, ob er am Darley Halt den Bahnübergang benutzt hat? Oder – Moment! Wenn er nun auf der Straße zuerst ein Stück weitergegangen und dann umgekehrt ist, um so zu tun, als ob er aus Wilvercombe käme?«
»Dann müßten Sie ihm begegnet sein.«
»Angenommen, ich bin ihm begegnet?«
»Aber – mein Gott, ja! – dieser Mr. Soundso aus London! Beim Zeus!«
»Perkins. Eben. Ich frage mich nämlich, ob jemand in Wirklichkeit so dämlich sein kann, wie dieser Mr. Perkins mir erschien. Und eine kleine Ratte war er ja auch, sogar mit rötlichem Haar!«
»Sagten Sie nicht, er war kurzsichtig und trug eine Brille? Merryweather hat nichts davon gesagt, daß Bright eine Brille trug.«
»Die Brille kann Tarnung gewesen sein, vielleicht aus gewöhnlichem Fensterglas – ich habe sie nicht à la Dr. Thorndyke daraufhin geprüft, ob eine Kerzenflamme sich aufrecht oder verkehrtherum in den Gläsern spiegelte. Und ich finde es jetzt wirklich ausgesprochen merkwürdig, wie Mr. Perkins plötzlich verschwunden ist, als wir in den Dorfladen kamen. Zuerst ist er ganz versessen darauf, mit mir zu gehen, und kaum kommen wir mit der Zivilisation in Berührung, da ist er mit einemmal auf und davon. Das sieht vielleicht komisch aus! Wenn es Bright war, ist er vielleicht gerade noch lange genug geblieben, um zu hören, was ich der Polizei erzählte, und hat sich dann rasch aus dem Staub gemacht. Mein Gott! Stellen Sie sich das vor, da laufe ich nichtsahnend anderthalb Meilen weit Hand in Hand mit einem Mörder durch die Gegend!«
»Pikant, pikant«, meinte Wimsey. »Wir müssen uns ein wenig genauer mit diesem Mr. Perkins beschäftigen. (Kann der Name stimmen? Er klingt fast zu echt!) Wissen Sie, wohin er gegangen ist?«
»Nein.«
»Er hat sich im Dorf einen Wagen gemietet und sich zum Bahnhof Wilvercombe fahren lassen. Man nimmt an, daß er von dort aus irgendwohin mit dem Zug gefahren ist, aber der Bahnhof war so voller Reiselustiger und Urlauber und Wandervögel, daß man bisher über seinen weiteren Verbleib nichts herausbekommen hat. Man wird es noch einmal versuchen müssen. Die Lösung sieht fast zu perfekt aus. Sehen wir sie uns einmal an. Als erstes kommt Alexis um 10.15 Uhr am Darley Halt an und begibt sich zu Fuß oder sonstwie zum Bügeleisen. Zunächst einmal, warum?«
»Vermutlich um sich mit Perkins zu treffen. Alexis war nicht der Typ, der weite Wanderungen durch die Gegend unternahm, nur um des berauschenden Erlebnisses willen, auf einem Felsen zu sitzen.«
»Wie wahr, o Königin. Auf daß Ihr ewig lebet. Er ist also hingegangen, um sich um zwei Uhr dort mit Perkins zu treffen.«
»Wahrscheinlich früher. Warum wäre er sonst schon um Viertel nach zehn gekommen?«
»Ganz einfach. Der Zehn-Uhr-fünfzehn-Zug ist der einzige, der vormittags am Darley Halt hält.«
»Warum ist er dann nicht mit einem Auto gekommen?«
»Eben, warum nicht? Ich vermute, weil er kein eigenes Auto hatte und niemandem auf die Nase binden wollte, wohin er fuhr.«
»Dann hätte er ja ein Auto mieten und selbst fahren können.«
»Vielleicht konnte er nicht fahren. Oder er hatte in Wilvercombe keinen Kredit. Oder – nein!«
»Was denn?«
»Ich wollte gerade sagen, weil er nicht die Absicht hatte, zurückzukommen. Aber das geht ja nicht, wegen der Rückfahrkarte. Sofern er die nicht aus reiner Gedankenlosigkeit gelöst hat, wollte er zurückkommen. Oder er war sich noch nicht sicher. Er könnte die Rückfahrkarte auf gut Glück gekauft haben – im Preis machte das sowieso kaum einen Unterschied. Aber er konnte nicht gut mit einem Mietwagen hinfahren und den dann einfach stehenlassen.«
»N-nein. Das heißt, er hätte es schon gekonnt, sofern ihm anderer Leute Eigentum egal war. Aber ich kann mir noch einen anderen Grund denken. Er hätte den Wagen an der Steilküste stehenlassen müssen, wo ihn jeder sehen konnte. Vielleicht sollte niemand merken, daß er unten am Bügeleisen war.«
»Das geht schlecht. Zwei Menschen, die auf dem Bügeleisen ein gemütliches Schwätzchen halten, sind von der Straße her weithin sichtbar, ob mit oder ohne Auto.«
»Das schon, aber wenn man nicht sehr nah herangeht, weiß man nicht, wer sie sind; bei einem Auto dagegen kann man das immer anhand des Nummernschildes feststellen.«
»Stimmt – trotzdem kommt mir diese Erklärung ein bißchen dünn vor. Lassen wir sie vorerst einmal dahingestellt. Aus irgendeinem Grunde glaubte Alexis
Weitere Kostenlose Bücher