Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
schließlich dazu da waren, geknackt zu werden. Also wollte er eben davon ausgehen, daß Mr. Martin mittels eines fliegenden Teppichs oder einer anderen Apparatur auf wundersame Weise zwischen halb zwei und zwei Uhr von Darley zum Bügeleisen transportiert worden war. Wenn ja, war er dann nachmittags wiedergekommen, und wenn ja, um welche Zeit – und wie?
Es gab nicht allzu viele Häuser in Darley, und eine Tür-zu-Tür-Umfrage schien eine, wenn auch mühsame, so doch sichere und zuverlässige Methode zu sein, um Antwort auf diese Fragen zu bekommen. Er krempelte die Ärmel hoch und machte sich ans Werk. Die Dorfbewohner zum Reden zu bringen, war nicht schwer. Paul Alexis’ Tod war ein Lokalereignis von großer Bedeutung, bedeutender fast noch als das Cricketspiel vom letzten Samstag und der revolutionäre Vorschlag, das ausgediente Versammlungshaus der Quaker zu einem Kino umzubauen; das Eintreffen der Polizei aus Wilvercombe, die sich nach Mr. Martins Woher und Wohin erkundigte, hatte die Erregung bis zum Siedepunkt gesteigert. Wenn so etwas geschah, konnte Darley sich eine Chance ausrechnen, noch einmal in die Zeitung zu kommen. Darley war in diesem Jahr schon einmal in die Zeitung gekommen, als Mr. Gubbins, der Kirchendiener, in der Großen Staatslotterie einen Trostpreis gewonnen hatte. Die sportliche Hälfte von Darley hatte sich gefreut und ihn beneidet; die fromme Hälfte hatte absolut nicht verstehen können, daß der Vikar diesem Kirchendiener nicht sofort das Privileg entzogen hatte, den Teller herumzureichen und auf der Kirchenratsbank zu sitzen, und fand, daß Mr. Gubbins, indem er ein Zehntel von seinem Gewinn für die Restaurierung der Kirche stiftete, sich zur Ausschweifung auch noch die Sünde der Heuchelei aufgeladen hatte. Nun aber, da man hoffen durfte, unwissentlich einen Engel der Finsternis beherbergt zu haben, sah man sich schon fast zu Berühmtheit aufsteigen. Wimsey traf nicht wenige, denen Mr. Martins Verhalten schon merkwürdig und sein Gesicht nicht ganz geheuer vorgekommen war, was sie ihm in großer Ausführlichkeit erklärten. Aber erst nach fast zwei Stunden geduldiger Suche entdeckte er endlich jemanden, der Mr. Martin am Donnerstagnachmittag tatsächlich gesehen hatte. Natürlich war das der Mann, zu dem jeder als erstes gegangen wäre – nämlich der Besitzer jenes kleinen Wellblechbungalows, der als Reparaturwerkstatt diente, und daß Wimsey diese Information nicht schon viel früher erhielt, lag einzig daran, daß er besagten Werkstattbesitzer – einen Mr. Polwhistle – bei seinem ersten Besuch nicht zu Hause angetroffen hatte, weil dieser auf einem benachbarten Bauernhof einem Benzinmotor einen Krankenbesuch machte und nur eine junge Frau zur Bedienung der Tankstelle zurückgelassen hatte.
Als Mr. Polwhistle in Begleitung eines jugendlichen Mechanikers wiederkam, war seine Mitteilsamkeit geradezu entmutigend. Mr. Martin? – O ja. Er (Mr. Polwhistle) habe ihn tatsächlich am Donnerstagnachmittag gesehen. Mr. Martin sei um – war’s nicht so gegen drei Uhr, Tom? – ja, so gegen drei Uhr sei er gekommen und habe sie gebeten, mitzukommen und sich einmal seinen Morgan anzusehen. Sie seien hingegangen und hätten festgestellt, daß der Morgan nicht anspringen wollte, nicht für gute Worte. Nach längerem Suchen und redlichem Bemühen mit der Starterkurbel seien sie zu dem Schluß gekommen, daß etwas mit der Zündung nicht in Ordnung sei. Sie hätten alles ausgebaut und angeschaut, und plötzlich sei Mr. Polwhistle der Gedanke gekommen, daß es am Zündkabel liegen könne. Nachdem sie dieses herausgenommen und durch ein neues ersetzt hätten, sei der Motor wie von selbst angesprungen. Über den Zeitpunkt gebe es keinen Zweifel, denn Tom habe auf sein Arbeitsblatt eingetragen: 15 Uhr bis 16 Uhr.
Es war jetzt fast halb fünf, und Wimsey hatte das Gefühl, um diese Zeit eine gute Chance zu haben, Mr. Goodrich zu Hause anzutreffen. Man zeigte ihm den Weg – das große Haus an der ersten Abzweigung von der Straße nach Wilvercombe –, und er fand den braven Mann im Kreise seiner Familie an einem mit Brot, Gebäck, Honig und DevonshireSahne wohlgedeckten Tisch.
Mr. Goodrich, ein kräftiger, gesunder Gutsherr alter Schule, war gern bereit, zu helfen, soweit es in seiner Macht stand. Mr. Martin war am Dienstagabend gegen sieben Uhr zu ihm gekommen und hatte ihn gebeten, am hinteren Ende des Hinks’s Lane zelten zu dürfen. Woher übrigens der Name Hinks’s Lane? Ach ja, dort
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