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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ich ihn verschwiegen hätte, wäre das nur ein weiteres Verdachtsmoment gewesen, nicht wahr? Aber glauben Sie, es macht es einem angenehmer, zu wissen, daß nur Lord Peter Wimseys schützende Hand einen Umpelty daran hindert, seine Feindseligkeit offen zu zeigen?«
    »Das habe ich gefürchtet«, sagte Wimsey.
    »Warum sind Sie dann gekommen?«
    »Damit Sie nicht nach mir schicken mußten.«
    » Oh! «
    Es trat eine gequälte Pause ein, in der sich Wimsey schmerzlich an den Wortlaut der Mitteilung erinnerte, die er zuerst von Salcombe Hardy vom Morning Star erhalten hatte. Hardy, ein wenig betrunken und der Zynismus in Person, hatte am Telefon zu ihm gesagt: »Aufgepaßt, Wimsey, Ihre kleine Vane hat sich wieder in eine dumme Geschichte hineingeritten.« Wie er dann wütend und erschrocken in die Redaktion des Morning Star in der Fleet Street gestürmt war und Hardy eine Szene gemacht hatte, bis dieser reumütig den Bericht des Morning Star in eine Form brachte, die den Maßstab für alle weiteren Pressekommentare setzte. Dann die Rückkehr in seine Wohnung, wo er sich bereits von der Polizei von Wilvercombe belagert sah, die ihn in höflichster und zurückhaltendster Weise um Informationen über Harriet Vanes Tun und Lassen in letzter Zeit ersuchte. Und schließlich die Gewißheit, daß es noch der beste Ausweg aus einer bösen Situation war, ihr schamlos – Harriets eigener Ausdruck – die Stirn zu bieten, selbst um den Preis, seine Gefühle öffentlich zur Schau stellen zu müssen und das zarte Band des Vertrauens, das er mit so unendlicher Mühe zwischen sich und dieser verbitterten, gekränkten Frau geknüpft hatte, zu zerreißen.
    Er sagte nichts, aber in Harriets flammendem Blick sah er sein Lebensglück in Schutt und Asche sinken.
    Indessen fühlte Harriet sich nach diesem, wie sie selbst fand, ungerechten Angriff von einer widervernünftigen Wut auf den Angegriffenen erfaßt. Schon daß zwischen ihr und diesem Mann bis vor fünf Minuten noch völliges Einvernehmen geherrscht hatte, ehe sie ihn und sich in diese unmögliche Situation brachte, glaubte sie ihm als weitere Missetat anrechnen zu müssen. Sie suchte krampfhaft nach einer Möglichkeit, ihm wirklich weh zu tun.
    »Sie meinen wohl, ich bin noch nicht genug gedemütigt worden, auch ohne diese ritterliche Posse. Sie bilden sich ein, den ganzen Tag da oben sitzen zu können wie König Kophetua, und edel und großherzig sein und erwarten, daß die Leute Ihnen dafür zu Füßen fallen. Natürlich sagen alle: ›Seht doch, was er für diese Frau getan hat – ist das nicht großartig von ihm?‹ Ist das nicht schön für Sie? Sie glauben, das brauchten Sie nur lange genug zu tun, dann müßten Sie mich irgendwann doch rühren und erweichen. Aber da sind Sie im Irrtum. Anscheinend bilden alle Männer sich ein, sie brauchten nur lange genug ihre Überlegenheit zu zeigen, dann müßte jede Frau ihnen in die Arme sinken. Abstoßend ist das.«
    »Danke«, sagte Wimsey. »Vielleicht bin ich das alles, was Sie sagen – herablassend, aufdringlich, eingebildet, unerträglich und so weiter. Aber trauen Sie mir bitte ein bißchen Intelligenz zu. Meinen Sie, ich wüßte das nicht alles? Meinen Sie, es sei für einen Mann, der für eine Frau empfindet, was ich für Sie empfinde, erfreulich, sich unter dieser gräßlichen Bürde der Dankbarkeit durchkämpfen zu müssen? Zum Teufel noch mal, meinen Sie, ich wüßte nicht ganz genau, daß ich größere Chancen hätte, wenn ich taub, blind, verkrüppelt, verhungert, trunksüchtig oder liederlich wäre, so daß Sie das Vergnügen hätten, großmütig zu sein? Was glauben Sie, warum ich aus meinen ernsthaftesten Gefühlen eine Operette mache, wenn nicht aus dem einzigen Grund, mir die schwere Demütigung zu ersparen, daß Sie versuchen, sich Ihren Ekel nicht anmerken zu lassen. Verstehen Sie nicht, wie diese vermaledeite Gemeinheit des Schicksals mich um das ganz normale Recht eines jeden Mannes bringt, meine eigenen Gefühle ernst zu nehmen? Ist das vielleicht eine Lage, auf die ein Mann stolz sein kann?«
    »Bitte sprechen Sie nicht so.«
    »Ich würde von allein nicht so sprechen, aber Sie zwingen mich dazu. Und Sie könnten wenigstens so gerecht sein, sich zu erinnern, daß Sie mich viel schwerer kränken können als ich Sie.«
    »Ich weiß, daß ich entsetzlich undankbar bin –«
    »Verdammt!«
    Alle Geduld hat einmal ein Ende, und bei Wimsey war die Grenze erreicht.
    »Dank! Mein Gott, soll ich denn nie mehr

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