Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
schickte ins Atelier nach der fertigen Illustration. Wenn die fertige Illustration wirklich fertig war (was selten vorkam), schickte er sie zusammen mit dem Text und einem sorgfältig gezeichneten Layout in die Klischieranstalt. Die Klischeehersteller fertigten unter Murren, daß man ihnen für diese Arbeit nie Zeit genug gebe, ein Klischee von der Illustration an. Das Ganze ging dann in die Setzerei, wo man die Schlagzeile und den Text absetzte, ein Namensklischee von der falschen Größe einfügte, das Ergebnis in eine Druckform schloß, einen Probeabzug machte und diesen wieder an Mr. Tallboy zurückschickte, versehen mit der kritischen Anmerkung, die Anzeige sei anderthalb Zentimeter zu lang. Mr. Tallboy berichtigte die Druckfehler, wünschte die Setzer wegen des falschen Namensklischees zum Teufel, machte ihnen klar, daß sie die Schlagzeilen in der falschen Type gesetzt hatten, schnitt den Abzug in Stücke, klebte diese in der richtigen Größe wieder zusammen und schickte alles zurück. Inzwischen war es meist schon Dienstagmorgen 11 Uhr, und Mr. Toule oder Mr. Jollop oder beide saßen bereits mit Mr. Pym und Mr. Armstrong im Konferenzzimmer und verlangten laut und wiederholt nach ihrem Doppelspalter. Sowie der neue Probeabzug aus der Setzerei kam, schickte Mr. Tallboy ihn durch einen Laufjungen ins Konferenzzimmer und schlich sich, wenn er konnte, zu seinem Elf-Uhr-Imbiß davon. Mr. Toule oder Mr. Jollop machte dann Mr. Pym und Mr. Armstrong auf die zahlreichen Schwachstellen sowohl in der Illustration als im Text aufmerksam. Mr. Pym und Mr. Armstrong schlossen sich unterwürfig der Meinung des Kunden an, gestanden ihre Ratlosigkeit und baten Mr. Toule (oder Mr. Jollop) um Ratschläge. Letzterer verstand sich, wie die meisten Kunden, besser auf destruktive als auf konstruktive Kritik; er gab seinem Geist die Sporen, bis er überhaupt keinen zusammenhängenden Gedanken mehr fassen konnte, und in diesem Zustand völliger Leere war er Mr. Pyms und Mr. Armstrongs hypnotischen Überredungskünsten hilflos ausgeliefert. Nach halbstündiger geschickter Behandlung fand Mr. Jollop (oder Mr. Toule) dann mit einem großen Gefühl der Erleichterung und Erfrischung zu dem eben noch geschmähten Entwurf zurück und entdeckte, daß dieser eigentlich fast genau das war, was er haben wollte. Er bedurfte nur noch einer Änderung in diesem oder jenem Satz und der Einrückung eines Ge schenkgutscheins. Mr. Armstrong schickte das Layout dann wieder zu Mr. Tallboy hinauf mit der Bitte, die notwendigen Änderungen zu veranlassen. Mr. Tallboy stellte zu seiner großen Freude fest, daß diese nichts Schlimmeres bedeuteten als die Anfertigung eines völlig neuen Layouts und ein komplettes Umschreiben des Textes, und suchte den Texter auf, dessen Initialen auf dem Originalentwurf standen, um ihm den Auftrag zu geben, drei Zeilen herauszustreichen und die Änderungswünsche des Kunden einzufügen, während er selbst die ganze Anzeige noch einmal neu aufteilte.
    Wenn das alles geschehen war, ging der neue Entwurf wieder in die Setzerei und wurde neu gesetzt, der neue Satz wanderte in die Klischieranstalt, dort wurde von der gesamten Anzeige ein komplettes Klischee angefertigt und von diesem ein neuer Probeabzug gemacht. Wenn es nun ein glücklicher Zufall wollte, daß diesem Klischee keine Mängel mehr anhafteten, gingen die Materngießer an die Arbeit und fertigten die erforderliche Anzahl von Matern an, die zusammen mit je einem Probeabzug an die verschiedenen Zeitungen geschickt werden sollten, in denen die Nutrax-Anzeige erscheinen würde. Am Donnerstagnachmittag wurden die Matern vom Versand per Boten an die Londoner Zeitungen, per Post und Bahn an die Provinzblätter verschickt, und wenn alles gutging, erschien die Anzeige planmäßig am Freitag im Morning Star und an den vorgesehenen Tagen in den übrigen Zeitungen. So lang und beschwerlich ist der Weg, den diese freundlichen Aufforderungen, die Nerven mit Nutrax zu nähren, hinter sich haben, ehe sie dem Leser, wenn er im Zug zwischen Gidea Park und Liverpool Street seinen Morning Star aufschlägt, ins Auge springen.
    An diesem einen Dienstag war nun das Heulen und Zähneknirschen besonders arg. Erstens herrschte an diesem Tag ungewöhnlich drückende Schwüle mit Gewitterneigung, und das obere Stockwerk der Werbeagentur Pym glich unter dem breiten Bleidach und den großen, gläsernen Oberlichtern einem bei kleiner Flamme heizenden Backofen. Zweitens erwartete man den Besuch

Weitere Kostenlose Bücher