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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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von einem gewaltigen Donner, ohne jede Vorwarnung, direkt über ihren Köpfen.
    «Hab ich kommen sehen», sagte Bredon. «Darum habe ich ja diesen Dachspaziergang gemacht.»
    «Wie meinen Sie das – darum?»
    «Ich habe nach ihm Ausschau gehalten», erklärte Bredon.
    «Und bitte sehr, da ist es. Hui! Der konnte sich hören lassen. Ich liebe Gewitter ja so. Übrigens, was hat Willis eigentlich gegen mich?»
    Ingleby runzelte die Stirn und zögerte.
    «Er scheint der Ansicht zu sein, daß ich kein guter Umgang bin», erklärte Bredon.
    «Nun – ich hab Sie ja gewarnt, mit ihm über Victor Dean zu sprechen. Jetzt scheint er sich in den Kopf gesetzt zu haben, daß Sie ein Freund von Dean sind oder so was.»
    «Aber was war denn so schlimm an Victor Dean?»
    «Er verkehrte in schlechten Kreisen. Wieso interessieren Sie sich überhaupt so für Dean?»
    «Sagen wir, ich bin von Natur aus neugierig. Hab mich schon immer für andere Leute interessiert. Zum Beispiel für Botenjungen. Die treiben auf dem Dach Gymnastik, nicht? Ist das die einzige Zeit, zu der sie aufs Dach dürfen?»
    «Während der Arbeitszeit sollten sie sich da oben lieber nicht von ihrem Betreuer erwischen lassen. Wieso?»
    «Hab mir nur was überlegt. Die haben doch sicher immer Streiche im Kopf – wie alle Jungen. Ich mag sie ja. Wie heißt dieser Rothaarige? Der sieht ziemlich helle aus.»
    «Das ist Joe – sie nennen ihn natürlich Rotfuchs. Was hat er verbrochen?»
    «Och, nichts. Aber hier laufen doch sicher viele Katzen herum, oder?»
    «Katzen? Hab noch nie welche gesehen. Außer in der Kantine, da ist eine, soviel ich weiß, aber hier herauf kommt sie anscheinend nicht. Was wollen Sie mit einer Katze?»
    «Nichts – aber jede Menge Spatzen muß es doch da oben geben, nicht?»
    Ingleby glaubte allmählich, daß die Hitze Bredon auf den Verstand geschlagen haben mußte. Seine Antwort ging in einem krachenden Donner unter. Es folgte eine Stille, in der die Straßengeräusche von draußen dünn heraufdrangen; dann begannen schwere Tropfen gegen die Scheiben zu klatschen. Ingleby stand auf und schloß das Fenster.

    Es goß wie aus Eimern. Donnernd prasselte der Regen aufs Dach. Er tanzte und toste in den bleiernen Dachrinnen und schoß in kleinen Wildbächen in die Abflüsse. Mr. Prout, der aus seinem Zimmer gerannt kam, geriet in einen Wasserfall, der vom Dach herunterkam, und rief nach einem Laufjungen, der das Oberlicht schließen sollte. Der Druck der Schwüle hob sich von den Gemütern wie eine abgeworfene Daunendecke. Bredon stand am Fenster seines Büros und beobachtete die eiligen Passanten, die sechs Stockwerke tiefer ihre Schirme der Sintflut entgegenhielten oder, wenn es sie schutzlos überrascht hatte, schnell in Geschäftseingängen verschwanden. Ein Stockwerk tiefer, im Konferenzzimmer, lächelte Mr. Jollop plötzlich und ließ drei Annoncen und einen dreifarbigen Prospekt passieren, ließ sich sogar zu einem Verzicht auf die 56 geschenkten Schlaguhren im dieswöchigen Zweispalter bewegen. Harry, der Fahrstuhlführer, geleitete eine tropfnasse junge Frau in den schützenden Käfig, drückte ihr sein Mitgefühl für ihre mißliche Lage aus und bot ihr an, sie mit einem Staubtuch abzutrocknen. Die junge Frau lächelte ihn an und versicherte ihm, sie brauche dergleichen nicht, aber ob sie bitte Mr. Bredon sprechen könne? Harry übergab sie Tompkin, dem Mann am Empfang, der sagte, er werde nach oben schicken, und wen er, bitte sehr, melden dürfe?
    «Miss Dean – Miss Pamela Dean – in einer privaten Angelegenheit.»
    Der Mann war sofort die Anteilnahme selbst.
    «Die Schwester unseres Mr. Dean, Miss?»
    «Ja.»
    «Ach ja, Miss. Eine schlimme Geschichte, das mit Mr. Dean, Miss. Es hat uns allen so leid getan, ihn auf diese Weise zu verlieren. Wenn Sie einen Augenblick Platz nehmen wollen, Miss, werde ich Mr. Bredon sagen, daß Sie da sind.»
    Pamela Dean setzte sich und sah sich um. Die Empfangshalle lag in der unteren Etage der Agentur und enthielt lediglich den halbkreisförmigen Empfangstisch, zwei harte Stühle, eine harte Bank und eine Uhr. Sie nahm den gleichen Raum ein wie ein Stockwerk höher die Versandabteilung. Gleich vor der Tür befanden sich der Fahrstuhl und die Haupttreppe, die sich um den Fahrstuhlschacht wand und bis zum Dach führte, während der Fahrstuhl selbst im obersten Stock endete. Auf der Uhr war es Viertel vor eins, und schon passierte ein Strom von Angestellten die Halle oder kam aus dem höheren

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