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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wartete schlau, bis sie losgefahren waren, dann sprang er in den nächsten Wagen.
    «Folgen Sie diesem Taxi», sagte er wie in einem Kriminalroman. Und der Fahrer, lässig wie von Edgar Wallace erdacht, antwortete: «Wird gemacht, Sir!» und ließ die Kupplung springen.
    Die Verfolgungsjagd verlief wenig aufregend und endete in der denkbar sittsamsten Weise vor Simpsons Speiserestaurant an der Strand. Mr. Willis bezahlte sein Taxi und stieg im Kielwasser des verfolgten Pärchens in jenen oberen Saal hinauf, in dem es Damen gnädig erlaubt war, sich unterhalten zu lassen. Die Verfolgten fanden einen Tisch am Fenster. Mr. Willis ignorierte die Bemühungen des Obers, ihn in ein stilles Eckchen zu lotsen, und setzte sich kurzerhand an den Nebentisch, wo ihm ein Mann und eine Frau, die offensichtlich allein speisen wollten, indigniert Platz machten. Aber gut placiert war er auch so nicht, denn er konnte Bredon und seine Begleiterin zwar sehen, doch sie hatten ihm den Rücken zugewandt, so daß er von ihrer Unterhaltung kein Wort mitbekam.
    «Am nächsten Tisch ist noch reichlich Platz, Sir», ver
    suchte der Ober ihm begreiflich zu machen.
    «Ich sitze hier ganz gut», entgegnete Willis gereizt. Sein Nachbar verschoß wütende Blicke, und der Ober reichte ihm mit einer Miene, als wollte er sagen: ‹Übergeschnappt – aber was soll man da machen?›, die Speisekarte. Willis bestellte geistesabwesend Hammelrücken mit Johannisbeerkompott und Kartoffeln und starrte auf Bredons schlanken Rücken.
    «… heute sehr gut, Sir.»
    «Wie?»
    «Der Blumenkohl, Sir – sehr gut heute.»
    «Wie Sie meinen.»
    Der kleine schwarze Hut und der geschniegelte gelbe Kopf schienen sehr dicht beieinander zu sein. Bredon hatte irgendeinen kleinen Gegenstand aus der Tasche genommen und zeigte ihn ihr. Einen Ring? Willis strengte die Augen an – «Was wünschen Sie zu trinken, Sir?»
    «Ein Lager», sagte Willis, ohne zu überlegen.
    «Pilsener, Sir, oder Barclay's Londoner Lager?»
    «Äh – Pilsener.»
    «Hell oder dunkel, Sir?»
    «Hell – dunkel – nein, ich meine hell.»
    «Ein großes helles Pilsener, Sir?»
    «Ja, ja.»
    «Im Steinkrug, Sir?»
    «Ja, nein – zum Kuckuck! Bringen Sie es mir in irgendwas, Hauptsache es hat oben ein Loch.» Wie viele Fragen konnte man denn wegen eines Biers noch stellen? Die junge Frau hatte den Gegenstand genommen und tat irgend etwas damit. Was? Um Himmels willen, was?
    «Röstkartoffeln oder frische Salzkartoffeln, Sir?»
    «Frische.» Gott sei Dank, der Mann war endlich fort. Bredon hielt Pamela Deans Hand – nein, er drehte nur den Gegenstand um, der auf ihrem Handteller lag. Die Frau, die Willis gegenübersaß, streckte sich nach dem Zuckerschälchen – ihr Kopf versperrte ihm die Sicht, absichtlich, schien es ihm. Jetzt zog sie sich zurück. Bredon begutachtete noch immer den Gegenstand.
    Ein großer Servierwagen stand neben ihm, beladen mit dampfenden Fleischstücken unter großen Silberdeckeln. Ein Deckel wurde angehoben – der Duft gebratenen Hammels schlug ihm ins Gesicht.
    «Noch ein wenig Fett, Sir? Möchten Sie das Fleisch nicht ganz durchgebraten?»
    Großer Gott! Was für Riesenportionen sie einem in diesem Laden auftischten! Was war Hammelbraten doch für ein ekelhaftes Zeug! Wie abstoßend diese runden gelben Kartoffelbälle waren, die der Ober ihm unablässig auf den Teller häufte! Wie widerlich Blumenkohl sein konnte – Schrumpelgemüse! Willis schnippelte angewidert an Londons bestem Hammelrücken herum und fühlte seinen Magen zu einem kalten, schweren Klumpen werden. Seine Füße kribbelten.
    Das verhaßte Mahl schleppte sich dahin. Das indignierte Paar verzehrte seine Stachelbeertorte zu Ende und ging beleidigt seiner Wege, ohne auf den Kaffee zu warten. Jetzt konnte Willis besser sehen. Die anderen beiden lachten jetzt und unterhielten sich angeregt. In einer kurzen Stille wehten ein paar Worte von Pamela zu ihm zurück: «Es soll ein Maskenball sein, da können Sie sich ohne weiteres hineinmogeln.» Dann sprach sie wieder leiser.
    «Möchten Sie noch etwas Braten, Sir?»
    Willis hätte beim besten Willen nichts mehr hinuntergebracht. So blieb er einfach sitzen und wartete, bis Bredon, mit einem Blick auf die Uhr, sich und seine Begleiterin daran zu erinnern schien, daß Werbetexter ab und zu auch arbeiten mußten. Willis war bereit. Seine Rechnung war bezahlt. Er brauchte sich nur noch hinter der mitgebrachten Zeitung zu verstecken, bis sie an ihm vorbei waren, und dann

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