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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ist ein Seiltänzer – oder zu betrunken, um zu fallen.» Bravorufe ertönten, und ein Mädchen begann hysterisch zu schreien. Dann drängte sich eine sehr hochgewachsene Frau in einem Traum aus austernfarbenem Atlas, die stets in der ausgelassensten Gruppe auf dem Fest der Mittelpunkt gewesen war, an Willis vorbei und stellte sich auf den Beckenrand; die blonden Haare umgaben ihr lebhaftes Gesicht wie ein matter Heiligenschein.
    «Spring!» rief sie. «Mach einen Kopfsprung! Ich verlange es! Spring!»
    «Sei still, Dian!» Einer von den nüchterneren Männern faßte sie um die Schultern und hielt ihr den Mund zu. «Das Becken ist zu flach – er bricht sich das Genick.»
    Sie stieß den Mann fort.
    «Sei du still. Er soll springen. Ich will es. Geh zum Teufel, Dickie. Du würdest dich nicht trauen, aber er wird.»
    «Das würde ich bestimmt nicht. Hör auf damit.»
    «Los, Harlekin, spring!»
    Die schwarz-weiße Gestalt hob die Arme über den maskierten Kopf und stand reglos da.
    «Sei kein Idiot, Mann!» schrie Dickie.
    Aber die anderen Frauen waren von der Idee angesteckt, und ihr Kreischen erstickte seinen Ruf.
    «Spring, Harlekin, spring!»
    Die schlanke Gestalt schoß durch die Gischt, tauchte fast ohne einen Spritzer ins Wasser und glitt durchs Becken wie ein Fisch. Willis hielt den Atem an. Das war ein Meisterstück. Das war vollkommen. Er vergaß seinen wütenden Haß auf den Mann und klatschte mit den übrigen Beifall. Das Mädchen Dian eilte hin und packte den Schwimmer, als er auftauchte.
    «Oh, du bist großartig, du bist großartig!» Sie klammerte sich an ihn und störte sich nicht daran, daß ihr Kleid dabei naß wurde.
    «Bring mich nach Hause, Harlekin – ich bewundere dich!»
    Der Harlekin beugte sein maskiertes Gesicht zu ihr hinunter und küßte sie. Der Mann namens Dickie versuchte ihn wegzuziehen, bekam aber flink ein Bein gestellt und flog unter grölendem Gelächter in das Bassin. Der Harlekin warf sich die hochgewachsene Frau über die Schulter.
    «Der Siegerpreis», verkündete er stolz. «Der Siegerpreis.»
    Dann stellte er sie mit einer Leichtigkeit wieder auf die Füße, als wäre es gar nichts, und ergriff ihre Hand. «Lauf!» rief er. «Los! Wir laufen weg, und die sollen uns kriegen, wenn sie können!»
    Wie auf Kommando stampfte alles los. Willis sah Dickies wütendes Gesicht, wie er an ihm vorbeitaumelte, und hörte ihn fluchen. Jemand faßte seine Hand. Keuchend rannte er durch den Laubengang. Sein Fuß blieb irgendwo hängen, so daß er stolperte und hinfiel. Seine Begleiterin ließ ihn im Stich und lief johlend weiter. Er setzte sich auf und versuchte seinen Kopf aus der Kapuze zu befreien.
    Eine Hand berührte seine Schulter.
    «Kommen Sie, Mr. Willis», sagte eine spöttische Stimme ihm ins Ohr. «Mr. Bredon hat gesagt, ich soll Sie nach Hause begleiten.»
    Endlich bekam er die schwarze Kapuze vom Kopf und erhob sich schwerfällig.
    Neben ihm stand Pamela Dean. Sie hatte ihre Maske vom Gesicht genommen, und in ihren Augen blitzte der Schalk.

5
Überraschende Metamorphose des Mr. Bredon
    Lord Peter Wimsey war zu Besuch bei Chefinspektor Charles Parker von Scotland Yard, seinem Schwager.
    Er saß in einem großen, bequemen Sessel in der Wohnung des Chefinspektors in Bloomsbury. Ihm gegenüber auf dem weichen Sofa saß seine Schwester, Lady Mary Parker, und strickte fleißig an einem Kinderjäckchen. Und am Fenster, die Hände um die Knie geschlungen und eine Pfeife im Mund, saß Mr. Parker selbst. Auf einem Tischchen in bequemer Reichweite standen ein paar Karaffen und ein Soda-Siphon. Vor dem Kamin lag eine große Tigerkatze. Es war eine fast übertrieben friedvolle und häusliche Szene.
    «Du bist also unter die werktätigen Menschen gegangen, Peter», sagte Lady Mary.
    «Ja; ich beziehe solide 4 Pfund die Woche. Ein umwerfendes Gefühl. Das erste Mal in meinem Leben, daß ich je einen Penny verdient habe. Jedesmal, wenn ich am Wochenende meine Lohntüte bekomme, strahle ich vor ehrlichem Stolz.»
    Lady Mary lächelte und warf einen Blick zu ihrem Mann, der vergnügt zurückgrinste. Die Schwierigkeiten, die es im allgemeinen gibt, wenn ein armer Mann eine reiche Frau heiratet, waren in ihrem Falle durch ein kluges Arrangement gütlich vermieden worden; danach wurde Lady Marys ganzes Vermögen von ihren Brüdern treuhänderisch für künftige kleine Parkers verwaltet; darüber hinaus mußten die Treuhänder ihr vierteljährlich eine Summe auszahlen, die genau dem Einkommen

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