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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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an. Und wäh rend er so dahinrumpelte und -zockelte, malte er sich aus, wie er es anderntags Mr. Tallboy geben und von DENEN da oben Lob und Anerkennung einheimsen würde.
    Aber da war ein Faktor in Mr. Copleys Rechnung, den er
    im Vorgefühl seines Triumphs nicht berücksichtigt hatte, nämlich daß er, um die volle Wirkung und Pracht seines Theatercoups entfalten zu können, unbedingt vor Mr. Tallboy in der Firma sein mußte. In seinem Tagtraum hatte er das für gegeben gehalten – mit Recht, denn er war allzeit ein pünktlicher Mensch, während Mr. Tallboy meist pünktlicher ging als er kam. Mr. Copley hatte sich das so vorgestellt, daß er, nachdem er um neun Uhr Mr. Armstrong in angemessener Form informiert hätte – im Verlauf dieses Gesprächs würde dann Mr. Tallboy hinzugerufen und seinen Rüffel bekommen –, den reuigen Gruppenleiter beiseite nehmen, ihm einen Vortrag über Ordnung und Rücksicht auf andere halten und dann mit einer väterlichen Ermahnung die 50 Pfund zurückgeben würde. In der Zwischenzeit würde Mr. Armstrong die Nutrax-Geschichte den anderen Direktoren erzählen, die sich zu so einem verläßlichen, erfahrenen und treuen Mitarbeiter gratulieren würden. Die Worte fügten sich in Mr. Copleys Kopf schon zu einem kleinen Werbespruch:
    IN KRISEN IST AUF COPLEY STETS VERLASS.
    Aber es kam ganz anders. Es fing schon damit an, daß Mr. Copleys späte Heimkehr am Donnerstagabend ihm ein häusliches Ungewitter eintrug, das bis in die Nacht dauerte und selbst am nächsten Morgen noch vernehmlich nachgrollte.
    «Während du mit all diesen Leuten telefoniert hast», sagte Mrs. Copley bissig, «war es dir wohl zuviel, auch einmal an deine Frau zu denken. Natürlich, ich bin ja auch nicht wichtig. Was kümmert es denn dich, daß ich hier herumsitze und mir alles mögliche ausmale! Na gut, aber mach mir keinen Vorwurf, wenn jetzt das Hühnchen hart wie Stroh ist, die Kartoffeln zerkocht sind und du dir wieder Magenbeschwerden damit holst.»
    Das Hühnchen war hart wie Stroh, die Kartoffeln waren zerkocht, und infolgedessen holte Mr. Copley sich damit heftige Magenbeschwerden, die seine Frau mit Natrontabletten, Wismut und Wärmflaschen lindern helfen mußte, nicht ohne ihm bei jeder Handreichung von neuem die Meinung zu sagen. Erst um sechs Uhr morgens fiel er in einen tiefen, wenig erholsamen Schlaf, aus dem seine Frau ihn um Viertel vor acht mit den Worten weckte:
    «Wenn du heute zur Arbeit gehen willst, Frederick, solltest du allmählich aufstehen. Wenn du aber nicht gehst, sag es wenigstens, damit ich anrufen und dich entschuldigen kann. Ich habe dich schon dreimal gerufen, und dein Frühstück wird kalt.»
    Wie gern hätte Mr. Copley, der scheußliche Kopfschmerzen über dem rechten Auge und einen widerwärtigen Geschmack im Mund hatte, sie ermächtigt, ihn in der Firma zu entschuldigen – wie gern hätte er sich auf dem Kissen umgedreht und seine Leiden im Schlaf begraben –, aber die Erinnerung an den Nutrax-Zweispalter und die 50 Pfund brandete wie eine Flutwelle über ihn hinweg und spülte ihn aus dem Bett. Im Licht des Morgens, begleitet von tanzenden schwarzen Punkten vor seinen Augen, verlor die Vorschau auf seinen Triumph gar manches von ihrem Glanz. Dennoch konnte er es nicht einfach bei einer telefonischen Erklärung bewenden lassen. Er mußte an Ort und Stelle sein. Er rasierte sich mit zitternder Hand und schnitt sich in der Eile. Das Blut ließ sich nicht stillen; es tropfte auf sein Hemd. Er riß sich dieses Kleidungsstück vom Leib und rief nach einem frischen. Mrs. Copley brachte es ihm – nicht ohne Vorwurf. Es schien, als ob der Wunsch nach einem frischen Hemd am Freitagmorgen den ganzen Haushalt durcheinanderbrächte. Um zehn Minuten nach acht setzte er sich endlich zum Frühstück nieder, von dem er nichts hinunterbrachte; seine Wange zierte ein lächerlicher Wattebausch, seine Ohren dröhnten von Migräne und ehelichem Gezeter.
    Der Zug um 8 Uhr 15 war nicht mehr zu erreichen. Verdrießlich nahm er den nächsten um 8 Uhr 25.
    Um Viertel vor neun wurde dieser Zug bei der Einfahrt in den Bahnhof King's Cross zwanzig Minuten aufgehalten, weil ein Güterzug entgleist war.
    Um halb zehn schlich Mr. Copley niedergeschlagen in die Agentur und wünschte, er wäre nie geboren.
    Als er aus dem Aufzug trat, begrüßte ihn der Pförtner mit der Nachricht, daß Mr. Armstrong ihn sofort zu sprechen wünsche. Mr. Copley trug wütend seinen Namen tief unterhalb des roten Strichs ein,

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