Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
ungesichert herum, daß sie beim bloßen Öffnen des Schreibtischs schon herausfiel und Mrs. Crump und ihr Putzfrauengeschwader sie finden mußten. Zweifellos waren diese Frauen alle grundehrlich, aber in diesen SCHWEREN Zeiten hätte man es einer Arbeiterfrau nicht verdenken können, wenn sie der VERSUCHUNG erlegen wäre. Noch schlimmer, wenn dieser kostbare Umschlag mit fortgefegt und vernichtet worden wäre! Wenn er nun im Papierkorb gelandet und von dort in den Sack und schließlich in die Papiermühle gewandert wäre, oder womöglich gar in die Heizanlage? Irgendeine unschuldige Person wäre in FALSCHEN verdacht! geraten und diesen MAKEL ihr Leben lang nicht mehr losgeworden. Es war unverzeihlich von Mr. Tallboy. So etwas war WIRKLICH böse!
    Natürlich konnte Mr. Copley sich genau vorstellen, wie das passiert war. Mr. Tallboy hatte diese GROSSE summe bekommen (von wem? es lag kein Brief dabei; aber das ging Mr. Copley wohl kaum etwas an; vielleicht war es ein Gewinn vom Hunderennen oder etwas ähnlich Verwerfliches) und mit ins Büro gebracht, um sie bei der Metropolitan & Counties Bank an der Ecke Southampton Row einzuzahlen, wo die meisten Kollegen ihr Konto hatten. Aber irgend etwas war ihm dazwischengekommen, so daß er den Betrag nicht mehr fortbringen konnte, bevor die Bank schloß. Anstatt nun aber den Umschlag in die Tasche zu stecken, hatte er ihn einfach in seinen Schreibtisch geworfen und war, wie üblich, Schlag halb sechs Hals über Kopf nach Hause gerannt und hatte das Geld vergessen. Und wenn er seitdem noch einen Gedanken daran verschwendet hatte, dann höchstens, wie Mr. Copley sich empört ausmalte, in dem Sinne, daß «alles in bester Ordnung» sei. Dem Mann gebührte wirklich eine Lektion.
    Bitte sehr, die sollte er haben. Das Geld würde in siche
    ren Gewahrsam genommen werden, und Mr. Copley würde Mr. Tallboy morgen früh gründlich ins Gewissen reden. Er zögerte noch einen Augenblick und überlegte, welche Möglichkeit hier wohl die beste sei. Wenn er das Geld mit nach Hause nahm, bestand die Gefahr, daß es ihm unterwegs gestohlen wurde, und das wäre sehr unangenehm. Besser nahm er das Geld mit in sein eigenes Zimmer und schloß es dort sicher in der untersten Schublade seines Schreibtischs ein. Mr. Copley gratulierte sich zu seiner weitblickenden Gewissenhaftigkeit, die ihn um eine Schublade mit einem anständigen Schloß hatte bitten lassen.
    Er trug also das Geld in sein Zimmer, schob es unter ei
    nen Stapel vertraulicher Papiere, bei denen es um künftige Kampagnen für Konservennahrung und Gelees ging, räumte seinen Schreibtisch auf, schloß ihn ab, steckte den Schlüssel ein, bürstete Hut und Mantel ab und trat seinen tugendhaften Gang nach Hause an, nicht ohne beim Weg durch den Versand noch den Hörer aufzulegen.
    Er trat durch den Hauptausgang auf die Straße und ging auf die andere Seite hinüber, bevor er sich nach Süden zur Straßenbahnhaltestelle Theobalds Road wandte. Drüben angekommen, schaute er zufällig noch einmal zurück und sah Mr. Tallboy auf der gegenüberliegenden Seite aus Richtung Kingsway kommen. Mr. Copley blieb stehen und sah ihm nach. Mr. Tallboy verschwand im Eingang zu Pyms Werbedienst.
    «Aha!» dachte Mr. Copley bei sich. «Endlich ist ihm doch das Geld wieder eingefallen.»
    An dieser Stelle wäre nun Mr. Copleys Verhalten erst
    mals zu kritisieren. Man sollte meinen, daß kollegiales Mitgefühl ihn veranlaßt haben würde, sich noch einmal durch den Straßenverkehr zu wagen, in die Agentur zurückzukehren, nach oben zu fahren, den besorgten Mr. Tallboy ausfindig zu machen und zu ihm zu sagen: «Hören Sie mal, mein Junge, ich habe einen eingeschriebenen Umschlag, der Ihnen gehört, herumliegen sehen und in Verwahrung genommen, und apropos, dieser Zweispalter für Nutrax –» Aber das tat er nicht.
    Wollen wir uns zu seinen Gunsten ins Gedächtnis zurückrufen, daß es inzwischen halb acht war und er somit kaum noch eine Chance hatte, vor halb neun zu seinem Abendessen zu kommen; daß er ferner einen empfindlichen Magen hatte und sehr auf Regelmäßigkeit angewiesen war und daß er schließlich einen langen Arbeitstag hinter sich hatte, endend mit einer gänzlich überflüssigen Aufregung und Hektik, die zudem auf das Konto des liederlichen Mr. Tallboy ging.
    «Das soll er ruhig büßen», sagte Mr. Copley grimmig. «Es geschieht ihm ganz recht.»
    Er stieg in seine Bahn und trat den trostlos langen Weg in einen abgelegenen nördlichen Stadtteil

Weitere Kostenlose Bücher