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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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gehört hat. Im ersten Augenblick nahm er an, er habe das Päckchen wohl versehentlich im Badezimmer in die Hand genommen und unachtsam in die Tasche gesteckt. Dann fiel ihm ein, daß er seine Jacke heute morgen nicht mit ins Badezimmer genommen hatte, und seine Taschen hatte er auch schon am Abend zuvor ausgeleert. Er erinnerte sich genau, daß er, als ihn der Ruf an die Brandstelle erreichte, nur noch eilig die paar Dinge, die er für gewöhnlich bei sich trug, in die Tasche gestopft hatte – Taschentuch, Schlüssel, Kleingeld, Bleistift und dies und das, was alles auf dem Nachttisch lag. Es war vollkommen unvorstellbar, daß sich auf seinem Nachttisch ein Päckchen Natron befunden haben könnte.
    Hector Puncheon wunderte sich. Ein Blick auf die Uhr erinnerte ihn jedoch daran, daß er im Moment keine Zeit zum Wundern hatte. Er mußte um halb elf in der Kirche St. Margaret in Westminster sein, um der Hochzeit einer eleganten Schönen beizuwohnen, die dort um diese unele gante Stunde unter strengster Geheimhaltung heiraten sollte. Dann mußte er schleunigst zu einer politischen Versammlung in der Kingsway Hall eilen und von dort gleich um die Ecke zu einem Mahl, das zu Ehren eines berühmten Fliegers in den Connaught Rooms gegeben wurde. Falls die Ansprachen bis drei Uhr vorbei waren, mußte er Hals über Kopf zum Zug nach Esher rasen, wo eine Königliche Hoheit eine neue Schule eröffnete und mit einer Teeparty für die Kinder einweihte. Wenn er bis dahin noch lebte und es schaffte, im Zug seinen Bericht zu schreiben, konnte er diesen in der Redaktion abgeben, und dann erst hatte er Zeit zum Nachdenken.
    Dieses anstrengende Programm ging mit nicht mehr als der üblichen Anzahl nervenaufreibender Pannen über die Bühne, und erst als er die letzte Zeile seiner Berichte dem Redaktionsassistenten übergeben hatte und erschöpft, aber im Bewußtsein ordentlich erfüllter Pflicht, im Hahn bei einem Beefsteak saß, dachte er wieder an dieses geheimnisvolle Päckchen Natron. Und je mehr er jetzt darüber nachdachte, desto eigenartiger kam ihm das Ganze vor.
    Im Geiste vergegenwärtigte er sich noch einmal alles, was er in der vergangenen Nacht getan hatte. Bei dem Brand, daran erinnerte er sich ganz deutlich, hatte er seinen Regenmantel übergezogen und zugeknöpft, um seinen hellgrauen Flanellanzug vor der Flugasche und dem Wasser aus den Feuerwehrschläuchen zu schützen. Dort konnte ihm das geheimnisvolle Päckchen kaum in die Jackentasche gesteckt worden sein. Danach hatte er verschiedene Leute interviewt – darunter die Katze –, hatte seinen Bericht in der Redaktion des Morning Star geschrieben und dann in diesem Restaurant in Fleet Street gefrühstückt. Die Vorstellung, daß er bei einer dieser Gelegenheiten vier Unzen Natron gefunden und versehentlich eingesteckt haben könnte, erschien ihm allzu phantastisch. Es sei denn, einer seiner Reporterkollegen habe ihm einen Schabernack spielen wollen und ihm das Päckchen untergeschoben. Aber wer? Und warum?
    Er dachte des weiteren an den Heimweg und an die Un
    terhaltung im Weißen Schwan . Dieser alberne Herr im Smoking gehörte nach seiner Einschätzung vielleicht zu der Sorte Menschen, die gelegentlich ein mildes Mittelchen gegen Sodbrennen und Blähungen gebrauchen konnten. Vielleicht hatte er bei einem seiner Zärtlichkeitsanfälle das Päckchen in Hectors Tasche gesteckt, die er mit der seinen verwechselte. Die beiden Fuhrmänner, dessen war Mr. Puncheon ganz sicher, trugen gewiß keine Medikamente und Drogen mit sich herum …
    Drogen. Während das Wort in seinen Gedanken sich formte – denn Hector Puncheon dachte stets artikuliert und führte oft sogar ganz vernünftige, laute Gespräche mit seiner Seele –, schoß ihm plötzlich eine ungeheuerliche Frage durch den Kopf. Von wegen Natriumbikarbonat! Er war bereit, seinen Ruf als Journalist dafür aufs Spiel zu setzen, daß dies kein Natron war. Seine Finger suchten das Päckchen, das er wieder in die Tasche zurückgesteckt hatte, in der er es gefunden hatte, und er wollte es gerade öffnen und den Inhalt untersuchen, als ihm eine bessere Idee kam. Er ließ sein Steak halbgegessen stehen, murmelte dem erstaunten Kellner zu, daß er gleich zurück sein werde, und lief ohne Hut in die nächste Apotheke, deren Besitzer, ein Mr. Tweedle, ihn gut kannte.
    Mr. Tweedles Apotheke war schon geschlossen, aber drinnen brannte noch Licht, und Hector hämmerte wie wild an die Tür, bis diese von einem Gehilfen geöffnet

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