Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
«Und der
Vogel, das wollte ich sagen, der kriegte so nervöse Anfälle, da konnte man nur staunen. Hockte sich auf seine Stange und bibberte, daß man dachte, gleich fällt er auseinander. Und was war der Grund, na, was meinen Sie?»
«Keinen Schimmer», meinte Fuhrmann zwei. «Ihr Wohl, Sir.»
«Mäuse», sagte der kleine Mann triumphierend. «Der konnte keine Mäuse sehen. Und was meinen Sie, was wir ihm geben mußten, damit er wieder zu sich kam, he?»
«Cognac», riet Fuhrmann eins. «Geht nichts über Cognac für 'nen Papagei. Wir hatten zu Hause einen – so einen grünen. Den hatte der Bruder meiner Frau mitgebracht –»
«Die lernen nicht so gut sprechen wie die grauen», sagte Fuhrmann zwei. «In der Rosenkrone unten am Seven Dials, da hatten sie 'nen Papagei –»
«Cognac?» höhnte der kleine Mann. «Der nicht. Cognac hätte der nicht mal angeguckt.»
«So, hätte er nicht?» meinte Fuhrmann eins. «Also, unserm alten Vogel brauchte man nur Cognac zu zeigen, schon war er raus aus seinem Käfig wie ein Christenmensch. Nicht zuviel, das ist klar, aber so 'n bißchen in einem Teelöffel –»
«Na, jedenfalls war's kein Cognac», blieb der Kleine bei der Sache. «Der von meiner Tante war ein Antialkoholiker, jawohl. Also, und jetzt dürfen Sie dreimal raten, und wenn Sie richtig raten, geb ich 'ne Runde aus, ist das 'n Angebot?»
«Aspirin», schlug der Wirt vor, dem sehr daran gelegen war, daß jemand die Runde zahlte.
Der Kleine schüttelte den Kopf.
«Ingwerbier», sagte Fuhrmann zwei. «Vögel sind manchmal richtig scharf auf Ingwer. Regt ihre Därme an. Aber manche sagen auch, es ist zu scharf, und da kriegen sie Fieber davon.»
«Nutrax für die Nerven», warf Hector Puncheon ein bißchen aufs Geratewohl in die Debatte, nachdem sein Blick auf den Doppelspalter von heute morgen gefallen war, dessen Überschrift lautete: WARUM DER FRAU DIE SCHULD GEBEN?
«Von wegen Nutrax», schnaubte der kleine Mann, «und auch sonst nichts von diesem patentierten Gesöff. Nein. Starker Kaffee mit Cayennepfeffer drin – das mochte er, dieser Vogel. Da war er schwuppdiwupp wieder fidel. Also, ich sehe, daß die Runde diesmal nicht auf mich –»
Er machte ein trauriges Gesicht, und Hector bestellte brav noch einmal dasselbe für alle. Fuhrmann zwei kippte sein Bier in einem Zug hinunter, sagte der Gesellschaft ein pauschales Lebewohl und boxte sich zur Tür durch, und der kleine Mann schob sich näher an Hector Puncheon heran, um Platz zu machen für einen rotgesichtigen Herrn im Smoking, der gerade zur Tür hereingeschossen war und sich leicht schwankend an die Bar stellte.
«Scotch mit Soda», sagte der Herr ohne Einleitung, «'n doppelten Scotch, und nisch zuviel von dem blöden Soda.»
Der Wirt musterte ihn eingehend.
«Is schon in Ordnung», sagte der Neuankömmling. «Ich weiß, was Sie denken, altesch Hausch, aber ich bin nisch betrunken. Nisch so 'n bißchen. Bißchen mit den Nerven runter, das is alles.» Er verstummte, wohl in der Erkenntnis, daß ihm die Aussprache ein wenig außer Kontrolle geriet. «Hab bei 'nem kranken Freund Wache gehalten», erklärte er langsam und deutlich.
«Geht einem ganz schön an die Nieren, so die ganze Nacht rumzusitschen. Sehr schlecht für die Konschi – Konschischuschion – 'tschuldigung – kleine Panne mit meim Gebisch, musch mal nachgucken laschen.»
Er stützte sich mit einem Ellbogen auf die Theke, stieß mit dem Fuß auf der Suche nach der Messingstange ins Leere, schob sich den Seidenhut auf den Hinterkopf und strahlte glücklich in die Runde.
Der Wirt des Weißen Schwans mu sterte ihn noch einmal mit geübtem Blick, schätzte, daß der Gast wohl noch einen Whisky-Soda vertragen konnte, ohne gleich umzukippen, und führte die Bestellung aus.
«Heischen Dank, altesch Hausch», sagte der Fremde. «Also, proschtallemitnander. Wasch trinken die Herrn?»
Hector Puncheon entschuldigte sich höflich und erklärte, er habe genug getrunken und müsse langsam nach Hause.
«Nein, nein», sagte der andere beleidigt. «Dasch gibt es nischt. Noch nisch Zeit zum Nachhausegehen. Isch noch früh am Ahmd.» Er schlang Hector zärtlich den Arm um den Hals.
«Du gefällscht mir. Du bischt 'n Kerl, wie ich ihn mag. Muscht mich mal zu Hause besuchen kommen. Lauter Roschen um die Veranda und scho weiter. Hier isch meine Vischitenkarte.» Er kramte in den Taschen und holte eine Brieftasche hervor, die er auf der Theke aufklappte. Eine Anzahl kleiner Zettelchen
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