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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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überlassen, bleibt er wahrscheinlich für alle Ewigkeit da oben. ›Der Kunde, der einmal übelgesonnen, ist nur schwer zurückgewonnen.‹ Vorsicht jetzt. Ja, so ist es richtig.«
    »Oh, vielen, vielen Dank auch! Aber gehen Sie vorsichtig mit ihm um. Er läßt sich so ungern anfassen.«
    »Schon gut, Miss, nur keine Bange. Monty Egg ist jederzeit ein Gentleman. Stubenrein und kinderlieb. So, auf geht’s!«
    Mr. Egg drückte sich seinen schicken Filzhut fest auf den Kopf und stieg unter schmeichelnden Lockrufen die Leiter hinauf. Ein explosionsartiges Spucken und Fauchen, dann regnete ein Schauer von Blättern und Zweigen auf die Schaulustigen nieder, gefolgt von Mr. Egg, der ein widerstrebendes rötliches Fellbündel unter Schwierigkeiten an sich gedrückt hielt. Das Mädchen hielt den Korb auf, und die vier wütend um sich schlagenden Tatzen wurden irgendwie hineinbefördert; ein Botenjunge stellte ein Stück Schnur zur Verfügung, der Deckel wurde befestigt, der Fensterputzer entlohnt, die Leiter fortgetragen, und die Menge zerstreute sich. Mr. Egg wickelte sich ein Taschentuch um das zerkratzte Handgelenk, pflückte noch ein paar vereinzelte Blätter aus seinem Hemdkragen und zupfte seine Krawatte zurecht.
    »O Gott, er hat Sie ja fürchterlich gekratzt!« klagte das Mädchen mit großen traurigen blauen Augen.
    »Ach was«, entgegnete Mr. Egg. »Es war mir eine Freude, mich nützlich machen zu können. Darf ich um das Vergnügen bitten, Sie und Ihren Kater mit dem Auto weiterzubefördern? Das ist viel angenehmer für ihn als im Bus, und wenn wir die Fenster schließen, kann er uns auch nicht hinausspringen, selbst wenn der Korb wieder aufgehen sollte.«
    Das Mädchen wollte widersprechen, aber Mr. Egg verfrachtete die beiden energisch in seinen kleinen Wagen und fragte, wohin die Reise gehen solle.
    »Dahin«, sagte das Mädchen, indem es einen Zeitungsausschnitt aus seiner abgewetzten Handtasche zog. »Das ist doch irgendwo in Soho, nicht?«
    Mr. Egg las ziemlich verwundert das Inserat:
    »GESUCHT: Fleißige, tüchtige Katze (Geschlecht nebensächlich) zum Mäusefangen in angenehmer Villa und zur Gesellschaft für älteres Ehepaar. Geboten werden für geeigneten Bewerber zehn Shilling und ein gutes Zuhause. Wenden Sie sich persönlich an Mr. John Doe, La Cigale, Bienheureuse, Frith Street, London W. am Donnerstag zwischen 11 und 13 Uhr.«
    »Das ist eine komische Sache«, meinte Mr. Egg stirnrunzelnd.

    »Ach, glauben Sie, daß da etwas nicht stimmt? Daß es nur ein Scherz ist?«
    »Nun ja«, sagte Mr. Egg, »ich kann mir nicht recht vorstellen, daß jemand für eine gewöhnliche Katze zehn Shilling ausgeben will. Ich meine, normalerweise kriegt man sie gratis und franko von irgend jemandem, der seinen Katzennachwuchs nicht gern ersäufen möchte. Und an diesen Mr. John Doe glaube ich auch nicht ganz. Der Name klingt mir allzu fingiert.«
    »Ach du lieber Gott!« rief das Mädchen mit Tränen in den blauen Augen. »Und ich hatte so gehofft, das wäre was Solides. Wir sind doch so entsetzlich schlecht dran, seit Vater keine Arbeit mehr hat, und Maggie – das ist meine Stiefmutter – sagt, sie will Maher-Schalal-Haschbas nicht mehr behalten, weil er immer die Tischbeine zerkratzt und soviel frißt wie ein Christenmensch – dabei tut er das gar nicht – nur ein bißchen Milch und Katzenfutter am Tag, und er ist so ein guter Mäusefänger – aber wo wir wohnen, gibt es nicht viele Mäuse – und ich dachte, wenn ich ein gutes Zuhause für ihn finde – und zehn Shilling, damit Papa ein Paar neue Stiefel bekommt, denn er braucht sie so dringend –«
    »Nun, Kopf hoch, kleines Fräulein«, sagte Mr. Egg.
    »Vielleicht zahlen diese Leute wirklich zehn Shilling für einen ausgewachsenen, anerkannten Mäusefänger. Oder – ich will Ihnen mal was anderes sagen – vielleicht ist das wieder so was von einer Filmgesellschaft. Wir werden uns das jedenfalls mal ansehen, aber ich fände es besser, Sie ließen mich mitkommen und mit Mr. Doe sprechen. Ich bin absolut solide«, fügte er eilig hinzu. »Hier ist meine Karte. Montague Egg, Reisender für Plummet & Rose, Weine und Spirituosen, Piccadilly. Mit Kunden zu reden ist mein Beruf. ›Geschäft ist des Vertreters einziges Bestreben; bis es gemacht, muß er am Stuhle kleben‹ – das ist Monty Eggs Motto.«
    »Ich heiße Jean Maitland, und Papa ist auch Reisender – jedenfalls war er das, bis er vorigen Winter Bronchitis bekam, und jetzt ist er zum Herumreisen

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