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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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aber Wimsey rechnete nicht damit, daß Mr. Thorpes Halsstarrigkeit so weit gehen würde. Es lag in Wimseys Macht, Hilary von einer Bürde in einen Gewinn für Onkel Edward zu verwandeln, und es stand zu erwarten, daß er seine Prinzipien über Bord werfen und die Moneten einstreichen würde. Er schien sich schon jetzt vor der aufgehenden Sonne zu verneigen, denn immerhin hatte er es Hilary bereits gestattet, das Weihnachtsfest im Roten Haus zu verbringen statt bei ihm in London. Es war übrigens nicht Mr. Thorpes Schuld, daß das Rote Haus noch leerstand; er hatte sich sehr bemüht, es zu vermieten, aber so viele Leute gab es auch wieder nicht, die den dringenden Wunsch hatten, ein großes, nicht besonders gut erhaltenes Haus zur Miete zu bewohnen, das am Ende der Welt stand, umgeben von vernachlässigtem und schwer hypothekenbelastetem Grund und Boden. Hilary setzte also ihren Willen durch, und so sehr Wimsey sich gewünscht hätte, die Angelegenheit in London regeln zu können, gefiel ihm doch die Festigkeit, mit der das Mädchen am Familienbesitz hing. Auch diesbezüglich war Wimsey in einer starken Position. Er konnte, wenn er wollte, den Besitz in Ordnung bringen lassen und die Hypotheken bezahlen, was sicher sehr im Sinne Mr. Thorpes gewesen wäre, der laut Testament nicht zum Verkauf befugt war. Letzter und entscheidender Faktor aber war, daß Wimsey, wenn er Weihnachten nicht in Fenchurch verbrachte, keine brauchbare Entschuldigung hatte, es nicht bei der Familie seines Bruders in Denver verbringen zu müssen, und Weihnachten in Denver war für ihn von allen Übeln dieser Welt das größte.
    Also ließ er sich denn nur für ein, zwei Tage in Denver blikken, wo er seine Schwägerin und ihre Gäste nicht mehr, aber auch nicht weniger als sonst irritierte, und trat am Heiligenabend von dort die Reise nach Fenchurch St. Paul an.
    »Mir scheint«, sagte Wimsey, »man hält sich in dieser Gegend ein ganz besonders widerliches Wetter.« Er stieß mit der Hand von unten ans Wagenverdeck und löste einen kleinen Wasserfall aus. »Letztes Mal hat's geschneit, und jetzt gießt es wie aus Kannen. Das hat etwas Schicksalhaftes, Bunter.«
    »Jawohl, Mylord«, antwortete der leidgewohnte Diener. Er war seinem Herrn und Gebieter sehr zugetan, fand aber seine entschiedene Abneigung gegen geschlossene Autos manchmal etwas unvernünftig. »Eine sehr unfreundliche Jahreszeit, Mylord.«
    »Schon, schon, aber weiter müssen wir, weiter. Ein fröhlich' Herz geht allzeit seinen Weg. Sie schauen mir nicht sehr fröhlich drein, Bunter, aber Sie waren ja schon immer so eine Sphinx. Ich hab Sie noch nie die Beherrschung verlieren sehen, außer damals wegen dieser widerlichen Flasche.«
    »Sehr wohl, Mylord. Das hat nämlich meinen Stolz sehr verletzt, wenn ich so sagen darf. Ein denkwürdiger Umstand übrigens, Mylord.«
    »Reiner Zufall, glaube ich, obwohl es damals wirklich verdächtig aussah. Wo sind wir denn jetzt ungefähr? Ah, ja, Lympsey, natürlich; hier überqueren wir den Great Learn bei der Alten-Damm-Schleuse. Gleich müssen wir dort sein. Beim Zeus! Hier läuft aber jetzt ganz schön was durch!«
    Er hielt gleich hinter der Brücke an, stieg aus und stellte sich in den strömenden Regen, um sich die Schleuse anzusehen. Ihre fünf großen Tore standen weit offen, die eisernen Zahnstangen an der Brücke waren bis zum Anschlag hochgewunden. Dunkel und drohend schoß das Flutwasser durch die Schleuse, strudelnd und wirbelnd und braunen Tang und abgebrochene Weidenzweige oder da und dort etwas Treibholz aus dem überschwemmten Oberen Fenmoor mit sich reißend. Und noch während Wimsey dastand und zusah, änderte sich allmählich das Bild. Zornige kleine Wellen und Wirbel kräuselten den machtvoll dahinfließenden Strom wie Vorboten eines unterdrückten Aufruhrs und Kampfes. Ein Mann kam aus dem Schleusenwärterhaus bei der Brücke, nahm seinen Posten an der Schleuse ein und starrte in den Fluß. Wimsey grüßte zu ihm hinüber.
    »Kommt jetzt die Flut rauf?«
    »Ja, Sir. Jetzt müssen wir gut aufpassen, sonst kriegen wir das ganze Wasser über den Damm rüber. Aber sehr hoch steigt es nicht, wenn's nicht eine besonders starke Springflut ist. Jetzt nimmt sie gerade richtig Anlauf, da müssen wir hier mal ein bißchen was tun.« Damit drehte er sich um und begann die Schleusentore hinunterzukurbeln.
    »Sehen Sie, wie das funktioniert, Bunter? Wenn sie diese Schleuse zumachen, muß alles Wasser aus dem Oberland durch den Alten Leam

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