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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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über Ostern in Urlaub.«
    »Ärzte sollten nicht in Urlaub fahren«, meinte Mrs. Venables lieblos. Der Pfarrer nahm über die großen Festtage nie und in der übrigen Zeit fast nie Urlaub, daher konnte sie eine solche Notwendigkeit auch für alle andern nicht einsehen.
    Hilary Thorpe lachte ein wenig zaghaft.
    »So ähnlich denke ich ja auch. Aber er soll absolut der beste sein, den es gibt, und die paar Tage machen hoffentlich nicht soviel aus.«
    »Du liebe Güte, nein, das wollen wir nicht hoffen!« rief die Pfarrersfrau. »Ist das Johnson mit den Aronstäben? Ach nein, das ist Jack Godfrey. Er will sicher nach oben und die Glocken ölen.«
    »Ja? Da möchte ich gern zusehen. Darf ich mit in die Glokkenstube, Mrs. Venables?«
    »Natürlich, mein Kind. Du mußt nur vorsichtig sein. Mir sind diese hohen Leitern ja nie ganz geheuer.«
    »Oh, davor habe ich keine Angst. Ich sehe die Glocken so gern.«
    Hilary eilte durch die Kirche und holte Jack Godfrey oben auf der Wendeltreppe ein, als er gerade die Läutestube betrat.
    »Ich möchte Ihnen zusehen, wenn Sie die Glocken ölen, Mr. Godfrey. Störe ich Sie auch nicht?«
    »Aber nein, Miss Hilary. Ich freue mich, wenn Sie mitkommen. Am besten steigen Sie zuerst die Leitern hinauf, dann kann ich Sie festhalten, wenn Sie runterfallen.«
    »Ich falle schon nicht«, meinte Hilary verächtlich. Sie kletterte flink die dicken alten Sprossen hinauf und trat in den Raum, der das zweite Stockwerk des Turms bildete. Abgesehen von einem Kasten, der das Schlagwerk der Turmuhr beherbergte, und den acht Glockenseilen, die durch Löcher im Boden heraufkamen und auf gleiche Weise durch die Decke verschwanden, war dieser Raum leer. Jack Godfrey folgte ihr gemessen mit Öl und Putzlappen.
    »Treten Sie vorsichtig auf den Fußboden, Miss Hilary«, ermahnte er sie. »Er ist an manchen Stellen nicht mehr gut.«
    Hilary nickte. Sie liebte diesen leeren, sonnigen Raum, dessen vier hohe Wände aus vier hohen Fenstern bestanden. Er war wie ein Glaspalast in luftiger Höhe. Der Schatten des wunderhübschen Maßwerks am Südfenster lag auf dem Boden wie ein schmiedeeisernes Muster auf einer Messingplatte. Wenn Hilary durch die verstaubten Scheiben hinaussah, konnte sie meilenweit über das grüne Fenmoor blicken.
    »Ich möchte so gern auf den Turm, Mr. Godfrey.«
    »Ist gut, Miss Hilary; ich gehe nachher mit Ihnen rauf, wenn es Zeit hat, bis ich mit den Glocken fertig bin.«
    Die Falltür zur Glockenstube war abgeschlossen; eine Kette hing von ihr herunter und verschwand in einer Art Holzkasten an der Wand. Mr. Godfrey fingerte einen Schlüssel von seinem Bund heraus und schloß den Kasten auf, und zum Vorschein kam das Gegengewicht der Falltür. Er zog es nach unten, und die Falltür klappte auf.
    »Warum ist das Gewicht eingeschlossen, Mr. Godfrey?«
    »Tja, Miss Hilary, es ist ab und zu schon vorgekommen, daß nach dem Läuten die Glockenstube aufgeblieben ist, und der Pfarrer sagt, das ist gefährlich. Sehen Sie mal, Potty Peake könnte doch hier heraufkommen, oder so ein Lausejunge treibt sich hier herum und spielt an den Glocken. Oder er steigt auf den Turm und fällt runter und tut sich weh. Darum hat der Pfarrer gesagt, da muß ein Schloß ran, damit keiner die Falltür aufkriegt.«
    »Aha.« Hilary mußte ein bißchen grinsen. »Tut sich weh«
    war ein sehr milder Ausdruck für die wahrscheinlichen Folgen eines Sturzes aus knapp vierzig Meter Höhe. Sie stieg vor ihm her die zweite Leiter hinauf.
    Im Gegensatz zu dem hellen Raum darunter war die Glokkenstube dämmrig, fast bedrohlich finster. Die eigentlichen Fenster waren alle acht von oben bis unten abgedunkelt; nur durch die schrägen Schallöcher darüber drang spärlich und kalt ein wenig Sonnenlicht herein, das blaßgoldene Streifen und Flecken auf das schwere Gebälk des Glockenstuhls warf und phantasievolle Muster auf den Speichen und Felgen der Räder bildete. Düster brütend hingen die Glocken, die stummen, schwarz klaffenden Münder erdwärts gerichtet, an ihren angestammten Plätzen.
    Mr. Godfrey betrachtete sie mit der Vertrautheit des jahrelangen Umgangs, dann nahm er eine leichte Leiter von der Wand, lehnte sie behutsam gegen einen der Querbalken und wollte hinaufsteigen.
    »Lassen Sie mich zuerst hinauf, sonst sehe ich ja nicht, was Sie machen.«
    Mr. Godfrey zögerte und kratzte sich am Kopf. Dieses Ansinnen erschien ihm nicht ganz geheuer. Er wollte schon Einspruch erheben.
    »Mir passiert schon nichts. Ich setze

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