Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
mich auf den Balken. Die Höhe macht mir gar nichts aus. Und ich bin gut im Turnen.«
    Sir Henrys Tochter war es gewöhnt, ihren Willen durchzusetzen, und so bekam sie ihn auch jetzt – unter der Bedingung, daß sie sich gut an den Hölzern festhalten müsse und nicht »herumalbern« dürfe. Sie versprach es, und Mr. Godfrey half ihr auf ihren Hochsitz. Dann breitete er, während er eine fröhliche Melodie zwischen den Zähnen pfiff, sein Arbeitsmaterial methodisch um sich aus und nahm seine Arbeit in Angriff, das heißt, er fettete die Zapfen und Lager ein, tat einen Tropfen Öl an die Rollenachsen, prüfte die Beweglichkeit des Gleitstocks zwischen den Blöcken und untersuchte die Seile, ob sie irgendwo an Rad und Rolle Verschleißerscheinungen zeigten.
    »Ich habe die Tailor Paul noch nie von so nah gesehen. Das ist eine große Glocke, was?«
    »Kann man wohl sagen«, pflichtete Jack Godfrey ihr bei und gab der Glocke einen liebevollen Klaps auf die Bronzeschulter. Ein Sonnenstrahl fiel auf den Schlagring und erhellte ein paar Buchstaben der Inschrift, deren vollen Wortlaut Hilary natürlich kannte:

    NEUN + SCHLAG + VON + MIR + BEKLAGEN +
    EINEN + MANN
    IN +CHRISTO + HAT + DER + TOD + EIN + END
    IN + ADAM + SO + BEGANN
    1614

    »Sie hat schon was geleistet in ihrem Leben, die alte Tailor Paul – schon manchen Zyklus hat sie mitgesungen, gar nicht zu reden von all den Leuten, denen sie beim Tod und Begräbnis geläutet hat. Und wenn die Zeppeline gekommen sind, haben wir mit ihr und Gaude Alarm geläutet. Der Pfarrer hat erst neulich gesagt, daß sie bald um ein Viertel gedreht gehört, aber ich weiß nicht. Ich glaube, sie macht noch ein Weilchen. Für meine Ohren klingt sie noch ganz sauber.«
    »Man muß die Sterbeglocke für jeden läuten, der in der Gemeinde stirbt, nicht wahr – egal wer es ist?«
    »Ja, Freikirche oder Hochkirche, ganz egal. Das hat der alte Sir Martin Thorpe so bestimmt, Ihr Ururgroßvater, wie er das Geld für den Glockenfonds gestiftet hat. ›Jede Christenseele‹, so hat es wörtlich in seinem Testament gestanden. Wir haben doch sogar für diese Frau am Langen Viehweg läuten müssen, und die war katholisch. Der alte Hezekiah war ganz erledigt.« Mr. Godfrey mußte bei der Erinnerung lachen. »›Was, die Tailor Paul läuten, für eine Römische?‹ hat er gemeint. ›So was werden Sie doch nicht Christenseele nennen, Herr Pfarrer?‹ Aber der Pfarrer hat gesagt: ›Wissen Sie, Hezekiah, wir waren in diesem Land früher alle mal katholisch; diese Kirche ist von Katholiken gebaut worden‹, sagt er. Aber Hezekiah hat's einfach nicht begriffen. Viel Bildung hat er ja nie mitgekriegt, nicht? Also, Miss Hilary, ich denke, das reicht jetzt für die Tailor Paul. Wenn Sie mir mal die Hand geben, kann ich Ihnen runterhelfen.«
    Gaude, Sabaoth, John, Jericho, Jubilee und Dimity wurden der Reihe nach besichtigt und geölt. Als aber die Reihe an Batty Thomas kam, stellte Mr. Godfrey sich mit einemmal ganz unerwartet starrsinnig.
    »Zur Batty Thomas nehme ich Sie nicht mit rauf, Miss Hilary. Das ist eine Unglücksglocke. Was ich sagen will, sie hat ihre Launen, und ich möcht's nicht gerne darauf ankommen lassen.«
    »Was meinen Sie denn damit?«
    Mr. Godfrey fiel es sichtlich schwer, sich allgemeinverständlicher auszudrücken.
    »Das ist meine Glocke«, sagte er; »ich läute sie schon seit fünfzehn Jahren, und versorgen tu ich sie, seit Hezekiah für die Leitern hier zu alt ist, und das sind auch schon zehn Jahre. Wir kennen uns gut, die Glocke und ich, und sie hat nichts gegen mich und ich nichts gegen sie. Aber unberechenbar ist sie. Wie der alte Abt da unten, nach dem sie heißt, denn der soll auch so unberechenbar gewesen sein, und die Glocke ist ganz nach ihm. Wie sie damals die Mönche hier rausgeschmissen haben – das ist schon etliche Jährchen her –, da soll Batty Thomas die ganze Nacht von ganz allein geläutet haben, ohne daß einer das Seil angefaßt hat. Und wie Cromwell seine Leute geschickt hat, daß sie die ganzen Bilder kaputtschlagen und so, da soll mal ein Soldat hier in die Glockenstube gekommen sein – ich weiß nicht wozu, vielleicht, um die Glocken kaputtzumachen, aber jedenfalls war er hier; und ein paar andere, die nicht gewußt haben, daß er hier war, die haben unten an den Seilen gezogen, und anscheinend waren die Glocken noch aufgeschwungen. Faule Glöckner müssen das damals gewesen sein, na ja; jedenfalls waren die Glocken noch aufgeschwungen, mit den

Weitere Kostenlose Bücher