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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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»Sie sehen, jetzt ist der Fall doch noch bei uns gelandet. Ich werde mal ein Wörtchen mit Mrs. Coppins reden, Madam, und Sie dürfen sicher sein, daß so etwas nicht noch einmal vorkommt. Puh! Was für ein alter Drache!« (dies zu sich selbst, während er den nicht sonderlich gepflegten Weg zwischen den knospenden Kastanien hinunterging). »Am besten gehe ich gleich zu Mrs. Coppins.«
    Mrs. Coppins war leicht zu finden. Sie war eine kleine, listig aussehende Frau mit hellem Haar und einem Blick, der Temperament verhieß.
    »Aha«, sagte sie. »Mrs. Gates hat also die Frechheit besessen, zu sagen, ich wär's gewesen. Als wenn ich ihren dürren Kranz auch nur mit der Mistgabel angerührt hätte! Bildet sich ein, sie wär 'ne Dame. Dabei würde eine richtige Dame nicht zweimal darüber nachdenken, wo ihr Kranz liegt und wo nicht. Und wie sie mit mir redet – wie wenn ich Dreck wäre!
    Warum sollten wir denn für Lady Thorpe nicht den schönsten Kranz kaufen, den wir uns leisten konnten? Ha, sie war eine Dame, eine richtige, und sie und Sir Henry sind so nett zu uns gewesen, als es uns schlecht ging, damals in dem Jahr, als wir den Hof übernommen haben. Nicht daß wir echte Schwierigkeiten gehabt hätten – mein Mann ist immer sehr vorsichtig. Aber es war eben eine Frage des Geldes im richtigen Augenblick, Sie verstehen, und damals hätten wir es uns eben nicht leisten können, wenn nicht Sir Henry gewesen wäre. Natürlich ist alles längst zurückgezahlt – mit Zinsen. Sir Henry hat gesagt, er will keine Zinsen, aber so was macht mein Mann nicht mit! Ja – am 5. Januar muß das gewesen sein – und ich weiß genau, daß von den Kindern keins etwas damit zu tun hatte, denn ich hab sie gefragt. Nicht daß meine Kinder so was überhaupt täten, aber Sie kennen ja Kinder. Und es stimmt schon, daß ihr Kranz da gelegen hat, wo sie sagt, daß er am Abend nach dem Begräbnis war, denn ich hab mit eigenen Augen gesehen, wie Harry Gotobed und der Chauffeur ihn dahin gelegt haben, und die werden Ihnen dasselbe sagen.«
    Das taten sie mit vielen Worten, und damit blieben als letzte Möglichkeit nur noch die Schulkinder. Hier nun benötigte Mr. Blundell die Hilfe Miss Snoots. Zum Glück konnte Miss Snoot ihm nicht nur versichern, daß keinen ihrer Schützlinge eine Schuld träfe (»denn ich habe sie eingehend befragt, Herr Polizeidirektor, und sie haben mir alle versichert, daß sie es nicht gewesen waren, und der einzige, bei dem ich meine Zweifel haben könnte, ist Tommy West, aber der hatte um die Zeit einen Arm gebrochen, weil er von einem Zaun gefallen war«); sie konnte zudem eine unerwartete und wertvolle Angabe hinsichtlich der Zeit machen, zu der sich die Untat ereignet haben mußte.
    »Wir hatten an dem Abend eine Chorprobe, und als sie vorbei war – das muß gegen halb acht gewesen sein –, hatte es ein bißchen zu regnen aufgehört, und da hab ich mir gedacht, ich sollte noch einen Blick auf den Ruheplatz der lieben Lady Thorpe werfen; ich bin also mit meiner Taschenlampe hingegangen, und ich kann mich genau erinnern, daß Mrs. Coppins' Kranz neben dem Grab gelehnt hat, an der Seite zur Kirche hin – ich hab nämlich noch gedacht, was für ein schöner Kranz und wie schade, daß er so vom Regen ruiniert wird.«
    Der Polizeidirektor war recht zufrieden. Er mochte nicht glauben, daß Mrs. Coppins oder jemand anders an einem dunklen, nassen Samstagabend auf den Friedhof gegangen war, um Mrs. Gates' Kranz zu verlegen. Viel eher war anzunehmen, daß die Beseitigung der Leiche den Anlaß zu diesem Frevel gegeben hatte, und damit war die Tatzeit eingegrenzt auf Samstag abend halb acht bis Sonntag morgen halb neun. Er bedankte sich sehr bei Miss Snoot und stellte bei einem Blick auf die Uhr fest, daß er gerade noch Zeit hatte, mal eben bei Thodays hineinzuschauen. Mary würde er mit Sicherheit zu Hause antreffen, und vielleicht erwischte er auch noch Will, wenn er zum Essen nach Hause kam. Sein Weg führte ihn am Friedhof vorbei. Er fuhr langsam, und als er einen Blick über die Friedhofsmauer warf, sah er Lord Peter Wimsey in nachdenklicher Haltung und offenbar meditierend zwischen den Grabsteinen sitzen.
    »Guten Morgen!« rief der Polizeidirektor gutgelaunt.
    »Morgen, Mylord!«
    »Ahoi!« rief Seine Lordschaft zurück. »Können Sie mal kurz herkommen? Sie sind genau der Mann, den ich brauchen kann.«
    Mr. Blundell hielt seinen Wagen am Tor an, stieg ächzend (denn er wurde etwas rundlich) aus und ging den Weg

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