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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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gelegt zu haben?»
    «Wenn ich darüber nachdenke», sagte Harriet, «komme ich eigentlich zu dem Schluss, dass eine Frau einen solchen Schritt eher nicht bereuen würde. Es sei denn natürlich, sie hätte Gründe anzunehmen, Romeo sei in Wirklichkeit Don Giovanni und sie selbst hätte die einzige Tochter mit einem Weiberheld verkuppelt …»
    «Die These wäre dann, dass Mrs. Quarley das Gerücht über Alan Brinklow in Paggleham ebenfalls zu Ohren gekommen ist. Angenommen, es war so – wie hätte sie reagiert?»
    «Sie wäre vermutlich sehr wütend geworden. Sie hätte gedacht, Brinklow hat sie zum Narren gehalten, und das hätte ihre Empörung noch gesteigert.» «Und wenn sie ihren Zorn auch artikuliert hätte?» «Wäre sie von Joan in ihre Schranken gewiesen worden, die den Geliebten verteidigt hätte. Sie hat volles Vertrauen in ihn.»
    «Wir haben immer noch keine richtige Erklärung dafür, warum der Auftritt eines Detektivs in ihrem Wohnzimmer sie dermaßen erschrecken konnte.» «Und wenn sie mehr wusste als nur, dass Brinklow unter Umständen in Paggleham am Leben war? Wenn sie schon wusste, dass ihn ein grausames Ende ereilt hat …» «Wie könnte sie davon erfahren haben?»
    «Auf demselben Weg, auf dem ihr schon das erste Gerücht über den falschen Brinklow zugetragen wurde?» «Möglich. Ich frage mich nur, was für ein Weg das gewesen sein soll. Aber allmählich wird die Sache schon klarer, nicht? Der Nebel lichtet sich. Ich glaube, es wäre an der Zeit, mit Miss Quarleys Bruder zu sprechen», sagte Peter. «Morgen früh.»

    Wenn sie mit Jeff Quarley sprechen wollten, ohne die Mutter weiter aufzuschrecken, brauchten sie die Einwilligung seines vorgesetzten Offiziers. Peter verfügte, so stellte sich heraus, über eine Eintrittskarte in Form eines gewissen Dokuments, das die Wachtposten strammstehen ließ und den Überbringern unverzüglich und ohne Formalitäten zu einer Unterredung mit Wing Commander Thompson verhalf. Das Kabäuschen des Wing Commander war in der Ecke einer erst kürzlich erbauten Nissenhütte untergebracht, verborgen hinter einer Trennwand aus Sperrholz, die noch den süßlichen Duft frisch verarbeiteten Holzes verbreitete, und von ausgesprochen spartanischem Flair. Und dennoch fühlte Harriet sich an Steen Manor erinnert. Die Sperrholzwände waren mit Luftaufnahmen der norwegischen und dänischen Küste behängt, auf einer war Lister zu erkennen, Narvik auf einer anderen. Daneben hingen Luftbilder von deutschen Kriegsschiffen, Bildunterschriften wiesen ihre Namen aus.
    Der Blick aus dem Fenster ging aufs Rollfeld hinaus, eine ausgedehnte Rasenfläche, auf der Flugzeuge in Reihen aufgestellt waren. Den Rand säumte eine Ansammlung von Zelten mit einem Wohnwagen, und dazwischen saßen die Flieger im Freien. Vor dem vordersten Zelt sah Harriet zwei von ihnen auf einer umgedrehten Teekiste Schach spielen; auf einer Orangenkiste balancierte ein Plattenspieler. Das Fenster war einen Spaltbreit offen, und ein paar Takte von «A Lovely Day Tomorrow» drangen an ihr Ohr. Neben dem Plattenspieler im Gras war ein Telefon in Bereitschaft. Die ganze Szene war in strahlendes Sonnenlicht getaucht, durch das immer wieder Schattenfelder zogen. Harriet presste es mit einem Mal das Herz zusammen. Die Männer so jung, die Flugzeuge so winzig, was für ein zerbrechliches Bollwerk aus Fleisch und Knochen, aus Holz und Leinwand – gegen eine so große Gefahr. Sie riss sich von dem Anblick los und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Inneren der Nissenhütte zu.
    Der Kommandeur begegnete ihnen förmlich. Harriet kam er erstaunlich jung dafür vor, die ganze Anlage hier zu befehligen. Er trug einen Schnurrbart, auf seiner linken Wange leuchtete grell die Narbe von einer recht schweren Verbrennung, die seinen Gesichtsausdruck zu einem ständigen halben Lächeln verzerrte. Als Peter nach Jeff Quarley fragte, sagte der Kommandeur: «Ist gerade in der Luft.» Er schaute auf die Uhr. «Er müsste in einer halben Stunde runterkommen. Wollen Sie solange warten? Worum geht es?» «Verschlusssache», sagte Peter.
    «Verdammt», sagte Thompson. «Sie wollen sich ihn doch wohl nicht unter den Nagel reißen? Nicht dass ihn mir so ein Schweinehund unten im Süden abjagen will. Verstehen Sie, ich habe nie mehr als drei Piloten gehabt, die diese Art von Einsätzen mit einer reellen Chance auf Wiederkehr fliegen können, und einen davon musste ich schon verlieren. Quarley kann nicht auf seine Stiefel aufpassen, aber sein

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