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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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diese allgemeine Entlassung mit eingeschlossen. Doch bevor sie ihrer Horde folgte, griff sie nach dem Glas, aus dem Polly getrunken hatte, und nippte daran. Es schmeckte angenehm leicht nach Lakritze.
    «Die Wurzel kostet nur einen Penny», erklärte Mrs. Trapp. «Und reicht für ganze vier Liter. Und Süßholz ist nicht rationiert, man braucht nicht einmal Marken.» «Sehr lecker.» Harriet fragte sich, warum es so etwas in ihrer Kindheit nicht gegeben hatte.

    Ihre Kindheit, die eines innig geliebten Einzelkindes, hatte sie nur unzureichend auf das Leben vorbereitet, das sie jetzt führte, so überlegte sie später. Sie hatte es sich auf ihrem großen, weichen Bett mit Paul an ihrer Seite gemütlich gemacht, der über seiner Gutenachtgeschichte von Babar dem kleinen Elefanten, eingeschlafen war. Dieses Kinderbuch, eine der Gaben von Tante Mary, Peters Schwester, hatte eine deutlich kommunistische Färbung, wie Harriet nach der x-ten Lektüre klar wurde. Gleich würde Sadie kommen, den Jungen aus ihrer Obhut nehmen und ihn in sein Bettchen schlafen legen. Aber im Moment genoss Harriet das behagliche Gefühl, das Gewicht seines Kopfes an ihrem Arm zu spüren. Sie hatte die Zeit für eine innere Bestandsaufnahme. Peter war, ach ja, in dieser Woche nicht bei ihr und würde es auch die nächste nicht sein, aber ihr ganzes Leben bestand ja nun darin, bei Peter zu sein, was diese Woche, diesen Tag und diese Stunde mit einschloss. Peters Geld erhielt ihr ein Dach über dem Kopf, und Peters Geld zahlte dem Personal seine Löhne – zugegeben, nur noch drei anstatt der acht, deren es für die Führung des Hauses in London bedurfte, aber immerhin genügend willige Hände, um die Kinder zu versorgen und den Haushalt sauber und warm und die Bäuche satt zu halten. Am Morgen hatte sie über den Bilderwitz in der Zeitung lachen müssen: Eine hochnäsige junge Frau hielt ein Interview mit einer kräftig gebauten Hausmutter ab. «Dann tun Sie im Moment also wirklich nichts weiter», war die Bildunterschrift, «als die Hausarbeit zu erledigen, Lebensmittel zu organisieren und das Essen für Mann, Kinder und Evakuierte zu kochen, in der Kantine auszuhelfen und bei der freiwilligen Feuerwacht mitzumachen?»
    Harriets Lachen war nicht ganz frei von Schuldgefühl gewesen. Sie ging auf alles ein, worum der Freiwillige Frauenhilfsdienst bat, sie hatte beim Rettungsdienst der Johanniter einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert und konnte eine Bescheinigung vorweisen, sie schrieb auf Anfrage «nachdenkliche» Beiträge für verschiedene Zeitungen, eine Zeit lang hatte sie mit anderen Schriftstellern in einer Planungskommission mitgearbeitet, und nun sprang sie bei Mr. Kirk als Ersatzdetektivin ein. Müsste sie noch mehr tun? Wie sollte sie aber noch mehr tun? Mrs. Trapp, das sagte ihr ihr Gefühl, würde bei ihr bleiben, mochte auch kommen, was wolle, und im Übrigen war sie eine viel zu reife Dame, um noch zum Kriegshilfsdienst herangezogen zu werden. Aber den Hausmädchen musste die Arbeit auf dem Lande im Vergleich zu ihrem Leben im Londoner Haus sehr langweilig erscheinen, und mit Sicherheit würden sie bald in einer Fabrik oder beim Landdienst arbeiten. Und wenn nicht das, dann würden sie ihre Kräfte für die Feuerwacht oder den Frauenhilfsdienst aufbieten, sodass ihr Engagement im Haushalt davon beeinträchtigt würde. Wenn dann sie selbst noch von einer anderen Tätigkeit in Anspruch genommen wurde, konnten im Alltag wirkliche Schwierigkeiten auftreten. Sie musste sich damit abfinden, dass sie ihre vorrangigen Pflichten hier zu erfüllen hatte, selbst wenn sie bei dem Großteil dessen, was an Arbeit anfiel, zurzeit nur Aushilfe spielte.
    Und diese Arbeit war nicht die, der sie ihr Leben hatte widmen wollen, nicht die, bei der Peter sich seine Frau vorgestellt hatte. Wie nachdrücklich er dem Personal am Audley Square ihre Arbeitszeiten eingeschärft hatte, mit welcher Sorgfalt er ihr Arbeitszimmer einrichten ließ! Der Krieg, der erst den Anschein gehabt hatte, nur langsam in Gang zu kommen, war nun zu einem Wirbelwind geworden, der die Leben aller immer heftiger vor sich hertrieb. Es wäre absurd, wenn sie sich beschweren würde, dass der Krieg sie am Schreiben von Kriminalromanen hin derte, während er so viele Menschen von der Erledigung wichtigerer Arbeiten abhielt – und viele Menschen jenseits des Kanals sogar vom Atemholen. Harriet sandte einen reumütigen Blick zur gegenüberliegenden Wand mit dem Bücherregal, wo ihrer beider

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