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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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zu kommen. Die Luftschutzwarte haben versucht, sie daran zu hindern, und wollten sie in die offiziellen Schutzräume dirigieren, aber man brauchte ja nur eine Fahrkarte zu kaufen, dann konnte niemand etwas dagegen tun. Die Schutzräume über der Erde sehen auch wirklich etwas schwach auf der Brust aus. Währenddessen gibt es immer noch die fröhlichen jungen Dinger, die aufgedonnert durch Nachtclubs und Bars bummeln, und in den großen Hotels bekommt, wer sich's leisten kann, nach wie vor ein Essen mit allen Schikanen, auch wenn das Ministerium den Fischgang neuerdings verboten hat, wenn man als Hauptgericht Fleisch nimmt. Am Morgen dann strömt alles aus den Schutzräumen und trottet heim, gerade wenn die Lackaffen aus den Clubs kommen. Ein Schauspiel, das mich an früher erinnert, als wir aus der Oper kamen, wenn gerade der Markt in Covent Garden losging – du weißt ja, was für ein Spaß das war!» Harriet, die für Opernkarten vor ihrer Heirat kein Geld gehabt hatte, kannte diese Art von Spaß nicht im Mindesten. Als verheiratete Frau war sie dann selbstverständlich mit Peter in der Oper gewesen, aber da hatte Bunter den Daimler immer an der Treppe des Opernhauses vorgefahren, um sie nach Hause zu bringen.
    Lady Mary schwelgte lächelnd in Erinnerungen. «Die Obst- und Gemüseverkäufer ließen alles stehen und liegen für unseren Empfang. Sie pfiffen uns hinterher und brüllten: ‹Flotter Fummel, Schätzchen!›, oder: ‹Hui, bisschen tief, der Ausschnitt, was? Nettes Paar Melonen, wie viel willst 'n dafür haben?›» Harriet lachte.
    «Wir also über Kohlblätter und Tomatenmatsch hinweg, dabei haben wir den Rock ein bisschen gelupft, und die Cockneys riefen: ‹Nix anfassen! Betatschen ist nicht, vorm Bezahlen ist nur Kucken erlaubt!› Da haben die Kavaliere schon mal sauer reagiert», sagte Mary. «Aber um dir schonungslos die Wahrheit zu gestehen, mir hat es gefallen. Nichts hebt die Moral einer Frau mehr, als wenn ihr jemand hinterherpfeift!»
    «Ich wusste gar nicht, was ich verpasst habe», sagte Harriet, obwohl sie nicht der Typ war, dem auf der Straße nachgepfiffen wurde. «Und wie geht es nun Charles?», fragte sie.
    «Er arbeitet viel zu viel. Wenn wirklich Bomben fallen, wird man der Polizei einiges abverlangen. Wir sehen uns kaum, drum habe ich mich freiwillig als Krankenwagenfahrerin gemeldet. Aber jetzt frage ich mich, ob ich nicht besser hier bei den Kindern bleibe. Oder sie wenigstens nach Denver bringe.» «Ich würde sie nicht schon wieder umziehen lassen», sagte Harriet. «Und du vermisst den guten Peter?»
    «Ja. Und was die Sache noch schwerer macht, ist, dass ich nicht weiß, wo er ist.»
    «Ich denke mal, er ist in Schweden», meinte Mary. «Warum denn das? Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in einem neutralen Land ist – soweit ich weiß, ist seine Mission sehr gefährlich.»
    «Der Weg nach Finnland könnte über Schweden führen. Und in Schweden haben wir Verwandte. Die Delagardies.»
    «Onkel Paul ist doch Franzose!»
    «Gibt er gerne vor, ja.»
    «Also, wenn Peter in Finnland ist …», sagte Harriet, und das Herz wurde ihr schwer. Die Finnen hatten am Vortag einen Kapitulationsvertrag unterschrieben, mit dem sie große Teile ihres Gebietes an die Sowjetunion abtraten. Sie hatten einen furchtbaren Tribut gefordert – nahezu eine Million russischer Toter –, waren aber von der rein zahlenmäßigen Übermacht überwältigt worden. Keine tröstliche Aussicht. Harriets angefangener Satz hing zwischen ihnen in der Luft.
    «Na, ich weiß ja eigentlich auch nichts Genaues über seinen Aufenthalt», sagte Mary. «Das war nur so ein Schuss ins Blaue.»
    «Ich wünschte, er wäre hier», sagte Harriet, «aus den verschiedensten Gründen. Aber nicht zuletzt, weil die hiesige Polizei zu allem Überfluss gerade auch noch einen ganz gewöhnlichen schmutzigen Mord aufklären muss, und jetzt haben sie mich um Hilfe gebeten, und …»
    «Na, das geht aber zu weit», meinte Lady Mary. «Soll ich mit Charles reden? Er kann dem Polizeichef von Hertfordshire Dampf machen, damit sie dich in Ruhe lassen. Aber du hast dich doch auch schon alleine als Detektivin betätigt, so oder so, nicht wahr?» «Mir geht es überhaupt nicht um die Belästigung. Es ist nur so, dass ich früher immer Peter hatte, um mich mit ihm zu besprechen.» «Kannst du ihm nicht schreiben?»
    «Sicher kann ich schreiben, mit dem Vermerk ‹zzt.› oder ‹per Adresse› – deutlicher darf ich gar nicht werden. Es

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