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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Stufen zur Veranda hinauf, wo sie sich mit ihm neben Deirdre auf die Bank setzte.
    Sie drückte Johnny an sich und küsste sein Haar.
    » Du riechst nach Schwein « , stellte sie naserümpfend fest.
    » Er war im Koben, weil er mit den Ferkeln spielen wollte « , sagte Deirdre. » Ich hab’s ihm verboten, Mylady. Zehnmal hab ich ihm gesagt, er darf nicht zu den Schweinen rein. Aber er wollte ja nicht auf mich hören. «
    » Schon gut. Ich stecke ihn gleich in den Zuber. Was macht die Kleine? «
    » Ich glaube, sie bekommt ihren ersten Zahn, Mylady. «
    » Wirklich? Lass sehen. «
    Faith, mittlerweile ein halbes Jahr alt, strahlte ihre Mutter an und gluckste, als Elizabeth sich vorbeugte, um einen Blick auf den kleinen Kiefer zu erhaschen, ein aussichtsloses Unterfangen, denn Faith hatte vier Finger im Mund und kaute sabbernd darauf herum. Die Kleine war drall und gesund, sie hatte sich in den letzten Wochen prächtig entwickelt. Eine schwarze Amme kam mehrmals täglich ins Haus und stillte die Kleine, und hin und wieder fütterte Elizabeth sie auch mit gestampftem Obst oder süßem Reisbrei. Ihre eigene Milch war zwischenzeitlich versiegt, doch um Faiths Gedeihen musste sie sich gottlob keine Sorgen mehr machen.
    » Was bist du für ein niedlicher Sonnenschein! « Elizabeth küsste die Kleine auf die weichen blonden Locken und kitzelte sie am Öhrchen, was Faith ein fröhliches Gurgeln entlockte. Johnny reagierte mit der gewohnten Eifersucht.
    » Sie macht immer noch die Windeln voll « , erklärte er, als wollte er seine Mutter dazu bewegen, ihr Urteil noch einmal zu überdenken.
    » Dasselbe hast du auch getan, als du so alt warst wie Faith « , meinte Deirdre. » Und wie! «
    Johnny verzog daraufhin trotzig das Gesicht. Elizabeth stand mit ihm auf und küsste ihn noch einmal herzhaft, bevor sie ihn absetzte.
    » Komm, wir zwei gehen zum Strand. Bis zum Abendessen haben wir noch etwas Zeit. Ich glaube, gleich läuft ein Schiff ein, das können wir uns ansehen. «
    » Ist es Daddy? « , wollte Johnny hoffnungsvoll wissen.
    » Nein. « Elizabeth zauste ihm das ohnehin schon rettungslos verstrubbelte Haar.
    » Kommt Daddy denn bald? «
    » Bestimmt. «
    » Wann denn? «
    » Das merken wir, wenn es so weit ist. « Elizabeth nahm den Kleinen bei der Hand, und gemeinsam gingen sie zum Strand hinunter.
    » Da sind Oleg und Jerry! « , rief Johnny. » Ich will zu ihnen! «
    » Na, dann lauf. « Elizabeth ließ ihn los und sah lachend zu, wie Jonathan den Weg zum Strand hinunterrannte und dabei in seinem Eifer mehrmals über seine eigenen Füße stolperte. Unweit des Anlegers waren Oleg und Jerry damit beschäftigt, die Schaluppe zu kalfatern. Sie hielten das Boot in Schuss und achteten darauf, dass es immer seetauglich blieb. Jeden Morgen fuhren sie damit hinaus, um zu fischen, denn untätig an Land zu hocken war ihre Sache nicht. Elizabeth und die Kinder waren auf Basse-Terre sicher, niemand musste sie beschützen oder bewachen– das Leben auf der Insel verlief in ruhigen und geordneten Bahnen. Ein jeder gab auf den anderen acht, zwischen den Franzosen und den auf der Insel lebenden Kariben herrschte Frieden, und dank des bewachten Forts an der Südspitze konnte sich keine Kriegsflotte unbemerkt nähern.
    Auf der Plantage Tabakblätter zu ernten, in einer Reihe mit Sklaven und Schuldknechten, kam für Oleg und Jerry nicht infrage, denn sie waren freie Männer. Also hatten sie sich aufs Fischen verlegt, eine Arbeit, bei der sie wenigstens auf dem Wasser sein konnten. Manchmal zogen sie auch mit einem Trupp von Männern los, um Bäume zu fällen, oder sie halfen bei nötigen Reparaturarbeiten aus, etwa wenn eine gebrochene Deichsel zu richten oder das Dach eines Schuppens zu erneuern war. Ihr handwerkliches Geschick hatte sich rasch herumgesprochen, ebenso wie Olegs Begabung in der Heilkunst. Er hatte schon einige gebrochene Knochen geschient sowie Entzündungen und Wunden versorgt.
    Erst am Morgen hatte Yvette Elizabeth zur Seite genommen und verschwörerisch flüsternd wissen wollen, ob der Kirgise sich auch auf die Behandlung von Frauenleiden verstehe. Verschämt hatte sie Elizabeth anvertraut, dass sie keine Monatsblutung habe.
    » Die Kräuterfrau aus dem Dorf sagt, auf mir liege ein Fluch, aber Henri meint, sie behaupte das nur, um mir Angst einzujagen. Andererseits– ich will schon so lange ein Kind. Unbedingt! Aber wie soll ich eins kriegen ohne Monatsblutung? «
    » Hattest du sie denn überhaupt schon einmal?

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