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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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«
    » Ja, aber das ist lange her. Und es war auch nur ganz selten. «
    Elizabeth hatte ihr versprochen, Oleg um Rat zu fragen, was ihr nun wieder einfiel. Auf ihre entsprechende Frage zuckte Oleg jedoch nur die Achseln. Jerry übersetzte es auf seine Weise.
    » Oleg weiß auch nicht alles. « Wenig hilfreich fügte er hinzu: » Vielleicht sollte sie mehr Rum trinken. Der bringt normalerweise alle Säfte zum Fließen. «
    Oleg quittierte diese Anmerkung mit einem Schnauben, womit klargestellt war, dass das Jerrys Meinung war und nicht seine.
    Johnny lief um die auf den Strand gezogene und seitlich mit Holzstützen versehene Schaluppe herum.
    » Ich will auch kalfatern! «
    » Na, dann zeig mal, was du kannst. Aber schön fest reindrücken, klar? « Jerry drückte ihm gutmütig ein Kalfateisen in die Hand, damit der Kleine etwas Werg in die Ritzen der Planken stopfen konnte. Neben dem Boot brannte ein Feuer, über dem ein Kessel mit erhitztem Pech hing. Oleg hob Johnny hoch und trug ihn auf die gegenüberliegende Seite der Schaluppe, damit er weit genug von dem Kessel entfernt war. Elizabeth sah es mit warmer Zuneigung. Die beiden Männer kümmerten sich mit solcher Umsicht um das Kind, dass Duncan sehr zufrieden mit ihnen gewesen wäre.
    Ach Duncan! Werde ich dich überhaupt jemals wiedersehen?
    Der Gedanke kam so unvermittelt und eindringlich, dass ihr die Kehle eng wurde von der abergläubischen Angst, damit das Unglück erst heraufzubeschwören. Am Ende würde sich das Allerschlimmste nur deshalb bewahrheiten, weil sie es als Möglichkeit in Betracht zog!
    Oleg ergriff einen großen Holzhammer, mit dem er das Füllmaterial in den Bootsfugen festklopfte, und das dumpfe Hallen der einzelnen Schläge klang in Elizabeths Ohren, als wollte das Schicksal nachdrücklich darauf pochen, dass sie auf alles gefasst sein sollte.
    » Mommy, da kommt das Schiff! « Johnny ließ das eiserne Werkzeug fallen und rannte ein Stück den Strand entlang, um es besser beobachten zu können. Es handelte sich um das Boot, das Elizabeth schon vom Hügel aus gesehen hatte, eine ziemlich heruntergekommene Ketsch mit schmutzigen Segeln.
    » Johnny! « , rief sie scharf, dann lief sie dem Kleinen nach und hob ihn hoch, bereit, so rasch wie möglich zum Haus der Perriers zurückzulaufen. Ihre Sorge, Arthur Howard könnte herausgefunden haben, wo sie sich versteckt hielt, hatte sich in den Wochen seit ihrer Ankunft nie ganz gelegt. Sie hatte sich schon oft gefragt, welche Anstrengungen er wohl auf sich nehmen würde, um sich an ihr zu rächen, und sie war jedes Mal zu dem Schluss gekommen, dass er keine Mühen scheuen würde. Er war ein Mann, für den Rache ein zentrales Lebensziel sein konnte. Das hatte er mit dem akribisch vorausgeplanten Gemetzel an den Indianern bewiesen. Es drehte Elizabeth den Magen um, wenn sie sich vorstellte, was er den Indianern– und womöglich auch Zena!– angetan hatte.
    Arthur Howard ging planvoll und überlegt vor. Er würde nicht mit militärischem Gehabe hier auftauchen wie auf Dominica. Guadeloupe gehörte den Franzosen, man würde ihn mit Waffengewalt vertreiben, zumal sich seine unrühmliche Rolle inzwischen herumgesprochen hatte. Nein, Howard würde sich einen Überraschungseffekt zunutze machen. Er würde sich einschleichen und wahrscheinlich Kundschafter vorausschicken. Auf einem unauffälligen, harmlosen Einmaster, so ähnlich wie der Kahn, der dort soeben im Hafen einlief.
    Gleich darauf schalt sie sich für ihre einfältige Furchtsamkeit. Niemand konnte hier unbemerkt an Land kommen, das ganze Dorf sah ja zu.
    » Lass mich runter, Mommy! Ich will zu dem Boot! «
    » Gleich. Warte noch einen Augenblick. « Sie setzte Johnny auf ihrer Hüfte zurecht und schirmte mit der freien Hand die Augen ab, während sie beobachtete, wie jemand von der Besatzung das Boot am Steg vertäute. Ein Mann kletterte an Land. Etwas an seiner Haltung und seinen Bewegungen kam Elizabeth bekannt vor.
    Sie hielt den Atem an.
    » Mommy, lass mich runter! « Johnny fing an zu strampeln, und Elizabeth setzte ihn geistesabwesend ab, bevor sie einen Schritt auf den Anleger zu tat und gleich darauf einen weiteren, um im nächsten Moment Hals über Kopf loszurennen. Sie lief, so schnell sie konnte, die Röcke mit beiden Händen gerafft und ohne auf die neugierigen Blicke der Dorfbewohner zu achten, die verdutzt stehen blieben, als sie an ihnen vorbeistürmte.
    » William! « , schrie sie. » William! «
    Er hatte sie bereits gesehen

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