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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Überzeugung, denn als Anglikaner waren sie im Gegensatz zu den Franzosen nicht dem Papsttum verpflichtet. Trotz dieses Zugeständnisses sorgten sie allein durch ihre Aufsehen erregende Erscheinung und ungewöhnliche Herkunft für allerlei Getuschel, wenngleich dieses von deutlich freundlicherem Interesse begleitet war als auf Barbados. Die Franzosen waren keine sittenstrengen, bigotten Puritaner wie die Mehrzahl der Pflanzer auf Barbados, sondern ein lebensfroher, temperamentvoller Menschenschlag, Neuem gegenüber aufgeschlossen und freundlich zu Fremden. Sie feierten gerne und viel, veranstalteten Tanzfeste und machten bei jeder sich bietenden Gelegenheit Musik. Immer war irgendwo eine Fiedel oder Flöte zu hören, und Yvette Perrier war nicht die einzige Frau auf der Insel, die ein Virginal besaß.
    Wenn Elizabeth mit Duncan allein unterwegs war, nahmen sie das kleine Beiboot der Elise. Sie segelten meist ein paar Buchten weiter zu einem menschenleeren Strand, um dort zu schwimmen oder Schießübungen zu machen. Die Pistole, die Duncan ihr aus England mitgebracht hatte, lag gut in der Hand, und bald war sie damit genauso schnell und treffsicher wie er.
    Er unterwies sie auch in der Kunst des Segelns, bis sie ein Gefühl für den Wind und die Meeresströmung bekam und das Wenden und Halsen so weit beherrschte, dass sie streckenweise allein das Boot bedienen und dabei den Kurs halten konnte. Er brachte ihr bei, Himmelsrichtung und Entfernung nach Sonnenstand und Kompass zu berechnen, und er zeigte ihr auf seinen Seekarten, wo sie sich befanden. Guadeloupe war geformt wie ein Schmetterling, bei dem der linke Flügel– das nach Westen liegende Basse-Terre– bergiger und grüner war als der deutlich flachere im Osten, den die Franzosen Grand-Terre nannten. Umgeben war die Insel von mehreren kleineren Eilanden, auf dessen größtem, Marie-Galante, seit ein paar Jahren ebenfalls Franzosen siedelten.
    Ein Stück nördlich die Küste hinauf entdeckten Duncan und Elizabeth einen Korallengarten von großer Schönheit. Während Duncan im Boot blieb und Elizabeth durch die klare Wasseroberfläche mit Argusaugen beobachtete– er hatte sich immer noch nicht mit ihrer Vorliebe für das Tauchen anfreunden können–, erkundete sie voller Begeisterung die lichtblaue Unterwasserlandschaft. Dabei stieß sie auf ein altes Schiffswrack, eine spanische oder portugiesische Galeone, die sicher mehr als hundert Jahre alt war. Sie stöberte in den Überresten herum und förderte zu ihrer Freude mehrere Gegenstände zutage, die einmal einer edlen Dame gehört haben mussten: einen Schildpattkamm, einen silbernen Handspiegel und die Überreste eines aus Elfenbeinstäben bestehenden Fächers. Duncan meinte, manche dieser alten Wracks, die überall verstreut am Meeresgrund lagen, beherbergten sagenhafte Schätze. Schwer beladen mit Silber und Gold seien die spanischen Schiffe häufig in Stürme geraten und gesunken, und wenn man nur einen Bruchteil davon heben könne, habe man fürs Leben ausgesorgt. Elizabeth tauchte sofort noch einmal hinab und suchte nach Gold, doch außer ein paar alten Töpfen fand sie nichts mehr.
    Sie liebten sich im warmen Sand des Ufers, umgeben von rosa blühenden, vom Wind zerzausten Strandwinden. Hinterher blieben sie eng umschlungen liegen und dösten. Einmal stand Elizabeth fast eine Stunde lang bis zu den Knien reglos im Wasser, einen zugespitzten Stock in der Hand, so wie Zena es machte, wenn sie in Ufernähe Fische jagen wollte. Sie erlegte tatsächlich einen neugierigen Kugelfisch, der sich aus dem Riff in die Lagune vorgewagt hatte. Anschließend war sie jedoch froh, dass sie ihn ins Wasser zurückwerfen konnte, denn Duncan meinte, der Fisch sei giftig und tauge höchstens dazu, Pfeilspitzen damit zu präparieren.
    Duncan konnte sich nicht an ihr sattsehen, egal was sie tat. Sie war schlank und sehnig wie ehedem, nur ihre Hüften und Brüste waren etwas voller als früher. An Schultern, Armen und Beinen hatten sich neue Muskeln ausgebildet, was vom vielen Schwimmen und Schießen kam. Ihre Haut war von der Sonne so dunkel getönt, dass man sie leicht für eine Kreolin mit farbigen Vorfahren hätte halten können, hätten ihr blonder Schopf und die hellen Augen sie nicht zweifelsfrei als Europäerin ausgewiesen. Das Haar war von Salzwasser und Sonnenlicht silbrig ausgebleicht. Wenn sie es offen trug, reichte es ihr bis zur Hüfte. Eines Tages war sie das umständliche Auskämmen nach dem Schwimmen leid und

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