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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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immer. Und nun wusste nicht nur Duncan Haynes davon, sondern mindestens noch eine weitere Person, jene, die den Brief geschrieben hatte. Denn der stammte zwar von einem anonymen Absender, aber es stand auch fest, dass dieser verfluchte Freibeuter ihn nicht verfasst haben konnte, weil er kein Schreibzeug in der Zelle gehabt hatte. Höchstwahrscheinlich hatte seine Frau die Feder geführt, die Schreibweise war flüssig und fehlerfrei und das Papier von teurer Machart. Ja, keine Frage, Elizabeth Haynes hatte das geschrieben. Was insofern von Vorteil war, als sie zusammen mit Haynes bald verschwinden würde. Dann war sein Geheimnis– hoffentlich– wieder sicher. Künftig würde er einfach noch besser achtgeben müssen.
    Nachdenklich betrachtete er den Schlüssel in seiner Hand. Nach Lage der Dinge kam er bei dem Handel mit Duncan Haynes wirklich nicht allzu schlecht weg. Bei Licht betrachtet, enthob ihn diese Regelung sogar einer ganzen Reihe von Sorgen, vor allem solcher, die ihm wegen einer Hinrichtung dieses Freibeuters noch hätten bevorstehen können.
    » Die Ketten « , mahnte Duncan ihn. » Schließt sie endlich auf. «
    » Habe ich Euer Ehrenwort, dass Ihr auf Nimmerwiedersehen verschwindet? «
    » Selbstverständlich « , sagte Duncan.
    » Und dass Ihr fortan Stillschweigen über diese… Absprache bewahrt? «
    » Das ist der Kern unserer Vereinbarung, oder nicht? « Duncan musterte ihn interessiert. » Soll ich Euch niederschlagen, um es ein wenig glaubwürdiger wirken zu lassen? «
    » Du lieber Himmel, untersteht Euch! Es reicht, wenn ich es behaupte. Niemand wird mein Wort anzweifeln. «
    » Wenn Ihr das sagt. Und nun die Ketten, bitte. «
    Doyle lachte nervös und schloss mit leicht zittrigen Fingern die Ketten auf.
    » So, jetzt seid Ihr frei. Nun seht zu, dass Ihr fortkommt. «
    » Ich bin schon so gut wie weg. « Duncan rieb sich die Handgelenke und lockerte die Muskeln seiner Arme. Doyle holte ein Bündel hinter seinem Schreibtisch hervor– einen zusammengerollten Umhang und einen Hut mit tief sitzender Krempe.
    » Damit solltet Ihr unerkannt bis zum Hafen kommen. « Er reichte Duncan die Kleidungsstücke. » Draußen steht ein Windlicht, das könnt Ihr mitnehmen. Achtet darauf, dass Ihr unsichtbar bleibt, bis Ihr Euer Schiff erreicht habt. Ich habe dafür gesorgt, dass die Wachen im Hafen abgezogen werden. Und danach hoffe ich, Euch nie wiederzusehen. «
    » Diese Hoffnung beruht durchaus auf Gegenseitigkeit « , pflichtete Duncan ihm bei. Mit katzenhaft schnellen Schritten war er bei der Hintertür und drückte die Läden auf. Er schob den Kopf ins Freie, spähte nach allen Seiten und lauschte in die Dunkelheit.
    » Ich schätze, Euch bleibt nicht viel mehr als eine Stunde « , sagte Doyle. » Länger wird dieser pflichtbewusste junge Leutnant draußen vor der Tür sicher nicht warten, bis er nach dem Rechten schaut. «
    » Eine Stunde reicht mir. Und Euch hoffentlich der Rest Eures Lebens, um das Gold auszugeben, das Euch dieser Handel eingetragen hat. « Duncan blickte über die Schulter zurück. » Nehmt Euch vor Eugene Winston in Acht. «
    » Diesem jungen Schnösel werde ich schon noch Benehmen beibringen « , erwiderte Doyle. Doch Duncan Haynes war bereits in der Nacht verschwunden.

11
    E lizabeth versuchte, das schwache Ziehen im Rücken zu ignorieren, als sie Pearl in der Nähe des Bootsstegs an einem Gatter festband. Mit dem Handballen rieb sie die schmerzende Stelle, in der Hoffnung, dass es bald wieder verging.
    Sie stand vor einem Pferch, in den immer die Afrikaner getrieben wurden, bevor sie versteigert wurden. Kein Pflanzer auf Barbados kam ohne Sklaven aus, sogar der Menschenfreund William kaufte sich welche, auch wenn er darum bemüht war, sie gut zu behandeln. Man brachte die Schwarzen von den anlandenden Sklavenschiffen stets hierher in diesen Pferch, damit die weißen Herren sie sich ansehen konnten, bevor sie ihr gutes Geld ausgaben. Sie konnten sich ungeniert von den Qualitäten ihres neuen Besitzes überzeugen, indem sie die Stärke der Muskeln und den Wuchs prüften oder auch Zähne oder Geschlechtsteile in Augenschein nahmen.
    Erst am Vortag hatten portugiesische Menschenhändler wieder mehrere Dutzend Schwarze an Land gebracht und dabei mit Stöcken und Peitschen auf die schwarzen Leiber eingeprügelt, egal ob es sich um Männer oder Frauen handelte. Es waren sogar Kinder darunter gewesen. Elizabeth hatte sie selbst gesehen; sie war hier vorbeigekommen, als sie den

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