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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sie sich gemächlich wieder ans Auftauchen machte. Das Wasser über ihr war durchdringend hell und glasklar, bis auf die Stelle, wo das einfallende Sonnenlicht von einem schwarzen Schatten getrübt wurde. Schon bevor ihr Kopf die Oberfläche durchstieß, spürte Elizabeth die Bedrohung, und ihr befreites Gefühl verwandelte sich gleich darauf in nackte Angst.
    Zena hatte ihre Ausbeute an duftenden Zweigen zu einem festen Bündel zusammengerollt, das sie auf dem Rücken trug. Die Weißen, denen sie es verkaufen wollte, kochten die Blätter und schöpften das austretende Öl ab, um sich damit die Haut einzureiben, damit sie gut rochen. Angesichts des Gestanks, mit dem manche von ihnen geschlagen waren, ein lohnendes Unterfangen, doch zumeist hielten es vornehmlich die, die am ärgsten rochen, am wenigsten für nötig, dagegen anzugehen. Sie stanken nach fauligen Zähnen, ranzigem altem Schweiß und dem widerlichen Geruch, der ständig getragener Kleidung entströmte. Trotzdem hielten sie es für ihr angestammtes Recht, sich den eingeborenen Frauen aufzudrängen, als hätten diese nur darauf gewartet, von ihnen beglückt zu werden. Zena hatte Mitleid mit denen, die sich aus freien Stücken den stinkenden Weißen für bunte Perlen oder Eisenmesser hingaben. Von einer oder zweien hatte sie gehört, dass es aus Liebe geschehen sei, und sie hatte auch schon Kinder aus solchen Verbindungen gesehen. Oftmals wurden diese jedoch gemieden, erst recht von den Weißen, denen die Mischlinge noch weniger zu gelten schienen als die Callinago. Zena war glücklich, dass aus der gewaltsamen Vereinigung, die sie vor sechs Monden über sich hatte ergehen lassen müssen, kein Kind hervorgegangen war. Ihr Leib hatte sich bereits gerundet von der verhassten Frucht des Samens, den der betrunkene Seemann in sie gepflanzt hatte, doch dann hatten vor einigen Tagen die Wehen eingesetzt. Sie war ins Meer gegangen, um das Übel herauszupressen, und als es vorbei war, hatte sie das Wasser wieder verlassen und nicht zurückgeblickt. Sobald sie das nächste Mal blutete, würde sie ins Dorf zurückkehren und weiterleben wie immer.
    Sie hörte die Stimmen vom Wasser her und versteckte sich in den Büschen. Das Boot hatte sie schon vor einer Weile bemerkt, es kam schnell mit dem Wind näher, das Segel gebläht. Zwei Männer saßen darin. Einer steuerte den Kahn mit der Pinne, der andere bediente die Leinen. Es waren Weiße. Zena erstarrte, als sie den einen wiedererkannte. Das hässliche bärtige Gesicht, das struppige stumpfgraue Haar, die fassähnliche Gestalt in der speckigen Lederweste. Sie hatte gehofft, ihn nie wiedersehen zu müssen. Ihre Hand krampfte sich um den Schaft ihres Messers, das sie um die Wade gebunden hatte. Eine steinerne Klinge nur, aber zum Abschneiden der Äste und zum Ausnehmen von Fischen war sie allemal gut genug. Mit raschem Blick vergewisserte sie sich, dass auch ihr Fischspeer in Reichweite war.
    Das Segel wurde schlaff, das Boot langsamer. Beide Männer beugten sich über den Bootsrand, als hätten sie dort etwas Erstaunliches entdeckt. Dann sah Zena den Kopf zwischen den Wellen– das war die Frau, die bei Miss Jane wohnte! Das schwere Haar, das sonst leuchtete wie poliertes Gold, trieb wie ein dickes Tau hinter ihr auf dem Wasser. Die von der Sonne dunkel gebräunte Haut, auf der sich, anders als bei den meisten anderen Weißen, nicht der Hauch eines Sonnenbrandes zeigte, glänzte vom Salzwasser. Das Gesicht zeigte panische Angst. Mit raschen, kraftvollen Schwimmbewegungen strebte die Frau dem Ufer zu, in verzweifelter Anstrengung, den Männern zu entfliehen. Doch der eine hatte bereits die Ruder ausgelegt und zog sie durchs Wasser. Die Frau schwamm gut, doch das Boot war schneller, es kam ihr immer näher. Die Männer johlten und lachten, es war dasselbe Lachen, das der Graubärtige ausgestoßen hatte, als er über Zena hergefallen war, so roh und widerwärtig, dass sie es niemals vergessen würde. Es nun abermals zu hören, rief einen Würgereiz in ihr wach, den sie kaum unterdrücken konnte.
    Die Frau war nun dicht am Ufer, sie hatte Grund unter den Füßen und watete an Land. Das dünne Hemd klebte ihr durchsichtig am Körper, was dem Bärtigen ein obszön klingendes Grölen entlockte.
    Zena wusste, was der Frau bevorstand. Die Männer würden sie töten. Doch vorher würden sie sie gewaltsam nehmen, wahrscheinlich nicht nur einmal, sondern auf alle nur erdenklichen scheußlichen und grausamen Arten. Für die weißen

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