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Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Deirdre fing an zu rennen, als sie Elizabeth bei den Felsen sah.
    » Um Himmels willen, Mylady! Wir haben uns solche Sorgen gemacht! «
    » Es tut mir leid, ich war spazieren und habe die Zeit vergessen. «
    » Ihr wart schwimmen! « Anklagend betrachtete Deirdre Elizabeths nasses Haar. » Allein! Wie konntet Ihr nur! «
    » Oh bitte, mach nicht so ein Gewese darum. Es geht mir gut. « Elizabeth gab sich unbefangen, sie ignorierte die vorwurfsvollen und besorgten Blicke. Deirdre musterte Zena mit sichtlichem Misstrauen.
    » Wer ist das? « , wollte sie wissen.
    » Eine Indianerin. Wir sind zufällig ins Gespräch gekommen. «
    » Oh, sie spricht unsere Sprache? « , erkundigte Edmond sich interessiert. Er trat näher, blieb aber in angemessener Entfernung stehen, als Zena Anstalten machte zurückzuweichen. » Ich bin Priester « , sagte er freundlich. » Ein Mann Gottes. «
    Zena betrachtete ihn stumm.
    » Mein Name ist Edmond. Pater Edmond. Und wie heißt du, mein Kind? «
    » Zena « , sagte Elizabeth. Ihr war heiß, sie fühlte sich elend. Die Brüste taten ihr weh, die einschießende Milch plagte sie. Sicher schrie Faith bereits vor Hunger, sie hätte sie längst stillen müssen.
    » Lasst uns zurückgehen. Ich möchte Miss Jane nicht länger warten lassen. «
    » Möchtest du mit uns kommen, Mädchen? « , fragte Edmond hoffnungsvoll. » Wir könnten miteinander reden. Du sagst mir Wörter in deiner Sprache, und ich sage dir dafür welche aus meiner. «
    » Edmond « , meinte Deirdre ungeduldig. » Ich glaube nicht, dass sie das möchte. Was hätte sie denn auch davon? «
    » Nun, eine fremde Sprache zu lernen, ist immer ein Gewinn! Zumal sie dann richtig beten könnte. « Fragend betrachtete er das Mädchen. » Hast du schon einmal gebetet? «
    » Mit ein bisschen Stoff wäre ihr besser gedient als mit Gebeten « , meinte Jerry. Er gab sich Mühe, nicht die nackten Brüste der jungen Eingeborenen anzustarren, aber es misslang ihm kläglich. Man sah seinen Adamsapfel hüpfen, als er schluckte. Oleg betrachtete unterdessen mit stoischer Gelassenheit die Umgebung. Seine Haltung war entspannt, sein Gesichtsausdruck unergründlich. Für das Mädchen schien er sich nicht zu interessieren.
    » Vielleicht will sie eher Glasperlen « , sagte Sid. » Alle Indianer wollen welche. « Er bedachte Zena mit einem werbenden, zahnlosen Lächeln. » Willst du ein paar Perlen, Mädchen? Ich glaube, ich habe noch welche in meinem Seesack. «
    » Man darf diese Menschen nicht mit solchem Tand abspeisen « , erklärte Edmond. » Man muss ihnen das Wort Gottes nahebringen. Das ist ungleich wertvoller als all der nutzlose Kram, mit dem die Weißen sie fortwährend ködern. «
    Elizabeth wollte nur noch weg. Ungeduldig machte sie der Unterhaltung ein Ende.
    » Sie kann mitkommen, wenn sie möchte. « Sie wandte sich direkt an das Mädchen. » Zena, willst du mitkommen? Du bekommst zu essen und ein Hemd. Beten musst du nicht dafür, wenn du es nicht willst. «
    Edmond murmelte einen Protest, doch Elizabeth störte sich nicht daran. Fragend betrachtete sie die junge Eingeborene.
    » Was ist, kommst du mit? «
    Zena zuckte die Achseln, und als alle Übrigen sich in Bewegung setzten, blieb sie stehen. Edmond schloss nur zögernd zu den anderen auf, er blickte immer wieder über die Schulter zurück, in der Hoffnung, das Mädchen möge sich noch besinnen. Nach einer Weile blickte Elizabeth zurück und sah, dass die Indianerin ihnen in einiger Entfernung folgte.

16
    A uch ohne dass irgendwer es erwähnt hatte, wusste Felicity, dass es nun endlich so weit war. Aufgeregt lief sie an der Reling hin und her und betrachtete die Landmasse, die sich vor ihnen am Horizont abzeichnete. Der Wind fuhr ihr unter die Röcke, und sie hielt den schweren Stoff mit beiden Händen fest, denn die Seeleute auf dem Vorderschiff warteten nur darauf, ein Stück von ihren Beinen zu sehen zu kriegen. Das Haar flatterte ihr vor den Augen, sie strich es sich ungeduldig aus dem Gesicht. Mit einer Hand das wehende Kleid und mit der anderen das Haar bändigend, starrte sie in die Ferne. Das war Europa! Es musste Europa sein! Nachdem sie wochenlang wegen einer nicht enden wollenden Flaute inmitten der unendlichen Wasserwüste festgesessen hatten, waren günstige Winde aufgekommen, die das Schiff weitergetragen hatten. Bei den Azoren hatten sie ein paar Tage vor einer gottverlassenen Insel geankert, um Wasser und Proviant aufzunehmen, bevor es endlich weiterging in

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