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Wind der Traumzeit (German Edition)

Wind der Traumzeit (German Edition)

Titel: Wind der Traumzeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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ruhig stellen wollen.
    Bereits eine Stunde später wurde Sophie auf einem rollenden Bett zum OP-Bereich gebracht. Nora hielt ihre Hand und beobachtete ihr schläfriges Gesicht. »Alles wird gut, Sophie. Bald sind deine Bauchschmerzen weg. Wenn du aufwachst, sind Mama und Daddy da.«
    Das Bett stand plötzlich still, und Nora sah auf. Neben einer breiten verschlossenen Tür, die in den sterilen OP-Saal führte, befand sich so etwas wie eine Durchreiche. Blanker Edelstahl blitzte in kaltem Licht. Die Ärzte und Schwestern dahinter kamen Nora mit ihren grünen Kitteln, dem Mundschutz und den OP-Hauben fast wie geheimnisvolle Außerirdische vor. Seltsam geformte Lampen im hinteren Bereich hingen an drehbaren Schwingarmen und vermittelten zusammen mit Sauerstoffflaschen und Beatmungs- und Herztonüberwachungsgeräten einen fremdartigen, ja, fast schon bedrohlichen Eindruck. Nora musste sich sehr zusammenreißen, als Tom die Kleine aus dem Bett hob und durch das große Fenster in den Vorraum des Operationssaals weiterreichte, wo sie von Lisa in Empfang genommen wurde. Als sie sich ab wandte, hörte sie gerade noch, dass jemand Tom mitteilte, man werde sofort Bescheid geben, wenn alles überstanden sei.
    Langsam ging sie den Gang entlang, an dessen Ende Grünpflanzen in Fensterbänken den Eindruck von Normalität zu vermitteln versuchten. Doch nichts war hier normal. Selten zuvor hatte sie sich hilfloser gefühlt. Nur wenige Meter von ihr entfernt wurde ihr kleines Mädchen operiert. Sie ließ sich auf der Kante eines Stuhls nieder, der an der Wand stand. Tom kam nun auch den Gang entlang. Er setzte sich neben sie und fuhr sich kurz über Augen und Schläfen. Er sah müde und angespannt zugleich aus, als er ihre Hand nahm und sie in seine Hände legte.
    »Sie ist wirklich gut aufgehoben, Nora. Glaub mir, alles wird gut. Wir empfinden es nur als so furchtbar, weil es unsere Kleine ist, die da drinnen liegt. Aber nüchtern betrachtet ist es tatsächlich nur eine Routineoperation.«
    Nora nickte. Sie wusste, dass Tom Recht hatte, und doch fiel es ihr unglaublich schwer, ihre Angst um Sophie zu kontrollieren. »Sicher ist es eine Routineoperation, aber auch bei einem so kleinen Kind? Gibt es tatsächlich viele zweieinhalbjährige Kinder, die am Blinddarm operiert werden müssen?«
    Tom senkte den Kopf und sah zu Boden. »Es kommt hin und wieder vor.«
    Nora atmete tief durch. »Ist die Narkose bei Kleinkindern ein besonderes Risiko, Tom?«
    Er stand auf und vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Hör auf damit, Nora! Du weißt genau, dass eine Narkose immer ein Risiko ist. Sophie ist ansonsten kerngesund. Sie wird es sicher gut überstehen.«
    Noras Mundwinkel zitterten leicht. »Hoffentlich.«
    Sie wusste kaum, wie die nächsten anderthalb Stunden vorübergegangen waren oder worüber alles sie sich den Kopf zerbrochen hatte. Immerhin war sie inzwischen mehr als froh, dass Tom auf seine Kollegen gehört und den Operationssaal gemieden hatte. Schließlich öffnete sich die automatische Tür, und Bill kam mit herunterhängendem Mundschutz auf sie zu. Tom und Nora sprangen auf und gingen rasch zu ihm.. Beruhigend hob er die Hände.
    »Alles in Ordnung. So weit sich das bis jetzt abschätzen lässt, hat sie sich gut gehalten. Wir waren allerdings kein bisschen zu früh dran.« Er sah zu Tom. »Gedeckte Perforation.«
    Tom öffnete betroffen den Mund und schwieg dann. Bill schaute Nora an und erklärte: »Der Blinddarm war schon geplatzt. Glücklicherweise haben Darmfalten ihn so zugedeckt, dass nichts in den Bauchraum gegangen ist. Wie ich schon sagte, es war gerade noch rechtzeitig.« Bill blickte über die Schulter zurück. »Sie liegt noch in Narkose. Ich denke, in ein paar Minuten könnt ihr zu ihr, dann seid ihr bei ihr, wenn sie aufwacht. Meistens sind so kleine Kinder dann völlig durcheinander. Da ist es gut, wenn Mum und Dad gleich zur Stelle sind.«
    Tom nickte. Er war froh, dass die Operation vorbei war. »Danke, Bill.«
    Etwa fünf Minuten später standen sie im Aufwachraum neben Sophies Bett und betrachteten ihre Tochter. Nora war angenehm überrascht, wie klein das rechteckige, knapp handtellergroße Verband-Pflaster auf Sophies Bauch war. Gleich darauf entdeckte sie jedoch den dünnen Plastikschlauch, der seitlich vor der Hüfte aus ihr heraushing und zu einem Beutel führte, in dem sich Wundflüssigkeit sammelte. Sie schluckte und verzog das Gesicht.
    Tom war ihrem Blick gefolgt. »Das ist eine Dränage, Nora.

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