Wind der Traumzeit (German Edition)
unruhig verfolgte Nora später die Radiodurchsagen. Sie stand inzwischen bei Bill und Lisa im Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster. Auch wenn ihre Freunde sie und die Kinder mehr als warmherzig bei sich aufgenommen hatten, fühlte Nora sich fremd. Es bedrückte sie, auf Unterstützung angewiesen und ohne eigenes Heim zu sein. Sie seufzte. Auch Tom war noch nicht zurück. Sie war hin und her gerissen zwischen dem Gefühl des Alleingelassenseins und der Sorge umdas RFDS-Flugzeug mit Tom, Lisa und Phil, das noch nicht wieder sicher in Cameron angekommen war. Die Tatenlosigkeit machte sie hilflos. Froh darüber, dass die beiden Kleinen schon schliefen, ging sie schließlich in die Küche, um ein Abendessen vorzubereiten. Wenig später hörte sie die Haustür, und Bill streckte seinen Kopf durch die Küchentür.
»Hallo, Nora.« Er sah den gedeckten Tisch. »Oh, es gibt Essen. Ich verhungere! Ich zieh mich nur rasch um, ja?«
Sie freute sich. »Okay, es dauert ohnehin noch einen Moment.« Eine Viertelstunde später ließ er sich in Jeans und T-Shirt auf einen Küchenstuhl fallen. Nora klappte die Backofentür zu und wandte sich um.
»Hast du etwas von Phil gehört? Wie geht’s Lisa und Tom? Wann treffen sie hier ein?«
Bill streckte sich. »Die Zentrale hat sich vorhin in der Klinik gemeldet. Das Flugzeug ist bei den Garretts aufgehalten worden; dort kam noch ein Notfall herein, um den sie sich kümmern mussten. Phil war ziemlich ungehalten, weil er sich wegen des Rückflugs Sorgen macht. Er fürchtet vor allem, dass sie hier in Cameron nicht mehr landen können.«
Nora fuhr sich nervös durchs Haar. »Wieso? Ist der Flugplatz denn auch schon in Gefahr? Aber wie kommen sie denn dann nach Hause?«
»Nun, das müssen wir abwarten. Schlimmstenfalls müssen sie ausweichen …«
»Ja, wohin denn um Himmels willen? Landen sie dann in Broken Hill oder gar in Sydney? Und wir halten sie telefonisch auf dem Laufenden, ob hier die Häuser abbrennen oder die Kinder in Gefahr sind?« Das konnte doch alles nicht wahr sein. Jetzt hatte sie das Haus im Stich lassen und sich allein mit den Kindem bei Freunden einquartieren müssen, und nun war es auch noch ungewiss, ob Tom zu ihnen gelangen konnte. Bills Stimme riss sie aus diesen Gedanken.
»Du bist nicht die Einzige, Nora, die sich Sorgen macht. Lisa ist schließlich auch noch nicht zu Hause.«
Sie sah ihn sekundenlang an und senkte dann den Blick. »Ja, du hast Recht, Bill. Aber dieses dauernde Abwarten macht mich krank. Ich verstehe nicht, wie ihr Australier das aushaltet – abwarten, ob die Feuer näher kommen, abwarten, ob es nicht noch regnet, abwarten, ob die Maschine wieder landen kann …« Bill stand auf und legte einen Arm um ihre Schultern. »Es geht halt nicht anders. Die Natur lässt sich hier nichts befehlen, so sehr wir uns das manchmal auch wünschen. Na komm, lass uns erst mal essen. Vielleicht hören wir ja bald von den anderen.« Er schaute zur Treppe nach oben. »Schlafen die Kinder schon?« Er sah enttäuscht aus, als Nora nickte, und sie musste lächeln. Er war regelrecht vernarrt in die Kinder. »Aber Marie ist noch auf. Holst du sie zum Essen?« Bill ging zur Treppe. »Na klar.«
Nora stellte gerade die heiße Auflaufform auf den Tisch, als Bill zurückkam. Er strich ein wenig ratlos über seinen Vollbart. »Du … Marie ist nicht in ihrem Zimmer. Bist du sicher, dass sie hier ist?«
Nora wurde es augenblicklich zu warm. Sie dachte sofort an den Reitstall. »Natürlich.« Sie sah auf die Uhr. »Vor einer guten Stunde hab ich die Kleinen hingelegt, da lag sie auf dem Bett und hat gelesen.«
Bill ging zur Tür. »Ich schau mal im Garten und in der Garage nach. Vielleicht ist sie draußen.«
Nora folgte ihm und knetete nervös die Hände. »Sie wird dochnicht zum Stall gegangen sein?« Gleich darauf versuchte sie sich selbst zu beruhigen. »Aber das ist zu Fuß doch auch nicht zu schaffen, oder?«
Bill stand in der Garage und schaute über die Schulter zu ihr. »Lisas Fahrrad ist weg.«
Nora schloss die Augen. »Nein! Bitte nicht! Das kann sie einfach nicht gemacht haben … «
»Nora, bleib ruhig. Wir kriegen das schon hin.« Er überlegte einen Moment. »Ich fahre los und suche sie, du bleibst bei den Kleinen und am Telefon.« Er ging zum Wagen. »Sicher hilft mir die Feuerwehr vor Ort auch weiter. Mach dir keine Sorgen, die haben dort alles abgeriegelt. Sie wird gar nicht zum Stall durchkommen.«
Marie radelte verbissen gegen ihr
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