Wind der Traumzeit (German Edition)
ich’s gerade noch geschafft!« Marie lief auf ihn zu und umarmte ihn stumm.
Nora biss sich auf die Unterlippe, als sie sah, wie sie sich an ihren Vater schmiegte.
Max strich ihr über den Kopf und hob sie auf seinen Arm, als wäre sie drei Jahre alt und nicht neun. Er sah über ihre Schulter hinweg zu Nora. »Soll ich euch zum Flughafen fahren?« Nora schüttelte den Kopf. »Das ist lieb, Max, aber ich glaube, das würde es uns nur viel schwerer machen, meinst du nicht?«
Er nickte langsam und küsste Marie auf die Wange. »Mama hat Recht, mein Schatz … Rufst du mich an und schreibst mir?« Marie nickte nur. Es war offensichtlich, dass ihr der Abschied mehr als schwer fiel.
Der Taxifahrer hupte erneut, und Hermann Waldner griff nach dem Koffer, froh darüber, der Situation entfliehen zu können. Niklas schnappte sich den Rucksack und folgte seinem Großvater nach draußen.
Nora umarmte ihre Mutter und nahm ihr Sophie ab. »Ich melde mich, sobald wir angekommen sind, Mama. Mach dir bitte keine Sorgen, ja?«
Louisa Waldner nickte und wischte sich über die Augen. Nora stand nun mit Sophie auf dem Arm vor Max. »Wir bleiben doch in Verbindung, Max?«
Er kitzelte Sophie kurz unter dem Kinn und nickte. »Ja.« Sie sah ihn unverwandt an. »Und du kommst uns mit Nicky besuchen?«
Er legte die Hände auf ihre Schultern. »Ja, Nora. Wenn es mit den Ferien einigermaßen hinhaut, okay?«
Sie nickte stumm und musste schlucken, ehe sie antwortete: »Okay, Max. Bitte gib gut Acht auf unseren Sohn, ja?«
Er war berührt. »Und du auf unsere Tochter.«
Sie küsste ihn auf die Wange und trat zur Tür, denn sie fühlte mit absoluter Gewissheit, dass sie in Tränen ausbrechen würde, wenn sie nur noch eine Minute länger bliebe. Draußen umarmte sie ihren Vater und nochmals Niklas. Kuno lief aufgeregt winselnd von einem zum anderen. Als er schwanzwedelnd vor Nora stehen blieb und sie erwartungsvoll anschaute, gab sie Sophie Niklas. »Hältst du sie mal kurz, Nicky?« Sie ging in die Hocke und nahm Kunos Kopf in beide Hände. Den offenen Blickaus seinen klugen braunen Augen konnte sie kaum ertragen. Ihre Stimme klang unsicher. »Ich kann dich doch nicht mitnehmen, Kuno!« Sie strich über sein weiches Fell, während ihr die Tränen in die Augen traten. »Mach’s gut, Kuno, und pass gut auf Nicky auf!« Sie richtete sich auf, nahm Niklas Sophie ab und küsste ihn noch einmal, ohne darauf zu achten, dass ihr die Tränen inzwischen über die Wangen liefen. Dann stieg sie rasch ins Taxi. Als der Wagen rückwärts aus der Auffahrt fuhr, winkten sie den Zurückbleibenden zu. Sowohl Marie als auch sie selbst weinten. In diesen Sekunden sandte sie ein Stoßgebet zum Himmel, in dem sie darum bat, dass sie ihre Entscheidung für Tom und Australien auch wirklich nie würde bereuen müssen.
18
D ie ersten Wochen in Cameron Downs waren angefüllt mit neuen Erlebnissen und Plänen. Nora und Tom mussten feststellen, dass das Haus nicht genug Platz bot. Marie hatte zwar ein schönes helles, luftiges Zimmer bekommen, für Sophie aber war nur eine winzige Kammer übrig, die sich bei ansteigenden Temperaturen schnell aufheizte und nicht gut lüften ließ. Es stand fest, dass dies nur eine vorübergehende Lösung sein konnte. Da Tom in den letzten Jahren Geld beiseite gelegt hatte und Nora von Max monatlich Geld bekam (sie hatten sich auf diese Regelung geeinigt, da ansonsten das Haus in Hamburg hätte verkauft werden müssen), entschlossen sie sich schnell dazu anzubauen. Gemeinsam arbeiteten sie die Pläne dafür aus. In jeder freien Minute übte Nora mit Marie so viel Englisch wie möglich, und sie lernte rasch. Sie wusste, dass diese Sprache ihr den Alltag zu den Menschen hier eröffnen würde. Und sie wollte endlich dem örtlichen Reitverein beitreten. Dort lernte sie bald darauf andere Mädchen kennen, mit denen die ersten Verabredungen zu Stande kamen, die ihre Sprachkenntnisse weiter förderten. Als sie sich nach einigen Wochen eingelebt hatte, ermöglichten Nora und Tom ihr eine Reitbeteiligung an einem Pferd, an das sie schon kurz nach ihrer Ankunft in Cameron Downs ihr Herz verloren hatte. Sie konnte nun täglich nach der Schule reiten und sich um die schokoladenbraune Stute, die passenderweise den Namen Chocolate hatte, kümmern. Marie blühte förmlich auf, und Nora war mehr als froh zu erkennen, dass ihre alte Fröhlichkeit sowie ihr Selbstbewusstsein zurückkehrten.
Tom und Nora hatten sich in den vergangenen Wochen
Weitere Kostenlose Bücher