Wind der Traumzeit (German Edition)
lassen, mein Herz. Ich möchte es nämlich wissen und habe angekreuzt, dass sie es mitteilen sollen.«
Sie sah ihn prüfend von der Seite an. »Hast du nicht gesagt, es sei dir vollkommen egal, was es wird?«
Er beugte sich zu ihr und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. In den letzten Wochen hatte er eine Engelsgeduld entwickelt. »Ist es auch. Aber so kann ich mich schon konkret darauf einstellen, ich kann sogar schon über Namen nachdenken. Ich konnte schließlich noch nie einen Namen für ein Kind aussuchen.« Er grinste breit. Nora lehnte sich an ihn. »Es ist wirklich nicht so, dass ich michnicht freue, aber wir werden sehr viel weniger Zeit füreinander haben, Tom. Und wir haben schon jetzt nicht sehr viel Zeit, findest du nicht?«
Tom zog sie enger an sich und küsste sie. »Du machst dir zu viele Gedanken, glaub mir. Es wird bestimmt alles gut werden.« Nora rückte von ihm ab. »Du verstehst überhaupt nicht, was ich sagen will, oder?« Ihre Augen funkelten. »Mein Gott, Tom, wir beide werden genauso im Alltagstrott versinken wie damals Max und ich.«
Tom sah sie betroffen an und schwieg.
Nora lehnte sich zurück und betrachtete einen Moment die Blumenkästen auf der Verandabrüstung. »Weißt du, das mit uns, das ist etwas so Besonderes. Ich … ich will es festhalten. Und ich habe Angst davor, dass alles kaputtgehen wird. Du gehst in deinem Beruf auf, bist wichtig und rettest Menschenleben. Und zwischen den Schichten freust du dich auf uns. Aber ich? Ich sitze demnächst hier draußen mit drei Kindern. Sophie wird noch nicht einmal aus den Windeln sein, wenn das Baby kommt. Ich habe davon geträumt, hier mit dir gemeinsam zu leben … nicht nur deine Kinder aufzuziehen.« Sie spürte, dass sie sich zu hart ausgedrückt hatte, und fügte hinzu: »Ach, ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich sagen will. Ich liebe Kinder. Und ganz besonders unsere. Aber ich fürchte, dass unsere Ehe dabei auf der Strecke bleiben wird. Wir werden uns von ›wenn‹ zu ›wenn‹ hangeln, bis es zu spät ist …« Tom sah sie verständnislos an.
»Nun, zunächst werden wir sagen: ›Wenn Sophie keine Windeln mehr braucht …‹, dann: ›Wenn das Baby nicht mehr gestillt werden muss …‹, ›Wenn das Baby nachts nicht mehr schreit …‹, ›Wenn Marie Ferien hat …‹, ›Wenn Sophie in denKindergarten kommt …‹, ›Wenn …‹, dann wird alles leichter, dann gehen wir wieder einmal aus, dann fahren wir auch in Urlaub, dann denken wir wieder an uns.«
Tom schluckte unwillkürlich. Auf der einen Seite liebte er Noras Lebendigkeit und Diskussionsfreude, auf der anderen Seite traf sie den Nagel oft derart genau auf den Kopf, dass ihm der Wind aus den Segeln genommen war. Dennoch erwiderte er zuversichtlich: »Darling, wir schaffen das. Ich verspreche es dir. Wir werden gemeinsam eine Lösung für alles finden. Ich will auch nicht, dass du dir so viele Sorgen machst. Schau, wir haben Freunde hier. Lisa und Bill sind ganz vernarrt in die Mädchen. Und auch Kim oder Jason würden einspringen, wenn Not ist.« Er spürte, dass sie die Angst vor der neuen Situation lähmte und sie daran hinderte, sich zu entspannen. Vorsichtig nahm er ihre Hand und legte sie in seine Hände. »Soll ich mich um jemanden kümmern, der im Haushalt hilft? Oder wollen wir ein Aupairmädchen engagieren?«
Nora musste nun doch lachen. »Das fehlte mir noch. Eine schmachtende Halbwüchsige, die sich nach Dr. Morrison verzehrt.«
Tom lachte ebenfalls. »Und das, wo sich Dr. Morrison nur nach seiner Frau verzehrt.« Er küsste sie zärtlich. »Es ist schön, dass du wieder lachen kannst, Schatz.«
Nora betrachtete ihre Hände. »Ach Tom, ich weiß, dass ich in letzter Zeit ziemlich kompliziert war. Nach dem ersten Nachdenken gefiel mir ja im Grunde der Gedanke an ein Baby. Es ist dann aber so schnell gegangen. Am meisten stört mich das Gefühl, Niklas irgendwie zu verraten. Ihn habe ich in Deutschland zurückgelassen, und jetzt mache ich hier in Australien auf fröhliche neue Familie. Er wird denken, ich hätte ihn abgeschrieben,oder schlimmer noch, ihn ersetzt – mit noch einem Baby von dir.« Sie verstummte.
Tom sah betroffen drein. Wie hatte er nur annehmen können, dass sie den Abschied von Niklas verwunden hätte? Schuldbewusst musste er sich eingestehen, dass er in den letzten Wochen nicht einen Gedanken daran verschwendet hatte, ob sie noch damit zu kämpfen hatte. Er zog sie
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