Wind der Traumzeit (German Edition)
oras Herz schlug bis zum Hals, als sie den Wagen in der Auffahrt hörte und aus dem Fenster sah. Endlich war es so weit. Sie würde Niklas wieder sehen. Mit klammen Fingern zog sie die leichte Strickjacke über dem weiten T-Shirt zurecht. Aber auch die geschickt ausgewählte Kleidung konnte ihre Schwangerschaft nun nicht mehr verbergen. Innerlich rief sie sich bei diesem Gedanken zur Ordnung. Schließlich hatte sie auch nichts zu verstecken. Aber es machte ihr doch etwas aus, dass sie Max und Niklas, die sie beinahe ein Dreiviertel Jahr nicht gesehen hatten, nun mit einem deutlich sichtbaren Babybauch entgegentreten musste.
Marie kam eilig die Treppe hinunter. »Sie sind da! Sie sind da, Mama!«
Nora folgte ihr. Sie war froh, dass Sophie noch ihren Mittagsschlaf hielt. Marie stürzte draußen sofort in die Arme ihres Vaters, der sie lachend herumwirbelte. »Meine Güte, Marie! Wie bist du gewachsen.«
Niklas stand verlegen grinsend daneben. Auch er schien ein gutes Stück in die Höhe geschossen zu sein. Nora umarmte ihn vorsichtig. In ihren Augen standen Tränen. »Nicky! Ist das schön, dich wiederzusehen.«
»Nun wein bloß nicht, Mama, sonst geh ich wieder«, sagte Niklas, klopfte ihr betreten auf die Schulter und wandte sich dann Marie zu.
Nora blieb vor Max stehen und küsste ihn auf die Wange. »Hallo, Max. Ich freue mich wahnsinnig, dass ihr hier seid. Wie war der Flug?«
Max lachte. »Endlos.«
Marie zog ihren Vater energisch und aufgekratzt zugleich an der Hand hinter sich her, um ihm alles zu zeigen. Max war froh darüber, denn trotz der langen Zeit, die Nora und er nun getrennt waren, hatte ihm der Anblick ihres Schwangerschaftsbauchs einen Stich versetzt und ihn daran erinnert, wie nah sie sich früher einmal gestanden hatten.
Nora sah zu Niklas. »Komm, Nicky, ich zeig dir das Haus.« Er nickte und folgte ihr ein wenig beklommen. Nora hoffte inständig, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er auftaute. Sie hatte ihn so sehr vermisst, dass sie nun meinte, seine kühle Reserviertheit nicht länger ertragen zu können, die ihr das Gefühl gab, ihn für immer enttäuscht zu haben. Plötzlich kam ihr ein Gedanke, der sie in den nächsten Stunden nicht mehr losließ.
Als sie am Abend allein waren, hörte Tom ihr zu und runzelte die Stirn. »Das kann doch nicht dein Ernst sein, Nora. Wieso willst du denn um Himmels willen ganz allein mit Niklas in die Siedlung fahren? Ich könnte mir unter Umständen freinehmen. Oder vielleicht interessiert sich ja Max auch für die Künstlerwerkstatt.«
Nora legte den Kopf zurück und sah ihn herausfordernd an. »Meinst du, ich schaffe den Weg nicht alleine und brauche dringend männlichen Beistand?«
Tom verdrehte genervt die Augen. »Natürlich nicht. Aber der Weg ist streckenweise ziemlich holprig, und du bist im sechsten Monat. Wenn es dir unterwegs nicht gut geht, wäre ein zweiter Fahrer nicht schlecht.«
Nora erkannte, dass er sich Sorgen machte, und wurde sofort friedlicher. Sie betrachtete einen Moment ihre Hände und drehteihren Ehering hin und her. Sie sah plötzlich traurig aus. »Ich dachte, es wäre eine Möglichkeit, ungestört Zeit mit Niklas zu verbringen. Ich komme irgendwie gar nicht mehr an ihn heran. Ich fürchte, wir sind uns fremd geworden, und ich glaube, er hat immer noch Schwierigkeiten, mir das alles hier zu verzeihen.« Tom seufzte und fuhr sich durchs Haar. »Ach Nora.« Er setzte sich zu ihr und nahm ihre Hand. »Ich verstehe dich ja. Aber Vertrauen lässt sich auch nicht mit Gewalt herbeizwingen.« Sie schwieg.
Tom drückte ihre Hand. »Also meinetwegen. Aber du nimmst den Geländewagen. Der hat das bessere Funkgerät.« Er sah sie warnend an. »Wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, meldest du dich sofort, hörst du?«
Sie lächelte und gab ihm einen Kuss. »Ganz bestimmt. Mach dir keine Sorgen, es geht mir prächtig.«
Drei Tage später brach Nora mit Niklas auf. Max wollte möglichst viel Zeit mit Marie verbringen, und Tom nahm Sophie mit nach Cameron Downs, wo sich während seiner Dienstzeiten Carol vom Cameron Hotel um die Kleine kümmern wollte. Auch Caroline würde in ihrer Freizeit helfen.
Nora verspürte doch ein wenig Nervosität. Sie war noch nie so allein auf sich gestellt im Outback unterwegs gewesen. Dennoch schob sie alle unbehaglichen Gefühle gleich wieder beiseite. Sie würde zwei Tage mit Niklas zusammen sein. Gespannt fragte sie sich, wie es ihm wohl in der Siedlung gefallen würde. Sie musterte ihn aus
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