Wind Der Zeiten
Geste in Richtung der Campbells. »Angus kann das bezeugen.«
Cladaich spuckte aus, als er die Frauen und ihren Clansmann erblickte. »Campbells!«
»Meine Gäste«, sagte Alan verdächtig sanft, und der Mackenzie schluckt deutlich einen weiteren Kommentar hinunter. Gastfreundschaft war eine Tugend, die er respektierte.
Ich war überzeugt, dass es stimmte, was Alan sagte. Eine Lüge
wäre mit Sicherheit bald aufgeflogen und hätte Lachlan erst recht verdächtig gemacht. Aber er selbst war fort gewesen, auf der vergeblichen Jagd nach einem Wolf oder nach Viehdieben.
In diesem unglücklichen Moment spürte ich, wie er mich ansah. Voller Scham senkte ich rasch den Blick. Mein Herz machte einen gefährlichen Sprung, und ein zweiter folgte, als ich in einigen Gesichtern unserer Clansleute plötzlich Misstrauen las. Auch sie wussten über seine Abwesenheit Bescheid.
Das konnten sie doch nicht glauben! Doch ich musste mich fragen, ob ich nicht selbst für einen winzigen Augenblick zwischen seiner Abwesenheit und dem Überfall eine Verbindung für möglich gehalten hatte.
Ich kannte diesen Mann viel zu wenig, und jede weitere Facette seines Charakters, die ich entdeckte, gab mir neue Rätsel auf. Ganz tief in meinem Inneren hatte ich immer gewusst, ob die Menschen ehrlich mit mir waren. Oft hatte ich die hässliche Wahrheit einfach nur nicht sehen wollen. Und wenn ich jetzt in mich hineinfühlte, dann war ich absolut sicher, dass Alan etwas so Fürchterliches und Grausames niemals dulden, geschweige denn selbst tun würde.
Aber was war mit seinen Clansleuten? Wer ernsthaft glaubte, er sei ein Kind der Feen, der traute ihm womöglich sogar mehr als nur einen Mord zu. Die Wesen der magischen Welt waren für ihren grausamen Humor bekannt, und eine solche Tat würde durchaus zu den Geschichten passen, die sich die Highlander über sie erzählten.
Versuchte etwa jemand, ihm die Sache in die Schuhe zu schieben? Ich spürte, wie meine Knie zu zittern begannen. Duncan legte seine Hand auf meine Schulter und flüsterte: »Sei ganz ruhig, es wird sich alles aufklären.«
Er hatte natürlich Recht. Doch es war schon zu spät. Alan
wusste natürlich genau, was einige seiner Leute dachten. Obwohl er keine Miene verzog, glaubte ich seinen Schmerz über den Verrat in meiner eigenen Seele zu spüren, und ich schämte mich entsetzlich dafür, auch nur eine Sekunde lang wie sie gewesen zu sein.
Cladaich war nicht unsensibel, er hatte die leichte Veränderung in der Atmosphäre bemerkt und starrte Alan durchdringend an. »Und wo warst du?«
Alans Hand umfasste den Griff seines Schwerts, bis die Knöchel deutlich weiß hervortraten. Er wollte schon antworten, als Lachlan aufsprang. Wütend und bereit, jeden, der sich ihm in den Weg stellte, beiseitezuräumen.
»Niall Mackenzie ist immer ein guter Freund gewesen. Du kommst hierher und wagst es, erst mich und dann sogar den Gleanngrianach selbst des Mordes an seinem kleinen Bruder zu bezichtigen? Kein MacCoinnaich lässt so etwas auf sich sitzen.«
Bevor er weiterreden konnte, unterbrach ihn Alan. »Wir werden die Angelegenheit wie Ehrenmänner regeln. Mackenzie of Cladaich, ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, aber ich werde dir deine Frage beantworten: Ich war mit meinen Männern in Balgy, das ist – wie du sehr gut weißt – fast einen Tagesritt von Fearna entfernt.« Er hob die Hand, als Cladaich etwas sagen wollte. »Dafür habe ich Dutzende Zeugen, Balgy und Duncan hier«, er zeigte auf die beiden Männer, »sind nur zwei davon. Ich kenne dich, Mackenzie – du weißt längst, dass ich die Wahrheit spreche. Also sag mir, was du willst.«
»Dieses Mal kannst du dich nicht freikaufen, Gleanngrianach . Ich will die Mörder hängen sehen!«
»Wenn es meine Leute gewesen sein sollten, bei Gott, dann garantiere ich dir, dass sie ihrer gerechten Strafe nicht entgehen
werden. Und jetzt schlage ich vor, dass du mir erzählst, was genau geschehen ist und welche Spuren ihr gefunden habt.« Damit wandte er sich zu Duncan um, der den Weg frei machte, um die Männer vorbeizulassen. Dem Mackenzie-Chief blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Zwei seiner Ghillies begleiteten ihn, die Nachhut bildeten Lachlan und James.
Damit, so dachte ich, war es wohl vorbei mit der großen Feier. Aber ich irrte mich. Maggie MacRath begann zu singen, die Mädchen brachten auf einen Wink von Angus hin weiteres Essen herein, und die restlichen Mackenzies wurden aufgefordert, sich an Braten und
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