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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mehrere Männer mit solchen Hüten. Einer von ihnen drehte sich um, und zwar der Reiter mit der roten Jacke. Erschrocken sah er Mal an. Im nächsten Moment hatte er ihn erkannt und rannte mit gesenktem Kopf los.
            »Der in der roten Jacke!«, schrie Mal. Aber seine Beute war schon losgeprescht und um eine Häuserecke verschwunden.
            Mal rannte zum Hotel und eine Seitengasse entlang zum Stall. Erstaunte Passanten aus dem Weg stoßend, stürmte er über den Hof, um sein Pferd zu holen.
            »Wo ist mein Sattel?«, brüllte er einen Pferdepfleger an. »Ich hatte ihn hier in die Ecke gelegt.«
            »Haben Sie auch, junger Mann«, erwiderte der ältere Mann in aller Seelenruhe. »Jetzt regen Sie sich mal nicht so auf. Er ist nicht gestohlen. Ich habe Ihre Sachen in den Lagerraum gebracht. Eine so wertvolle Ausrüstung lässt man nicht einfach rumliegen.«
            »Wo ist der verdammte Lagerraum?«
            »Da drüben.« Der Mann wies mit dem Finger in die betreffende Richtung, und Mal eilte an ihm vorbei.
            Er griff nach seinen Sachen, entrollte seine Decke und holte Munition und ein Gewehr heraus. Dann hastete er nach draußen, um sein Pferd zu satteln.
            Wenige Minuten später stoben die Männer auf dem Hof auseinander, als Mal durch das offene Tor auf die Straße hinausgaloppierte und hinter Bartie Lee herjagte.
             
            Während Mal sich an die Fersen des Malaien heftete, versuchte er, sich den Mann und sein Pferd in allen Einzelheiten vorzustellen. Es war ein brauner Haflinger, der um die Augen und am Maul ein paar weiße Flecken aufwies. Doch eigentlich spielten nur drei Tatsachen eine Rolle: Der Reiter war allein. Das Pferd war nicht mit Proviant beladen. Eine Waffe war nirgendwo zu sehen.
            Für Mal bedeutete das, dass der Mann nicht für den Ritt über die Berge nach Cooktown ausgerüstet war. Vielleicht hatte er ja geplant, sich später mit allem Notwendigen einzudecken. Und da er nun enttarnt worden war, würde er sich sicher damit beeilen.
            Mals Pferd war ein Vollblut, das eigentlich keine Schwierigkeiten hätte haben dürfen, Bartie Lees Haflinger einzuholen. Doch nachdem er ihn vergeblich einige Kilometer weit verfolgt hatte, kam er zu dem Schluss, dass der Malaie sich irgendwo im Gebüsch versteckt haben musste. »Gewiss wagt er es nicht, an einem der wenigen Kolonialwarenläden am Stadtrand von Maytown Halt zu machen, solange ich ihm auf den Fersen bin«, überlegte Mal und beschloss umzukehren. Auf dem Rückweg suchte er einige Lichtungen und Seitenpfade ab und fragte Passanten, Straßenarbeiter und Leute, die am Straßenrand ihr Lager aufgeschlagen hatten, ob sie einen Asiaten in einer roten Seidenjacke gesehen hätten. Obwohl niemand dem Gesuchten begegnet war, ließ Mal nicht locker. Und als er sich mit einigen Straßenarbeitern unterhielt, erinnerte sich einer von ihnen tatsächlich an Bartie Lee, und zwar nur deshalb, weil der Malaie ihm gleich zweimal über den Weg gelaufen war.
            »Was?«, verwunderte sich Mal. »Wann denn?«
            »Das erste Mal, es war noch früh, ist er die Straße entlanggehetzt. Und dann, das ist noch nicht lange her, habe ich ihn mit ein paar anderen Chinesen unten am Buschpfad gesehen.«
            »Ist er gelaufen oder geritten?«
            »Gelaufen – das Pferd hatte er am Zügel.«
            »Danke«, erwiderte Mal. »Falls Sie ihm noch mal begegnen, schnappen Sie ihn sich. Auf seinen Kopf ist eine hohe Belohnung ausgesetzt.«
            »Gehört er zu den beiden auf dem Plakat?«
            »Ja.«
            »O Gott! Und wir haben ihn entkommen lassen!«
            Mal nahm sich nicht die Zeit, den Mann zu bemitleiden. Stattdessen eilte er den überwucherten Pfad entlang und schob niedrig hängende Äste und Schlingpflanzen, so dick wie Taue, beiseite, bis er auf ein heruntergekommenes Lager stieß, in dem Kulis hausten. Er stieg ab und starrte fassungslos auf die Haufen aus Wellblechstücken, Planen und Rinde, die in dieser ärmlichen Siedlung offenbar als Behausungen dienten. Er musste sich die Nase zuhalten, denn offenbar hatte niemand hier an die Einrichtung von Latrinen gedacht.
            Abgemagerte Kulis schlurften apathisch umher und nahmen Mal gar nicht zur Kenntnis, als er sich, das Pferd am Zügel, der ersten Gruppe von Hütten

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