Wind des Südens
näherte. Doch eine alte Frau kam herausgestürzt, um ihn fortzujagen. »Verschwinden Sie! Hier gibt es keine Mädchen. Gehen Sie weg!«, kreischte sie.
Mal antwortete ruhig auf Chinesisch: »Verzeihung, Mutter. Ich suche keine Mädchen, sondern einen bösen Mann. Einen Malaien. Wenn er herkommt und Sie es mir sagen, gebe ich Ihnen Geld.«
Ihre dunklen Augen leuchteten auf. »Bezahlen Sie jetzt sofort?«
Mal schüttelte grinsend den Kopf. »Erst müssen Sie reden.«
Sie spuckte aus. »Er versucht, sich als reicher Chinese auszugeben. Trägt eine rote Jacke …«
»Das ist er!« Als Mal in die Tasche griff und mit Münzen klimperte, erbot sich die Alte rasch, ihm die Stelle zu zeigen.
»Einen Moment«, sagte er. »Was ist das hier für eine Siedlung?« Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sofort auf ein Lager der Kulis getippt hatte, obwohl ihm noch nie eines untergekommen war, und er ahnte, dass man derartige Ansiedlungen wohl stets im Busch versteckte. Offenbar war er auf einen selten benutzten Hintereingang gestoßen.
»Hier wohnen die Kulis. Sie arbeiten in der großen Moonflower-Mine und kommen und gehen Tag und Nacht.«
»Und was machen Sie hier?«
»Hier gibt es einige Frauen, die ihnen zu Diensten sind. Nicht ich natürlich.« Sie kicherte. »Ich passe auf die Frauen auf, damit ihnen nichts zustößt.«
So kann man das auch nennen, dachte Mal und gab ihr einen halben Sovereign.
Da saß er, hockte im Schneidersitz auf einer Matte und spielte mit zwei Männern Würfeln. Sein dunkles Gesicht war unverkennbar. Die rote Jacke hatte er ausgezogen, so dass sein nackter, verschwitzter Oberkörper zu sehen war. Ein leichtes Ziel für eine Kugel.
Mal beobachtete die Männer, versteckt hinter dichtem Gestrüpp auf einer kleinen Anhöhe, von der man die fragliche Ecke des Lagers im Blick hatte. Er hörte sie plaudern, während Münzen klimpernd auf die Matte fielen und Hände gierig danach griffen.
Obwohl sein Gewehr auf den Mörder seiner Frau gerichtet war, konnte er nicht abdrücken.
Im Busch summten schrill die Insekten. Ein Kakadu pfiff. Die Nachmittagssonne sorgte für eine schwüle Hitze, und der Gestank des Lagers verbreitete sich in der näheren Umgebung. Um Mal herum welkten die Blätter, während er sich den Schweiß aus den Augen wischte und sich befahl, es endlich hinter sich zu bringen. Dann jedoch fiel ihm Jake Tussup ein. Dieser Kerl konnte ihn sicher zu Jake Tussup führen. Er musste wissen, wo Tussup steckte. Also setzte Mal sich in Bewegung, um sich Bartie Lee zu schnappen und ihn in seine Gewalt zu bringen. Die Kulis würden bestimmt die Flucht ergreifen. Und dann würde er Bartie Lee zur Polizei schaffen. Aber zuerst würde er ihm eine ordentliche Abreibung verpassen und die gewünschten Informationen aus ihm herausprügeln.
Plötzlich entstand auf dem Pfad hinter ihm Tumult. Mal hörte rasche Schritte und laute Männerstimmen. Verärgert über diese Störung, drehte Mal sich um, doch bevor er etwas erkennen konnte, drangen Rufe wie »Greift ihn euch!«, »Beeilt euch, Jungs!« und »Du bist ein verdammter Idiot, Davey!« an sein Ohr. Mal wurde klar, dass es sich um die Straßenarbeiter handelte. Sie waren hinter Bartie Lee und der Belohnung her.
Lee ahnte noch nicht, dass das Geschrei auf dem Pfad vor dem Lager ihm galt. Er und die Kulis blickten sich verdattert um, als Mal das Gewehr weglegte, auf die Hütte zuschlich und aus dem Busch sprang. Allerdings reagierte Bartie blitzschnell. Er machte einen Satz und rannte los, während Mal die Hütte umrundete und sich an die Verfolgung machte. Auch die erschrockenen Kulis, die das Ganze für einen der üblichen willkürlichen Überfälle bewaffneter Weißer hielten, fingen an zu laufen.
Das Tohuwabohu breitete sich rasch aus, und die Lagerbewohner stoben panisch in alle Richtungen auseinander. Bartie Lee hastete weiter, schlug wahnwitzige Haken um die Hütten, rempelte Hindernisse beiseite und überhäufte die Leute, die ihm im Weg standen, mit Verwünschungen. Mal schaffte es, ihn nicht aus den Augen zu verlieren, wurde jedoch von Verzweiflung ergriffen, als er feststellte, dass Bartie Lee auf den Busch zuhielt, wo es ihm nicht schwer fallen würde, ein Versteck
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