Wind des Südens
Früchte riechen sehr süß und schmecken köstlich. Aber bis jetzt ist mir dieser Genuss noch versagt geblieben. Hmmm. Falls die Minen noch mal florieren, gibt es auch wieder Belohnungen. Wir werden sehen.«
Bis jetzt hatte Chang vier Minen wieder eröffnet. Eine warf bereits ordentliche Erträge ab, und er erhielt dafür einen Bonus von zwei Prozent, was er als jämmerlich empfand. Allerdings tröstete er sich mit dem Gedanken, dass es Hunderte weiterer Minen gab, deren Untersuchung noch ausstand.
Er hatte mit Mr. Li außerdem ein anderes Thema besprochen.
»Ich habe einen Brief für Sie, Herr«, sagte er. »Von der Dame Xiu Ling Lu.«
»Ach ja. Eine vornehme Dame und eine liebe Freundin. Ihr Vater hat sie doch an unsere Kontaktleute in Tientsin empfohlen, richtig?«
»Richtig.«
»Setzen Sie sich. Ich werde Erfrischungen für Sie kommen lassen.«
Li nahm den Brief und zog sich zurück, während zwei Diener eine sehr willkommene Schale mit Huhn und Bohnen und eine Karaffe Wein servierten.
Chang hätte Herrn Li von der Tragödie erzählen können, die Xiu Ling Lu befallen hatte, doch er hielt es für unhöflich, dem Brief in irgendeiner Form vorzugreifen. Fragen konnte er schließlich auch später beantworten.
Und sein erschrockener Gastgeber wollte tatsächlich noch einiges von ihm wissen.
»Ihre Tochter ist ertrunken?«, rief Li aus, als er wieder ins Zimmer geeilt kam.
»Ja, Herr.«
»Worin liegt Ihre Verbindung mit der Familie Xiu und meinen Geschäftspartnern in Tientsin.«
»In Jun Liens Tod.«
»In dem Brief steht, die Umstände seien zu schmerzlich, um sie niederzuschreiben, weshalb Xiu Ling Lu diese traurige Aufgabe gern an Sie übertragen möchte.«
»Ja, Herr.« Chang berichtete ihm von der Meuterei, wie Mr. Willoughby es ihm erzählt hatte. Herr Li schnappte nach Luft.
»Wir haben hier davon gehört! Die junge Frau, die ertrunken ist. Das war …«
»In den Zeitungen war vermutlich von einer Mrs. Willoughby die Rede. Das war Jun Lien. Sie war mit einem Australier verheiratet.«
Entsetzt schlug Li die Hände vors Gesicht. »Ich bin erschüttert und wusste nicht, dass es sich bei dieser jungen Dame um die Enkelin meines Freundes Herrn Xiu handelte. Ach, es ist so traurig.«
Chang setzte seinen Bericht fort.
»Während wir uns in der Nähe des Anwesens der Xius befanden, nahm ich mir die Freiheit, der Dame Xiu mitzuteilen, dass ich eine Reise in dieses Land beabsichtigte, von dem ich schon so viel gehört hatte. Ich wolle meinen Horizont erweitern und möglichst auch meine Finanzen aufbessern, da es dort Gold geben solle. Die Familie Xiu hat sich mit Ihren Geschäftspartnern in Verbindung gesetzt, da sie wusste, dass Sie in diesem Teil der Welt tätig sind.«
»Ich verstehe.«
»Wissen Sie vielleicht, ob Mr. Willoughby schon hier eingetroffen ist?«
»Ich glaube nicht. Aber ich werde mich erkundigen. Die Dame Xiu bittet Sie als Gegenleistung für ihre Unterstützung um einen Gefallen. Wissen Sie, worum es sich handelt?«
Chang nickte.
»Also gut. Wenn Sie ihre Bitte erfüllen, werden Sie durch unser Büro in Maytown eine Vergütung erhalten. Sind wir uns darin einig?«
»Ja. Wann werde ich zu den Goldfeldern aufbrechen?«
»Am Morgen. Sie bekommen eine Eskorte. Bis dahin sind Sie in meinem bescheidenen Haus willkommen. Ich besitze viele Bücher über dieses Land, die Sie vielleicht interessieren werden.«
»Es wäre mir eine Ehre, Herr.«
Willoughby war noch nicht bis nach Cooktown gekommen. Er hatte die Route über Brisbane nehmen müssen, während Chang auf einem Dampfer, der Lis Geschäftspartnern gehörte, auf direktem Wege die Küste entlang nach Cooktown gefahren war. Das Schiff hatte viele Kulis an Bord. Auf dem Rückweg würde es mit Gold beladen sein und aus Angst vor Piraten schwer bewaffnete Wachen mitführen.
Chang befahl seinem Diener, Bartie Lees Pferd und das Sattelzeug zu verkaufen, während er etwas Geschäftliches erledigte. Sein Anliegen führte ihn in das Büro von Herrn Li, dem Jüngeren, wo er
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