Wind des Südens
geduldig auf eine Audienz wartete.
Der junge Herr Lee war ein rundlicher und fröhlicher Mensch, wie es sich nach Changs Ansicht auch für einen Mann gehörte, dem die Reichtümer dieser Erde zu Füßen lagen. Allerdings sah man seiner Umgebung nicht an, wie viel Geld die Familie Li scheffelte. Das Büro bestand aus einem Wellblechschuppen ohne den geringsten Komfort und war nur wenige hundert Meter von dem gewaltigen hämmernden Quetschwerk entfernt. Offenbar fanden die Brüder, dass das hübsche Anwesen in Cooktown genug Luxus für Menschen war, die nicht ewig hier bleiben wollten.
Endlich wurde er von dem großen Mann empfangen. Dieser stellte ihm einige Fragen über die neuen Minen und erkundigte sich dann, was er ihm denn Wichtiges mitzuteilen hätte.
Chang, der stehen geblieben war, entschuldigte sich für die Störung, da normalerweise Herr Lis Steuerberater für derartige Anliegen zuständig war.
»Bei unserer ersten Begegnung habe ich Sie über die Wünsche der Dame Xiu in Kenntnis gesetzt.«
»Ach ja«, meinte sein Arbeitgeber traurig. »Ein tragisches Ereignis. Und noch dazu ist es in hiesigen Gewässern geschehen. Wir sind immer noch bestürzt.«
Dann beugte er sich vor und musterte Chang forschend. »Haben Sie Glück gehabt? Ich möchte gern derjenige sein, der der Dame Xiu Bericht erstattet. Ich hatte sie immer sehr gern. Also, Chang, gibt es etwas Neues?«
»Der malaiische Obermatrose, der Jun Lien entführt hat, ist tot.«
»Wie? Wo?«
»Ich habe ihn erschossen. Vor zwei Stunden.«
»Haben Sie? Gut gemacht. Haben Sie die Leiche beseitigt?«
»Das war nicht nötig. Jun Liens Ehemann Mr. Willoughby übernimmt die Verantwortung. Notwehr, sagt er.«
»Warum sollte er das tun?«, fragte Li argwöhnisch. »Ich möchte die Dame nicht belügen.«
»Weil er weiß, wie hart die Behörden durchgreifen, wenn ein Chinese beteiligt ist. Ich könnte in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, obwohl der Mann ein gesuchter Verbrecher war.«
Li nickte. »Ich verstehe. Eine noble Geste, aber das Mindeste, was ihr weißer Ehemann tun konnte. Ich werde sofort veranlassen, dass Sie bezahlt werden.«
Chang verabschiedete sich in bester Stimmung. Die Goldfelder erwiesen sich für einen Mann mit seinen Talenten als sehr profitabel.
Unten an der Straße wurde er von seinem Vorarbeiter erwartet. »Herr, wir haben in einer Mine, die wir gerade geöffnet haben, einen entsetzlichen Fund gemacht. Tote Männer! Da drinnen sind Leichen. Ach, es ist grausig! Kommen Sie und sehen Sie selbst.«
»Nein, noch nicht. Zuerst verständige ich die Polizei. In diesem Land müssen wir uns wie mustergültige Bürger benehmen. Also: Immer zuerst die Polizei und das Gesetz.«
14. Kapitel
In diesem Jahr hatte es nicht genug geregnet, viel zu wenig, um den langen, trockenen Winter zu überstehen, wie sich die Rinderzüchter beklagten. Doch jetzt im März, als der Sommer allmählich zu Ende ging, kam ein gewaltiges Unwetter auf, und jeden Tag prasselten sintflutartige Niederschläge auf Cairns herab.
Niemand störte sich daran. So war es während der Regenzeit, und wenn sie in diesem Jahr ein wenig spät kam, war das immer noch besser als Trockenheit. Die Wassertanks wurden bis zum Rand gefüllt, und die Leute schworen, dass die Gräser fast einen halben Meter pro Tag wuchsen. In den Häusern wurde es dampfig, und die Frauen bekämpften den Schimmel an den Wänden und in den Schränken. Die Straßen verwandelten sich in Schlammkuhlen, so dass Abordnungen von Bürgern den neu gewählten Stadtrat aufforderten, sie so bald wie möglich trockenzulegen.
Zum Glück war das Dach von Clive Hilliers Haus schon fertig, und die vier Läden mit ihren erhöhten, überdachten Stegen aus Holz davor machten bereits einen viel versprechenden Eindruck. Angesichts des Zustands der Straßen wurden diese Stege von dankbaren Fußgängern gern benutzt, weshalb Ted Pask sofort loseilte, um sich bei Mr. Caporn zu erkundigen, ob die Läden von Apollo Properties ebenso Schutz vor Regen und Morast bieten würden.
»Aber selbstverständlich«, antwortete Neville lächelnd. »Die Stege werden sogar breiter sein als die vor Hilliers Gebäude.
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