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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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wenn ich dich je wieder dabei erwische, wie du mit diesem Willoughby sprichst.«
            Emilie tat jeder Knochen im Leibe weh. Da sie Angst hatte aufzustehen, blieb sie einfach liegen. Sie gab sich selbst die Schuld, weil sie Clives Versprechungen geglaubt hatte, und machte sich Vorwürfe. Warum hatte sie keine Waffe im Haus, um ihr ungeborenes Kind zu schützen? Nach einer Weile musste sie das Bewusstsein verloren haben, denn als sie erwachte, war es heller Tag. Der Regen prasselte aufs Dach, und sie hatte Blut im Mund. Da Clive, wie immer nach seinen gewalttätigen Ausfällen, verschwunden war, machte sie sich wie üblich an die Aufgabe, sich zu säubern. Nur dass es ihr angesichts des gebrochenen Unterarms diesmal schwerer fiel als sonst. Emilie war klar, dass sie ins Krankenhaus musste, um den Bruch schienen zu lassen, doch wie sollte sie das in ihrem Zustand schaffen? Nachdem sie einen Schal zu einer Schlinge gebunden und ihren Arm hineingelegt hatte, setzte sie sich erschöpft auf einen Stuhl. Sie wusste, dass sie nicht die Kraft hatte, zu Fuß zum Krankenhaus zu gehen. Draußen waren die Straßen wegen des unablässigen Regens menschenleer, und eine Unheil verkündende Stille hatte sich über die kleine Stadt gesenkt. Da niemand da war, der ihr helfen konnte, rollte Emilie sich auf dem Bett zusammen und schloss die Augen, um das Elend nicht mehr mit ansehen zu müssen.
             
            »Ich frage mich, was Mal Willoughby jetzt wohl vorhat«, meinte Esme zu Neville, als sie beim morgendlichen Tee in der Hotelhalle saßen.
            Er blickte aus dem Fenster, abgelenkt vom Anblick des pausenlosen Regens und der vom Wind abgerissenen Blätter, die auf der Straße lagen. »Verzeihung, Es. Was hast du gesagt?«
            »Ich frage mich, was Mal jetzt vorhat.«
            »Er wollte doch in den Busch. Ist dir klar, was das bedeutet? Er ist hinter Jake Tussup her.«
            »O nein! Warum überlässt er das nicht der Polizei? Woher kommt er eigentlich? Wo ist er zu Hause?«
            »Lyle hat erzählt, er sei in irgendeinem Provinznest aufgewachsen. Auf den Goldfeldern von Gympie hat er ein Vermögen verdient und sich anschließend auf den Weg gemacht, um mit einem Freund, den er dort kennen gelernt hatte, China zu erkunden. Dieser Freund war zufälig ein wichtiger Mann und Mitglied der Familie Xiu.« Neville breitete die Hände aus. »Geld kommt immer zu Geld. Manche Leute haben eben Glück.«
            »Und so ist er Jun Lien begegnet?«
            »Ja. Am besten bleibst du hier, Es. Ich will mich mal draußen umschauen.«
            »Warum? Was gibt es denn da zu sehen?«
            »Ich habe so ein komisches Gefühl. Woran erinnern dich denn dieser Regen und die Feuchtigkeit?«
            Esme war verdattert. »Ich weiß nicht.«
            »Doch, tust du schon. Überleg mal. Damals haben wir im Keller des Tennisclubs in Hongkong abgewartet, bis es vorbei war.«
            »O mein Gott. Meinst du, es könnte einen Wirbelsturm geben? Kommt so etwas hier überhaupt vor?«
            »Ich glaube ja. Weil mir gestern bereits mulmig war, habe ich mich erkundigt. Hier heißen solche Stürme Zyklone. In den letzten zehn Jahren gab es vier davon an dieser Küste. In anderen Städten zwar, aber allmählich habe ich den Verdacht, dass Cairns sein erster bevorsteht.«
            »Könnte es nicht nur ein Monsun sein?«, fragte Esme voller Hoffnung.
            »Vielleicht. Doch ich hole jetzt besser meinen Mantel, mache einen Spaziergang zum Hafen und plaudere mit ein paar Seeleuten.«
             
            Das Meer peitschte gegen die Ufer der Bucht, und die hohen Wellen schlugen gegen die mit Gras bewachsenen Abhänge. Die Palmen bogen sich in den warmen Windböen, die Regenwirbel vor sich hertrieben, als Neville die durchweichten Holzbohlen des Bootsstegs erreichte.
            »Zieht da draußen ein Sturm auf?«, sprach er einen alten Fischer an, der gerade Krabbentöpfe einsammelte.
            Der Mann nickte. »Kann sein.«
            »Einige meinen, es könnte ein Zyklon werden.«
            »Diese Leute könnten Recht haben, junger Mann. Aber manchmal drehen die Mistdinger. Der Sturm könnte hier oder siebzig Kilometer weiter südlich oder nördlich zuschlagen. Vielleicht fällt er auch auf dem Meer zusammen. Es hat keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu

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