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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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überlegte, ob er Jesse bitten sollte, ein paar Nachforschungen dahingehend anzustellen, ob im Busch unweit von Merthyr’s Ferry eine Leiche gefunden worden sei. Aber das war nicht möglich. Außerdem war es vermutlich auch noch zu früh, denn hier draußen gab es keine Telegrafenleitungen. Und eigentlich spielte es gar keine Rolle. Er würde Chang und Wu Tin, seinen Komplizen, bei der Polizei abliefern müssen, die daraufhin Ermittlungen einleiten würde. Wenn man die Leiche nicht fand – oder wenn es gar keine gab –, würde man das Verfahren einstellen. Wenn doch, würde man die beiden Chinesen wegen Mordes aufknüpfen.
            »Ich gehe rüber zum Pub«, verkündete Mal, marschierte los und wünschte, Chang und Wu Tin würden aus seinem Leben verschwinden.
            Der Pub war nur eine Bretterhütte auf der anderen Straßenseite. Von seinem Platz an der offenen Tür konnte Mal sehen, dass Wu Tin in einem Kessel über dem Lagerfeuer Teewasser kochte. Chang lehnte rauchend an einem Baum.
            Nun musste Mal sich entscheiden. Ich liefere sie aus, dachte er, während er sich noch ein Bier holte. Ganz bestimmt. Aber noch nicht jetzt. Erst wenn ich sicher weiß, dass sie Tussup wirklich auf dem Gewissen haben und es sich nicht um eine Lügengeschichte handelt, mit der Chang sich wichtig machen will. Sobald man die Leiche findet und die Nachricht in Cairns eintrifft.
            Bis dahin hatten die zwei sich jedoch vielleicht schon längst aus dem Staub gemacht und das nächstbeste Schiff bestiegen.
            »Außerdem,« so sagte Mal sich, »glaubst du doch nicht im Ernst, dass Chang diese Geschichte nur erfunden hat. Du weißt, dass er der Mörder von Tussup ist. Du suchst nur nach Ausflüchten. Warum? – Weil du nicht ins Gefängnis willst!« Fast hätte er es laut herausgerufen. »Er kann dich erpressen. Du hast Angst, dass man dich wieder wegen einer Tat einsperrt, die du nicht begangen hast. Du hast eine Todesangst vor dem Gefängnis, und deshalb bist du wie gelähmt. Du wagst nicht, dich zu rühren, und bringst es nicht über dich, zur Polizei zu gehen und zu riskieren, dass diese beiden Schweinekerle einander ihre Unschuld bestätigen. Warum grübelst du also ständig darüber nach? Tussup ist tot. Es ist nicht dein Problem. Vergiss es.«
            Ein Mann kam auf ihn zu und sprach ihn an. »Hallo, alter Junge. Sind Sie nicht Sonny Willoughby, der vor ein paar Jahren fast wegen Goldraubs unschuldig am Galgen gelandet wäre?«
            »Nein«, zischte Mal, schob den Mann beiseite und schritt in den grellen Nachmittag hinaus. Sein Kopf schmerzte, als er die Straße entlangging, in der Hoffnung, dass sich der Gouverneur und seine Leute noch auf der Lichtung am Fluss befanden. Doch es war niemand mehr da. Nur die schimmernden neuen Zelte waren, bewacht von ein paar Dienstboten, stehen geblieben. Er beobachtete einige Kängurus am Rand des Regenwaldes, während in den dichten Palmen über ihnen die Vögel kreischten. Auf einmal hatte er diese Gegend satt. Er hatte genug vom Dschungel, von schwülen Nächten und Regen zur falschen Jahreszeit und von den gottverdammten Insekten. Er vermisste die geschwungenen Hügel und die frische Luft des Südens, das weite Land und die kühle Brise, die vom Pazifik herüberwehte.
            »Zeit, nach Hause zurückzukehren«, sagte er sich. »Und wieder ein normales Leben zu führen.«
            Eigentlich hatte er vorgehabt, eine Schaffarm am Condamine River zu kaufen, eine Gegend, die er gut kannte. Dort hatte er mit Jun Lien leben wollen. »Und sie waren glücklich, bis an ihr Lebensende«, höhnte er. Nach ihrem Tod hatte er diesen Plan aufgegeben. Doch was sollte er sonst tun – außer ziellos durch das Land zu streifen? Er hatte keine Familie, an die er sich hätte wenden können. Seine Schwester hatte sich von ihm abgewandt, als er in Not gewesen war, und sein eigener Onkel hatte ihn sogar an die Polizei verraten, um die Belohnung zu kassieren. In den letzten Jahren hatte er davon geträumt, ein gutes Stück Land zu besitzen, auf dem reinrassige Schafe weideten. Vielleicht war es ja das Beste, eine Zucht zu beginnen … Merinos … das war doch eine gute Idee.
            »Eine sehr gute sogar«, sagte er sich. »Also fang endlich damit an.«
            Als er zum Lager zurückkehrte, waren Chang und Wu Tin dabei, sich heftig zu streiten.
            »Was ist los?«, erkundigte sich

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