Wind des Südens
Neusüdwales?«
»Ja.«
»Dann befindet er sich leider nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Gerichtsbarkeit von Queensland.«
»O nein!«
»Kein Problem. Ich stimme zu, dass dieser Schurke nicht ungeschoren davonkommen darf, Mr. Willoughby, und wenn es nur darum geht, dass Sie Ihren Seelenfrieden finden. Ich glaube, Sie müssen diese letzte Sache erledigen, bevor Sie die Tränen ablegen können, wie die Aborigines das Ende der Trauerzeit nennen.«
»Ja, davon habe ich gehört, Mr. Landfield, aber ich habe … es irgendwie nie auf mich selbst bezogen.«
Lanfield nickte. »Es musste einmal gesagt werden. Und nun gehen wir Tussups Rolle während der Ereignisse auf der China Belle noch einmal durch.«
Nachdem sie das Thema eingehend erörtert hatten, klopfte Lanfield auf den Schreibtisch. »Sehr gut. Jetzt möchte ich, dass Sie die Angelegenheit ein paar Tage lang mir überlassen. Stürmen Sie bloß nicht los, um Tussup zu suchen. Ich kenne einen Herrn in Sydney, der das für mich übernehmen wird. Es handelt sich um einen Mr. Fred Watkins, einen ausgezeichneten privaten Ermittler. Er wird zunächst Erkundigungen einziehen, ob Tussup wirklich wie vermutet in seiner Heimatstadt untergetaucht ist.«
»Es würde mich nicht wundern, wenn er sich außerhalb dieser Kolonie in Sicherheit wähnt.«
»Vermutlich ist er das auch, was unsere Polizei betrifft. Er hat am eigenen Leibe erlebt, wie hier geschlampt wird, und geht vermutlich davon aus, dass die Polizei in Neusüdwales sich noch weniger für den Fall interessiert. Aber zuerst müssen wir ihn einmal finden. Ich schreibe an einen Kollegen in Sydney, der Prozessanwalt ist. Möglicherweise ist die Gesetzeslage dort anders. Wenn alles klappt, können Sie sich an ihn wenden.«
»Gut«, sagte Mal. »Ich glaube, diesmal entwischt Tussup mir nicht.«
»Mag sein. Kommen Sie am Freitagvormittag wieder. Um dieselbe Zeit. Ich werde Mr. Watkins telegrafieren. Vielleicht weiß er bis dahin schon etwas. Also keine Alleingänge, Mr. Willoughby. Überlassen Sie bitte alles mir.«
Mal war so froh über Lanfields Hilfe, dass er beinahe Luftsprünge gemacht hätte, als er die Edward Street hinaufeilte. Endlich glaubte er, ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Es gab allerdings ein Problem, und das war Constance. Nach Raymonds Worten zu urteilen, waren ihre Nerven nach den erlittenen Strapazen immer noch zerrüttet, so dass sie sich vor der Welt zurückgezogen hatte. Sie war sogar bereit, sich in eine Anstalt einsperren zu lassen, dachte Mal und fand das sehr sonderbar. Wie sollte sie denn ihre Angst vor ihren Mitmenschen überwinden, wenn sie allein in einem Zimmer saß? Ihm kam diese Behandlung eigenartig vor. Außerdem bedeutete das nichts Gutes für Lanfields Plan, der vorsah, dass sie vor Gericht aussagte.
Fast hätte es Mal geschafft, einen weiteren Zweifel beiseite zu schieben, der ihm in den Sinn gekommen war: Auch wenn Jake Tussup sich in seinem Wahn, unbedingt die Küste erreichen zu müssen, an der Entführung der beiden Frauen beteiligt hatte, so hatte er Constance immerhin bei ihrer Flucht geholfen. Das hatte sie selbst beteuert. Und zwar wiederholt.
Er beschloss, den anderen seine Unterredung mit Lanfield vorerst zu verschweigen. Möglicherweise hatte Raymond ja zur Abwechslung mal eine gute Idee.
Am folgenden Abend waren sie bei Raymond und Lavinia Lewis zum Essen eingeladen. Mal erklärte sich nur auf Esmes Drängen bereit, die beiden Damen zu begleiten.
»Es wird eine traurige Angelegenheit werden«, meinte sie. »Wie eine Totenfeier für uns beide. Aber wir müssen hin.«
»Ich nicht«, widersprach er.
»Doch. Sonst bleibe ich auch hier.«
»Also gut«, stimmte er schließlich zu. »Wahrscheinlich ist das Essen besser als im Hotel. Was die einem hier auftischen, ist noch schlimmer als der Fraß im Pub an der Ecke.«
Der Abend verlief, wie Mal zugeben musste, doch recht angenehm. Die Küche im Hause Lewis war gut und herzhaft, und Mal fand in Lavinia eine anregende Gesprächspartnerin.
Es wurde viel über Constance und ihren kläglichen Zustand gesprochen. Bei Eleanors und Esmes Besuch hatten alle drei Frauen bitterlich
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