Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
er unverblümt fort. »Jun Lien ist gestorben. Also freuen Sie sich darüber, so wie ich damals. Die zwei der Männer, die das Schatzamt bewachten, wurden erschossen. Ich war der dritte und hatte Glück, mit dem Leben davonzukommen. Constance, wir beide sollten froh sein, dass wir es hinter uns haben, finden Sie nicht?«
            »Wahrscheinlich haben Sie Recht, Mal. Es ist nur alles so ungerecht.«
            »Ja, da stimme ich Ihnen zu. Mögen Sie eigentlich Pferde?«, fragte er, um das Thema zu wechseln und ihre Niedergeschlagenheit nicht noch zu steigern.
            »Ja, ich bin zu Hause viel geritten, allerdings nie in Hongkong.«
            Mal war überrascht. »Zu Hause? Wo sind Sie denn zu Hause?«
            »In England. Mein Vater lebt dort, und ich würde ihn gern wieder einmal sehen. Ich möchte nicht in Brisbane leben, ich hasse diese Stadt.«
            Stück für Stück gewann Mal ihr Vertrauen, und jede Kleinigkeit half ihm dabei. Mit der Zeit wurde ihm klar, dass es für sie beide einen Ausweg gab.
            »Wenn Lanfield es schafft«, murmelte er.
             
            Am nächsten Tag fragte er Constance nach Jake Tussup. »Stimmt es, dass Sie ihn sehen wollen?«
            »Ja. Mir ist klar, dass Sie einen Groll gegen ihn hegen, aber ich muss mit ihm sprechen. Wissen Sie, wo er ist?«
            »Geben Sie mir einen oder zwei Tage Zeit. Kann sein, dass ich ihn aufspüre.«
            Constance sah ihn eindringlich an. »Meinen Sie das ernst, Mal?«
            »Ich tue mein Bestes, Constance.« Er hatte Mitleid mit ihr. Eine schöne Frau wie sie sollte sich draußen in der Welt amüsieren. Schließlich war sie erst Anfang dreißig. Er fragte sich, warum sie Lyle geheiratet hatte. Er war ein hoch gewachsener Mann mit einer würdevollen Haltung, sie eine schlanke Blondine. Sie gaben ein hübsches Paar ab, aber er musste doppelt so alt sein wie sie.
            Auf dem Rückweg in die Stadt war Mal mehr denn je entschlossen, Tussup zu finden. Hatte sich der Mistkerl je die Mühe gemacht, innezuhalten und über die entsetzlichen und weit reichenden Konsequenzen seines Handelns nachzudenken? Mal wünschte sich, ihm all das unter die Nase reiben zu können – zusammen mit einer Hand voll Schlamm.
             
            Am Nachmittag unternahmen Mal und Esme einen Spaziergang im botanischen Garten. Sie war erleichtert, dass er sie endlich wieder als eigenständigen Menschen und nicht nur als Anhängsel von Eleanor wahrnahm. Sie mochte Eleanor zwar sehr gern und war ihr für ihre Güte ausgesprochen dankbar, wusste aber, dass sie bald weiterziehen musste, ganz gleich, welche Schwierigkeiten es dann zu meistern galt. Sie hatte sich dem angenehmen Leben als Gesellschafterin einer älteren Dame hingegeben, und das gefiel ihr gar nicht. So etwas hatte sie schon oft genug beobachtet: Allein stehende oder verwitwete Frauen tappten häufig in diese Falle und verwandelten sich in das, was Esme stets als »graues Mäuschen« bezeichnet hatte. Deshalb war sie fest entschlossen, dergleichen zu vermeiden.
            Mal schlenderte die Pfade des wunderschönen Parks am Flussufer entlang und wies Esme auf einheimische Bäume und Pflanzen hin. Als er oben in einem Eukalyptusbaum einen Koala bemerkte, versuchte er, ihn herunterzulocken.
            »Keine Chance«, meinte Esme lachend. »Aber ist er nicht niedlich? Darf man Koalas eigentlich als Haustiere halten?«
            »Nein. Es wäre sowieso zu schwierig, sie zu ernähren. Sie fressen nichts anderes als die Blätter dieser Bäume.«
            »Wie verstehen Sie sich mit Constance?«, fragte sie ihn, ohne einen Anflug von Gereiztheit unterdrücken zu können. »In letzter Zeit sind Sie viel bei ihr.«
            »Ich weiß, aber das ist notwendig. Je mehr Besuch sie bekommt, desto besser. Da kann der große Herr Doktor noch so missbilligend den Kopf schütteln.«
            »Gehen Sie nicht zu streng mit ihm ins Gericht. Im Vergleich mit den Menschen, die normalerweise solche Anstalten leiten, ist er ziemlich in Ordnung.«
            »Ja, aber ich glaube, er lässt seine Kundschaft nur ungern ziehen. Die Patienten sterben nicht an ihren Krankheiten, und sie werden auch nicht gesund. Ein angenehmer Arbeitsplatz, wenn Sie mich fragen. Man sitzt nur da und faselt etwas von Behandlung. Das könnte ein Papagei genauso gut

Weitere Kostenlose Bücher