Wind des Südens
bunten japanischen Sonnenschirm in der Hand, erschien Mrs. Plummer, um dem Schiff nach Sydney nachzuwinken. Zu Mals Enttäuschung war Esme nirgendwo zu sehen.
»Ich fand, dass Sie und Esme so ein reizendes Paar abgeben«, meinte Mrs. Plummer zu ihm. »Aber Esme sieht wohl keine gemeinsame Zukunft für Sie beide. Natürlich freue ich mich, dass sie mit mir nach Cairns zurückkehrt.«
Mal stöhnte auf. »Nach Cairns? Ich habe gehofft, sie würde hier in Brisbane warten.«
»Worauf?«
»Auf meine Rückkehr.«
»Ich verstehe.« Mrs. Plummer zog die Augenbrauen hoch und musterte ihn. »Warum sollten Sie zurückkehren?«
Mal stieß einen entnervten Seufzer aus. »Natürlich wegen Esme. Falls sie das will …«
»Tja, und warum haben Sie ihr das dann nicht gesagt?«
»Ich weiß nicht, Mrs. Plummer. Ich habe es versucht. Es ist so schwer festzustellen, was das Beste wäre. Und zwar langfristig betrachtet. Jetzt muss ich nach Süden, nicht nur, um ein Wörtchen mit Tussup zu reden. Ich möchte auch mehr über das Stück Land erfahren, das ich kaufen will.«
»Und wo genau ist das? Etwa noch weiter weg? Kein Wunder, dass Esme so durcheinander ist. Ständig verschwinden Sie irgendwo in der Wildnis.«
Mal nahm Mrs. Plummer bei den Händen. »Diesmal will ich nicht in die Wildnis. Vertrauen Sie mir. Das Land ist ganz in der Nähe von Brisbane.« Er grinste. »Ein Katzensprung sozusagen. Könnten Sie Esme von mir ausrichten, dass ich ihr schreiben und alles erklären werde?«
»Da müssen Sie schon etwas mehr bieten.«
»Was?«
Mrs. Plummer klappte den Sonnenschirm zu. »Ich glaube, dieses Ding nützt gar nichts gegen die Sonne.«
»Weil es aus Papier ist«, entgegnete Mal. »Die Sonne brennt eher ein Loch hinein.«
»Tja, dann sollte ich mich besser auf den Weg machen. Zeit, dass Sie an Bord gehen, Mal.«
»Moment noch, bitte warten Sie, Mrs. Plummer. Sagen Sie Esme, dass ich sie liebe. Werden Sie das für mich tun?«
»Und?«
»Und was? Oh, schon gut. Ich verspreche, so schnell wie möglich zurück zu sein. Sobald ich das richtige Stück Land gefunden habe und Gutsbesitzer geworden bin. Dann kann ich ihr ein Zuhause bieten, denn das ist es, was wir beide brauchen.«
Mrs. Plummer strahlte. »So ist es recht, mein Junge.«
Lavinia amüsierte sich großartig in Sydney. Sie und Lady Horwood wohnten bei Mr. und Mrs. Somerville in ihrer Villa mit Blick auf die Rose Bay. Die Somervilles waren die Eltern von Raymonds verstorbener Frau. Als die SS Liverpool in den Hafen einlief, befanden sie sich schon seit einer Woche in Sydney – und was für eine Woche das gewesen war! Julia Somerville wusste, wie man seine Gäste bei Laune hielt. Jeden Tag stand eine Unternehmung auf dem Plan: Einladungen zum Mittagessen, Ausflüge – sogar in den Zoo – und Besuche in Museen und Galerien. Die Abende waren dem geselligen Beisammensein oder Restaurantbesuchen nach dem Theater vorbehalten.
Wie erwartet weigerte sich Lady Horwood, sich daran zu beteiligen, doch das störte Lavinia nicht weiter. Sie hatte Constance als Anstandsdame nach Sydney begleitet, damit die junge Frau dort ihren Vater vom Schiff abholen konnte. Ihre Pflichten waren damit erfüllt.
Sie lächelte spöttisch, als sie sich daran erinnerte, wie sie Lyle hatte überreden müssen, seiner Frau etwas Geld zu geben.
»Der alte Schuft«, meinte sie zu Raymond. »Constance hat keinen Penny. Lass ihn ja nicht entwischen.«
»Braucht sie denn Geld? Hier hat sie doch alles.«
»Das hat nichts damit zu tun. Sie braucht Geld, und zwar nicht nur ein paar Pfund. Bring Lyle dazu, ein Bankkonto für sie zu eröffnen. Und vergiss nicht, dass ihr gesamter Schmuck auf dem Schiff gestohlen wurde. Wie soll sie in Sydney ohne Schmuck unter die Leute gehen? Um Himmels willen! Außerdem muss sie sich neue Kleider kaufen, und zwar eine ganze Menge. Und jetzt kümmere dich sofort darum!«
Raymond hatte alles erledingt – nach einer geraumen Weile, und er hatte sich lange bitten lassen. Daraufhin hatte Lavinia Reisekleidung, Abendroben und eine Auswahl von Schmuckstücken bestellt,
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