Wind des Südens
»Lyle soll das Haus in Brisbane und seine Dienstboten, die Constance wie ein Stück Vieh behandeln, behalten. Sie will sich scheiden lassen, und ich werde dafür sorgen, dass das reibungslos klappt und sie einen angemessenen Unterhalt bekommt. Das halte ich für die beste Lösung«, fügte er bedrückt hinzu. »Jede Frau wird zum Nervenbündel, wenn sie von einer Verbrecherbande verschleppt wird.«
»Am meisten macht ihr zu schaffen, dass sie sich schämt. Sie hat Angst, weil die Leute glauben, sie wäre unsittlich belästigt worden, da sie mehrere Nächte allein mit den Männern im Busch verbracht hat. Wenn sie das überwindet, sieht sie vielleicht wieder Licht am Horizont.«
Der Junge, der gerade auf der Hasenjagd war, hörte die Schüsse und rannte den Hügel hinunter zu dem alten Bauernhaus. Er sah den Reiter auf der Straße davonpreschen und eilte auf den Hof, wo er, zusammengesackt vor dem Holzstapel, einen Mann fand. Boysie Hume hielt den Mann für tot. So über und über mit Blut bedeckt, musste er einfach tot sein. Seine Augen, die im Schatten lagen, waren geschlossen.
Boysie war soeben zu dem Schluss gekommen, dass er sofort jemandem erzählen musste, ein Mann sei von einem Banditen erschossen worden, als der vermeintliche Tote ein Stöhnen ausstieß. Boysie machte vor Schreck einen Satz.
Dann stürmte er los. Nur schnell weg von hier und die Straße entlang. Dabei schrie er wie am Spieß.
Die Nachbarn strömten herbei. Gebannt sah Boysie zu, wie sie die blutende Wunde mit zerrissenen Bettlaken verbanden, den Mann in eine Decke wickelten, ihn vorsichtig auf einen Karren legten und ihn zum Krankenhaus von Goulburn in der Sloane Street brachten. Boysie fuhr hinten auf dem Karren mit, und als die Sanitäter mit einer Trage erschienen, um den Mann hineinzuschaffen, folgte Boysie ihnen auf den Fersen.
Doc Flaherty, der hereingehastet kam, um den Verletzten zu untersuchen, schob Boysie beiseite.
»Wer war das?«, rief er, während er die blutende Wunde in Augenschein nahm.
»Willoughby«, erwiderte Boysie. »Das hat er mir unterwegs gesagt.«
»Wer hat das getan?«, erkundigte sich der Arzt noch eimal bei dem Opfer, ohne auf Boysie zu achten.
»Willoughby«, flüsterte Jake mit schwacher Stimme.
»Sehen Sie, ich hatte Recht«, verkündete Boysie. »Willoughby ist es gewesen.«
»Wer ist Willoughby?«, wollte eine Schwester wissen, doch keiner konnte ihr das beantworten.
»In dieser Gegend gibt es keinen Willoughby«, meinte Boysie. »Bestimmt ist es ein Bandit.«
»Boysie«, erwiderte der Arzt. »Am besten verschwindest du jetzt. Wenn du dich nützlich machen willst, geh zur Polizei. Ach, Moment noch. Wie heißt denn dieser Bursche?«
»Keine Ahnung«, entgegnete der Junge und rannte los.
Er hatte es nicht weit, denn Constable Jackson band schon sein Pferd an den Lattenzaun vor dem Krankenhaus.
»Das ist verboten«, teilte Boysie ihm mit. »Hier darf man keine Pferde anbinden. Die Oberschwester kriegt einen Tobsuchtsanfall.«
Das Pferd blieb stehen, wo es war, der Constable öffnete das Tor und eilte entschlossenen Schrittes den Pfad entlang. Boysie folgte ihm.
»Sie sind doch sicher wegen der Schießerei hier.«
»Ja.« Jackson hatte die offene Eingangstür schon erreicht, da der Zaun dicht vor dem Gebäude stand. Boysie fand übrigens, dass das Krankenhaus wie eine düstere alte Scheune aussah.
»Ich weiß, wer es war.«
»Wirklich?«
Boysie grinste selbstzufrieden. Endlich war er einmal klüger als die Polizei. »Ja. Willoughby ist es gewesen. Und ich habe ihn gesehen. Er ist weggeritten, als wäre der Teufel hinter ihm her.«
Der Polizist und der Junge warteten vor dem Operationssaal. Niemand konnte sagen, wer das Opfer war, doch Boysie erklärte, der Mann habe an dem alten Bauernhaus an der Dangar Road gearbeitet. Eine Krankenschwester gab Boysie ein Stück Kuchen und schickte die beiden weg. Sie meinte, es mache keinen Sinn, auf dem Flur herumzustehen, da der Verletzte noch stundenlang nicht ansprechbar sei. Er habe eine Kugel in der Brust, sein Zustand sei ernst.
Der Constable nahm Boysie auf
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