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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Gefühle für Jake im Widerspruch zu ihrer Rolle als Zeugin der Anklage standen, wagte sie nicht, weiter über ihn nachzudenken. Denn das konnte nur zu zusätzlichem Durcheinander führen.
            Durcheinander! Sie holte tief Luft. »Vater hat Recht«, sagte sie sich. »Wirklich. Ich werde mich freuen, wieder zu Hause in England zu sein und all das endgültig hinter mir zu lassen.« Wie ihr einfiel, war dieser Vorschlag ursprünglich von Mal gekommen: »Warum kehren Sie nicht zurück nach London?«, hatte er gefragt. »Sie können nicht in diesem Irrenhaus bleiben.«
            Sie lächelte. Irrenhaus! Typisch Mal, die Dinge einfach beim Namen zu nennen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, mich dort verkriechen zu wollen. Ich wusste nicht mehr, was ich tat. Und ohne gute Freunde wie Mal und Raymond wäre ich wohl immer noch dort eingesperrt.
            »Dafür wirst du mir büßen, Lyle Horwood«, sagte sie sich, als sie aufstand und die Hüllen von den Spiegeln nahm. »Diese Scheidung wird dich etwas kosten, darauf kannst du Gift nehmen. Und dann werde ich als wohlhabende Lady Horwood nach London zurückkehren.«
             
            Mal hatte das Gefängnis verlassen dürfen. Um den Reportern, die hofften, dass sein Alibi einer polizeilichen Überprüfung nicht standhalten würde, aus dem Weg zu gehen, hatte er sich ins Hotel Imperial geflüchtet.
            Zum Glück hatte er in weiser Vorraussicht seine Dokumente zurückverlangt, die während seiner Haft ungelesen geblieben waren. Denn er befüchtete, dass seine Absicht, Anklage gegen Jake Tussup zu erheben, nur zu einer weiteren Flut von Vorwürfen von Seiten der Polizei führen würde. Dass er das Opfer der Schießerei so gut kannte, konnte ihm zum Verhängnis werden.
            Sein Anwalt hatte ihm geraten, sich vom Krankenhaus fern zu halten, und Mal hatte nichts dagegen einzuwenden. In seinem derzeitigen Zustand war es ohnehin nicht möglich, Tussup eine Vorladung zuzustellen. Und eigentlich konnte er den Rechtsweg für den Moment sowieso vergessen. Warum hat der Mistkerl behauptet, dass ich auf ihn geschossen habe?, dachte Mal ärgerlich. Anfangs hatte er vermutet, dass Tussups kritischer Zustand nur vorgetäuscht war, doch sein Anwalt, ein Ortsansässiger, beteuerte, dass es sich nicht so verhielt.
            »Er ist schwer verletzt, Mal. Daran besteht kein Zweifel.«
            »Und wer hat auf ihn geschossen?«
            »Keine Ahnung. Sie bleiben, wo Sie sind, während ich der Sache auf den Grund gehe.«
            Kochend vor Wut begab Mal sich in den Speisesaal, setzte sich an einen Tisch in der Ecke und machte sich über ein großes Steak mit Beilagen her. Nun musste er warten, bis Tussup sich wieder erholt hatte. Tief in seinem Herzen hatte Mal das mulmige Gefühl, dass Tussup ihm wieder durch die Lappen gehen würde und alles zwecklos war. Doch eigentlich kümmerte ihn das kaum noch. Vielleicht lag das daran, dass ihm jemand zuvorgekommen war.
            Er dachte an Jun Lien.
            Und überlegte, ob er ins Krankenhaus gehen und Tussup noch mehr Schmerzen zufügen sollte. Zum Beispiel, indem er ihn einfach aus dem Bett kippte.
            »Aber das wirst du nicht tun«, flüsterte ihm Jun Lien zu, sanftmütig wie immer.
            »Gut.«
            »Also ist es vorbei.«
            »Ja«, gab er bedrückt zu.
            »Das freut mich, mein Liebling. Du kannst jetzt wieder zu leben beginnen, neue Berge suchen, um sie zu erklimmen, und dich an jedem Sonnenaufgang freuen.«
            Mal bemerkte einen einsamen, von Farnen bewachsenen Hain vor dem Fenster und ging hinaus, um eine Zigarette zu rauchen. Er musste endlich anfangen, Jun Liens Andenken in Ehren zu halten, statt gegen die Vergangenheit anzukämpfen. Sie hatte ihn freigegeben und ihm erlaubt, die Trauer abzulegen. Er fühlte sich so ruhig wie schon lange nicht mehr. Die Wut war verraucht, und er konnte nun wieder mit der Begeisterung dem neuen Tag entgegenblicken, die Jun Lien stets solche Freude gemacht hatte. Tussup war wirklich der letzte Mensch, an den er jetzt denken wollte.
            Doch als der Anwalt zurückkam, teilte er Mal mit, die Polizei habe den Schützen noch immer nicht ausfindig gemacht. »Offenbar hatte jemand in der Stadt eine Rechnung mit Mr. Tussup zu begleichen.«
            »Gut. Tun Sie mir einen Gefallen. Wenn er

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