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Wind des Südens

Titel: Wind des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mehr nach Mals Geschmack als seine gefährliche Wanderschaft durch den Norden des Landes. Er hatte ein gutes Pferd, und die bequeme Straße führte über flaches Gelände. Allerdings hatte man ihn gewarnt, dass in dieser Gegend Banditen ihr Unwesen trieben, weshalb sein Gewehr im Sattelhalfter griffbereit war. Sein ganzes Leben lang war er mit einem zuverlässigen Gewehr gereist, dachte er, während er sein Pferd vor einem Gasthaus am Straßenrand zum Stehen brachte. Aber wenigstens brauchte er das Messer nicht mehr.
            »Wie weit ist es noch nach Goulburn?«, fragte er, nachdem er am Tresen ein Bier bestellt hatte.
            »Nur noch sechzig Kilometer«, erwiderte der Wirt. »Möchten Sie hier übernachten?«
            »Ja, das wäre wohl das Beste. Gleich morgen früh geht es dann weiter.«
            In seinem Zimmer überprüfte Mal die Papiere, die der Anwalt in Sydney ihm gegeben hatte. Die dünne Akte, die für die Polizei von Goulburn bestimmt war, legte er beiseite. Eigentlich hätte das auch die Polizei von Sydney übernehmen können, doch er erledigte das lieber selbst. Er wollte den Gerichtsvollzieher begleiten, wenn Tussup die Vorladung zugestellt wurde, um sicher zu sein, dass er ihnen nicht durch die Lappen ging. Er würde da sein, um mit dem Finger auf diesen Schuft zu zeigen. Tussup sollte ihn sehen, wenn er vorgeladen wurde, um zum Vorwurf der Freiheitsberaubung – oder wie das sonst in der Juristensprache hieß – Stellung zu nehmen. Dann würde er wissen, dass Mal Willoughby ihm endlich das Handwerk gelegt hatte.
            Mal hatte mit Constance über seine Absicht gesprochen, Tussup anzuzeigen. Wie erwartet war sie bei dem Gedanken, vor Gericht erscheinen zu müssen, beinahe in Ohnmacht gefallen.
            »O nein, das geht nicht, Mal! Wie können Sie so etwas von mir erwarten?«
            »Genau das ist es doch, was Sie wollten. Wenn Tussup wegen all dieser Vorwürfe vor Gericht steht, kann er der Welt sagen, dass keiner dieser Halunken Sie auch nur angefasst hat. Er würde unter Eid stehen. Sie haben mir erzählt, dass alle, selbst Ihr Mann, vom Schlimmsten ausgehen. Nun können Sie das Gegenteil beweisen. Und die Wahrheit wird für immer in den Akten stehen.«
            Constance wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Warum sollte Tussup das vor Gericht aussagen?«
            »Weil mein Anwalt ihm diese Frage stellen wird. Er wird bei der Wahrheit bleiben müssen. Zum Lügen hat er auch gar keinen Grund.«
            Constance dachte darüber nach. »Es wäre doch auch in seinem Interesse, auszusagen, dass er mich vor den anderen Männern gerettet hat.«
            »Ja.«
            »Und was genau müsste ich tun?«
            »Ich bringe ihn wegen Freiheitsberaubung vor Gericht. Er und die anderen Männer haben Sie gegen Ihren Willen festgehalten. Die wenigen Malaien, die noch im Gefängnis sitzen, trifft ebenso Schuld, doch Tussup war der Rädelsführer.«
            »O ja, ich verstehe.«
            »Gut, Ich danke Ihnen, Constance. Ich bin wirklich sehr froh über Ihre Hilfe. Tussup muss bestraft werden. Er ist verantwortlich für Jun Liens Tod und den des armen Flesser und …«
            Sie hielt sich die Ohren zu. »Nein, lassen Sie das. Bitte, Mal, ich will nichts mehr davon hören, ich kann nicht …«
            »Gut«, beruhigte er sie. »Reden wir nicht mehr darüber. Aber fassen Sie Mut, Constance. Wenn der Prozess vorbei ist, haben wir es hinter uns. Gott sei Dank.«
            Sie nickte und tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch ab. Allerdings hatte er den deutlichen Eindruck, dass sie seinem Blick auswich. Dann meinte sie verschwörerisch: »Man munkelt, dass Sie Esme Caporn den Hof machen. Ist das wahr?«
            Er lächelte. »Ich hoffe nur, dass sie mir keinen Korb gibt.«
            »Das wird sie schon nicht.« Constance seufzte. »Was für ein Glück sie hat, nach allem, was uns widerfahren ist, einen verständnisvollen Menschen zu haben, an den sie sich anlehnen kann. Mein Mann Lyle hingegen denkt immer nur an sich selbst.«
            »Und Ihr Vater?«, beharrte Mal. »Habe ich Ihre Erlaubnis, ihm von unserem Vorhaben zu erzählen?«
            »O nein, damit würde ich ihn jetzt nicht belasten. Ich sage es ihm selbst, wenn die Gelegenheit günstig ist.«
            Nichts, worauf man sich verlassen konnte,

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