Wind des Südens
Snowbridge, ein früherer Farmhelfer, beurteilten ihr Schicksal eher pessimistisch und verwarfen die Vorstellung, dass diese Mörderbande (man denke nur an Bootsmann Flesser) eine weiße Frau mit Respekt behandeln würde.
Raymond dachte an Esme Caporns Schreie und an die Schläge, die Mrs. Horwood im Speisesalon hatte ertragen müssen, und er zitterte vor Angst um sie.
Als eine Art Buße oder vielleicht als Opfer für die Götter enthielt er sich jeder Beschwerde über die grauenhaften Bedingungen auf diesem Schiff. Es gab nur eine einzige lang gestreckte Kabine, in der es unerträglich nach Schimmel stank. Die Kombüse war voller Fettspritzer, die Decken auf einigen Kojen waren steif von Salz und Schmutz, und am hinteren Ende, offen für den Blick jedes Eintretenden, befand sich die Toilette, ein Loch im Deck. Raymond, ein sittsamer Mann, hatte keine Lust, diese Örtlichkeit näher in Augenschein zu nehmen und benutzte sie nur, wenn die Natur kompromisslos ihr Recht verlangte.
Das Essen, das man ihnen vorsetzte, war abscheulich, doch zu seiner Verwunderung beklagte sich niemand, sondern alle machten sich hungrig über den Eintopf her und spülten ihn mit Feuerwasser hinunter, dem besten Rum vor Ort, wie man ihm versicherte.
»Hochprozentig«, erklärte man ihm, was ihm wenig sagte, während er tapfer trank und verzweifelt zu beweisen suchte, dass er dieser Gesellschaft gewachsen war.
Man staunte, wie er misstrauisch versuchte, nüchtern zu bleiben, während er mit ihnen trank, doch am anderen Morgen fühlte sich sein Kopf an, als hätte ihn jemand mit einer Axt bearbeitet. Also griff er nach einem Buch und zog sich an Deck zurück, um seine Qualen in Ruhe auszustehen.
Als sie schließlich die Mündung des Endeavour River erreichten, hätte er auf die Knie fallen mögen, vor Dankbarkeit, dass dieser Albtraum ein Ende hatte. Doch dann musste er feststellen, dass er gerade erst begann.
Der Kapitän steuerte sein Schiff flussaufwärts, vorbei an chinesischen Dschunken und einer Ansammlung von geschmückten asiatischen Schiffen und Hunderten weniger exotischer Kähne, Prahme, Kutter und Segelschiffe, die augenscheinlich vollgestopft mit Passagieren eingelaufen waren.
Alle an Bord waren Neulinge in diesem Goldrausch-Durchgangslager, doch sie hatten so viel darüber gehört, dass das heillose Durcheinander sie nicht schreckte. Ihre oberste Aufgabe bestand darin, Ausschau nach dem Rettungsboot der China Belle zu halten, das sie irgendwo am Flussufer zu entdecken hofften, und obwohl sie, so weit sie konnten, flussaufwärts gesegelt waren und die Boote am Ufer eingehend gemustert hatten, fanden sie keine Spur von dem gesuchten Boot.
»Wahrscheinlich haben sie es im Gestrüpp versteckt«, vermutete Poole, und das gab Raymond zu denken.
»Wäre es nicht klüger gewesen, es zu vernichten und als Feuerholz zu verwenden?«, wandte er ein, und Poole schüttelte den Kopf.
»Ein gutes Rettungsboot ist viel Geld wert.«
Raymond wollte nicht so unhöflich sein, die Meinung des Polizisten in Frage zu stellen, aber er fragte sich dennoch: Für wen? Schließlich hatte der Kapitän gerade erklärt, dass die Goldsucher den Fluss nicht als Transportweg nutzten; sie hatten Berge zu überwinden. Und auf dem Rückweg würden sie angesichts des weiten Wegs, den sie zurückzulegen hatten, wohl kaum ausgerechnet ein Rettungsboot besteigen.
Irgendwann legte der Schoner an, und Raymond begleitete die Polizisten an Land. Voller Interesse betrachtete er den im Bau befindlichen Hafen und die Arbeiter, die quer durch das schmutzige Lager hindurch Baumstümpfe entfernten, um eine Hauptstraße zu schaffen.
»Sieht aus, als würde hier eine richtige Stadt entstehen«, bemerkte Hector, und Poole pflichtete ihm bei.
»Ja, für eine Weile. Aber ich verstehe nicht, warum Ihre Regierung, Mr. Lewis, Geld dafür verschwendet. Wenn das Gold ausgeht, bleibt eine Geisterstadt zurück.«
»Würden Sie sich bitte nach dem Weg zur Polizeiwache erkundigen?«, bat Lewis und sah sich verzweifelt nach einem Gasthaus um. Er wollte runter von diesem stinkenden Schiff.
Hector rief ihm zu: »Sie halten die Augen auf, Mr. Lewis? Hier gibt es genug Chinesen, um ein Schiff zu
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