Wind des Südens
Stücke gehackt auf den Wegen liegen lassen, damit die Dingos sich um sie balgen. Grauen erregend ist das.«
In Gedanken an ihre Schilderungen spähte Jake nervös um sich. Die Aborigines hatte er ganz vergessen … falls er überhaupt je einen Gedanken an sie verschwendet hatte. Wahrscheinlich hatte Madeleine aber Recht: In diesem Land gab es bestimmt Stämme, die seit Jahrhunderten ungestört hier gelebt hatten. Und eine Invasion von Goldgräbern bedeutete mit Sicherheit Krieg.
»Himmel!«, flüsterte er, und ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, über seinen ungeschützten Rücken. »Ich bin verdammt sicher, dass ich in diesem Spiel nicht zu den Mutigen gehöre. Eher zu den Verrückten.«
Er fragte sich, ob es klüger – sicherer – wäre, nur bei Nacht zu reiten, statt sich bei Tageslicht den Speeren auszusetzen, verwarf den Gedanken aber wieder, denn ein Mann, der am Tage im Busch schlief, wäre eine leichte Beute. Er musste diese Reise eben so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Mushi tötete Ah Koo mit seiner Machete, weil er die Frau hatte entkommen lassen, obwohl es Bartie Lee inzwischen ziemlich gleichgültig war. Er hatte Mushi nicht verraten, dass er nicht wusste, wie er das Geld von ihrem reichen Mann eintreiben sollte. Wusste nicht, wie er vorgehen sollte. Und außerdem würde es dauern. Das hier waren nun doch keine Goldfelder. Der dumme Tussup hatte alles falsch verstanden. Um für die Frau Lösegeld zu bekommen, müssten sie sich hier in dieser Siedlung am Fluss verstecken, während alle anderen jenseits der Berge schaufelweise Gold ausgruben. Allein der Gedanke daran brach ihm das Herz. Und dann dachte er wieder an die Frau. Sie war zu einer Belastung geworden, und es wäre besser gewesen, sie zu töten statt Ah Koo und ihre Leiche tief im Busch zu verstecken. Ah Koo war immerhin ein guter Koch gewesen. Jetzt lag er im Busch begraben, und die Frau war irgendwo da unten und hetzte die Polizei auf ihn und seine Männer.
Und wo steckte Jake? »Hier nicht.« Er grinste. »Nicht hier, wo es Polizei gibt. Ist wahrscheinlich hinter dem Gold her.«
Er und Mushi zogen in die Stadt, kauften sich gute chinesische Kleidung, um nicht aufzufallen, und suchten nach der Frau. Sie fanden das Polizeizelt und behielten es eine Weile im Auge, aber es war und blieb verlassen.
»Ich schätze, die Polizei hat die Frau auf ein Schiff gebracht«, beschloss Mushi. »Sie ist eine Boss-Frau, sie wird sie dazu bringen, sie nach Hause zu schicken.«
Bartie entschied, dass diese Erklärung ausreichte, und das Paar beschloss, diesen Umstand mit einem Besäufnis zu feiern.
»Denn morgen brechen wir auf«, betonte Mushi.
»Ja, morgen packen wir zusammen, besorgen Proviant und Ausrüstung und holen uns unser Gold.«
»Und was ist mit Jake?«
»Wir werden ihn wiedersehen.«
Der Schoner Torrens folgte von Cairns aus in nördlicher Richtung der Küste bis nach Cooktown, und Raymond dachte an die China Belle dort draußen, auf einem Riff gestrandet, dass Unabwendbare erwartend. Früher oder später würde das Meer jenseits des Riffs sie holen.
Es tat ihm Leid, dass ein so prachtvolles Schiff so frühzeitig der Zerstörung anheim gegeben war. Gern hätte er den Kapitän seines Schiffes gebeten hinauszufahren, damit er sah, wie es der China Belle ging, aber das war natürlich ausgeschlossen. Ihre oberste Pflicht war, Mrs. Horwood zu retten und dann die Meuterer aufzuspüren und zu verhaften. Mittlerweile war Constance Horwood zum wichtigsten Gesprächsthema der Hilfspolizisten und der Mannschaft geworden, und Raymond hörte ihre Spekulationen mit Entsetzen. Offenbar herrschte die Meinung, dass sie besser tot sei als in den Händen dieser Mörderbande.
»Ich muss Ihnen widersprechen, meine Herren. Die Männer haben keine Veranlassung, Mrs. Horwood etwas anzutun. Im Gegenteil: Falls sie Lösegeld erpressen wollen, brauchen sie sie noch. Ich stelle mir vor, dass es wichtig für sie ist, besonders gut auf sie Acht zu geben.«
Sie lachten ihn aus und führten ihm grob vor Augen, welche Behandlung sie zu erwarten hätte, wenn sie überlebte.
Selbst die Hilfspolizisten, Bill Poole von der berittenen Polizei, und Hector
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