Wind des Südens
versenken.«
»Ja, natürlich«, erwiderte Raymond hastig und schämte sich, weil er jetzt schon seine Rolle vergessen hatte. Er spähte in die Gesichter der Leute, als sie in das Labyrinth aus Zelten und Unterständen eindrangen, suchte unter den Asiaten nach den Meuterern und starrte bärtigen Weißen ins Gesicht, in der Hoffnung, Offizier Tussup, den Anführer, zu entdecken, doch bald fing es an zu regnen, und seine Bemühungen waren für die nächste Zeit vergebens.
Sergeant Gooding, ein großer, sehniger Mann mit rotem Haar und einem Hang zu Wutausbrüchen, bat sie in sein Zelt und hörte sich ihre Geschichte an.
»Was haben sie?«, brauste er auf. »Gemeutert und eine Frau mitgenommen? Warum zum Teufel haben denn ihr Mann und die anderen Passagiere nichts dagegen unternommen?«
»Wir waren zahlenmäßig unterlegen, sie haben uns mit ihren Waffen überwältigt«, erklärte Raymond geduldig. »Wir machen uns Sorgen um die Dame …«
»Bisschen spät. Und Sie glauben, sie sind hier irgendwo? Mit der Frau?«
»Ja.«
»Wenn sie sie nicht umgebracht haben«, bemerkte Poole.
»Haben sie aber wahrscheinlich, die Schweine«, bestätigte Gooding.
»Trotzdem wollen wir davon ausgehen, dass die Dame hier ist und gefunden werden muss«, sagte Raymond mit Nachdruck. »Wo wollen Sie anfangen, Sergeant?«
Gooding stieß einen langen unmutigen Seufzer aus. »Ich war wochenlang fort. Bin erst heute Morgen vom Palmer zurückgekommen. Heute habe ich mich nur kurz in diesem Höllenloch umgesehen, und ich schätze, seit meiner Abreise sind noch einmal tausend Goldgräber hier aufgetaucht. Die Bevölkerung wechselt ständig. Die Goldgräber, die ich kenne, sind inzwischen weitergezogen, und die einzigen, die ich identifizieren kann, sind die Saufbolde und die Huren und die paar Schlaumeier, die hier ein Geschäft haben. Sagen Sie mir doch, wo ich anfangen soll, Kumpel.«
Raymond, der diesen Ton eines Untergebenen nicht gewohnt war, verschlug es die Sprache.
»Und außerdem«, fuhr Gooding fort, »habe ich erfahren, dass mein Kollege, Constable Colman, seine Stellung aufgegeben und sich zu den Goldfeldern aufgemacht hat. Verdammtes Glück, dass Sie hier aufgetaucht sind. Polizist Poole, betrachten Sie sich als zu dieser Station abkommandiert.«
»Das geht nicht, ich bin doch schon im Dienst.«
»Den Dienst können Sie auch noch tun, und wenn Sie nicht gehorchen, sperre ich Sie ein. Wir haben eine Leichenhalle beim Krankenhaus. So ein Gebäude mit Lehmwänden und einem Ziegeldach. Gehen Sie hin und erkundigen Sie sich nach allen Neuzugängen seit meiner Abreise. Ich muss versuchen, auf dem Laufenden zu bleiben.«
Er wandte sich Raymond zu. »Für Sie ist es schätzungsweise am besten, wenn Sie diesen Hilfspolizisten mitnehmen«, sagte er mit einem Nicken in Hectors Richtung, »und die Siedlung Meter für Meter absuchen und selbst Erkundigungen einholen. Sagen Sie einfach, sie handeln auf meinen Befehl. Ich halte in der Zwischenzeit die Ohren offen. Jetzt muss ich allerdings gehen. Zwischen den Chinesenhaufen am Billygoat Creek herrscht eine Art Privatkrieg. Machen Sie sich’s bequem hier, sofern Sie noch Platz finden.«
Raymond sah sich um. Das große Zelt war eher ein Lager als ein Büro. Truhen und Kisten stapelten sich in Reihen auf Holzblöcken um eine Pritsche und einen großen Schreibtisch. Darüber hing eine Laterne, und ein Stück Linoleum vor einem harten Holzstuhl sorgte für ein wenig Behaglichkeit.
»Ich wüsste gern, ob es hier ein Gasthaus gibt«, fragte Raymond hastig, und der Sergeant überlegte kurz mit gerunzelter Stirn, während er seinen Waffengurt umschnallte.
»Weiß nicht. Unten am Fluss bauen sie ein Hotel. Gehen Sie zurück zum Hafen und dann nach Westen. Mag sein, dass es inzwischen fertig ist. Eines von vielen, behaupten sie. Sieht so aus, als hätten wir mehr Kneipen als Einwohner, wenn das Gold ausgeht.«
»Danke«, sagte Raymond. »Wir machen uns gleich auf den Weg.«
»Ja, einen Versuch ist es wert. Wie heißt das Schiff, mit dem Sie gekommen sind, damit ich Sie finden kann, falls mir was zu Ohren kommt?«
»Es ist ein Schoner namens Torrens
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