Wind des Südens
dort große Mengen Gold aus.«
»Viele, ja, aber die meisten gehen leer aus. Warten Sie hier, ich hole mein Pferd.«
Sie befanden sich schon auf der Straße in Richtung Peking, als Chang das Thema erneut anschnitt.
»Also. Kehren Sie zurück in Ihre Heimat?«
»Ja.«
»Und reisen Sie in die Nähe der Goldfelder?«
»Wahrscheinlich. Ja, ich werde wohl müssen. Ich will nach den Männern suchen, die sich an der Meuterei beteiligt haben, und bin sicher, dass die Goldfelder ihr Ziel waren.«
»Und Sie glauben, sie halten sich dort noch auf?«
Mal nickte. »Sagen wir, ich fange dort mit meiner Suche an.«
»Dann werden Sie auf Ihren Reisen einen Diener benötigen, und vielleicht möchten Sie, Sir, mich als Ihren demütigen Diener einstellen?«
»Danke für das Angebot, Chang, aber ich brauche keinen Diener.«
»Ich verlange nur sehr geringen Lohn.«
Als Mal den Kopf schüttelte, ging Chang mit seinem Angebot noch weiter herunter. »Dann eben ohne Bezahlung? Sie sagen, es sei gefährlich auf den Goldfeldern. Ich kann Sie beschützen, Ihr Leibwächter sein. Ist das nicht eine vernünftige Regelung?«
»Nein. Tut mir Leid. Sie sollten nicht zu diesen elenden Goldfeldern reisen, Chang. Hier haben Sie sich doch gut eingerichtet: Sie können sich den Dienstherrn aussuchen und Sie verdienen gutes Geld. Geben Sie Ihr hiesiges Leben nicht auf für die geringe Aussicht, vielleicht Gold zu finden.«
Chang seufzte. »Glücksspiele haben mich schon immer fasziniert. Die Goldsuche wäre ein großes Risiko, da stimme ich Ihnen zu. Aber, Sir, ich wäre von Herzen gern ein reicher Mann.«
Mal hatte geplant, seine florierende Pelzhandelsgesellschaft in Peking zu behalten, da er über tüchtige Geschäftsführer verfügte – empfohlen von Jun Liens Vater – und erwartet hatte, regelmäßig nach China zurückzukehren.
Jetzt jedoch kam er zu dem Schluss, dass er ebenso gut auch hier alle Verbindungen abbrechen konnte, und er entschuldigte sich bei seinem Geschäftsführer, der ihm im Namen der gesamten Belegschaft sein Beileid aussprach, und bot die Firma zum Verkauf an.
Offenbar hatte der Geschäftsführer aber die Reaktion des Besitzers auf den Tod seiner chinesischen Frau vorausgeahnt und sich darauf vorbereitet, selbst ein Gebot abzugeben. Zum Zeichen des Respekts vor dem traurigen Verlust seines Arbeitgebers sprach er an diesen Tag nicht weiter darüber, doch wenige Tage später erhielt Mal ein schriftliches Angebot. Noch dazu ein recht gutes, bedeutend mehr, als er erwartet hatte. Ihm kam in den Sinn, dass die Familie Xiu die Hände im Spiel haben könnte und den Geschäftsführer mit dem nötigen Geld ausstattete, doch er zuckte die Achseln.
»Ich gehe ja«, äußerte er Chang gegenüber. »Nicht nötig, dass sie mich drängen.«
»Darf man über unverhofftes Glück murren, Sir? Ich denke nicht. Die Frage nach dem Warum erscheint mir überflüssig.«
»Ja, da mögen Sie Recht haben. Sie waren mir ein guter Freund, und ich bin Ihnen sehr dankbar für alles, was Sie für mich getan haben.«
»Danke. Aber ich fürchte, das waren Abschiedsworte. Sie wünschen nicht, dass ich Sie nach Australien begleite?«
»So ist es. Wenn wir Tientsin erreicht haben, nehme ich das erste Schiff nach Süden. Was halten Sie davon, wenn wir uns ein erstklassiges Speiserestaurant suchen und ich ein Festmahl ausgebe?«
»Was meinen Sie mit ›ausgeben‹?«
»Bezahlen. Ich bezahle.«
»Wie es sich gehört, wenn Sie einen Freund einladen«, erwiderte Chang. »Und ich fühle mich geehrt und nehme das Angebot an.«
6. Kapitel
Es geht ein böser Wind, Liebes«, sagte Neville zu seiner Frau, die in ihrer Kabine auf der Clarissa ruhte, noch immer zerschunden und übersät mit blauen Flecken von ihrer Misshandlung. »Der Arzt sagt, Freunde von ihm, Plantagenbesitzer, halten sich zurzeit in der Stadt auf. Sie waren erschüttert, als sie von deinem schrecklichen Erlebnis hörten, und da man ihnen sagte, wir wären auch Pflanzer, haben sie aus Kameradschaft angeboten, uns für eine Weile bei sich aufzunehmen.«
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