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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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nach oben.
    Wir drei blieben noch sitzen. Shen trommelte mit den Fingern auf den Tisch. In der letzten Zeit ging mir sein Benehmen immer mehr auf die Nerven. Wenn er früher bei jedem falschen Wort den Beleidigten gespielt hatte, dann hing er heute meist seinen Gedanken nach – wobei ich mich des Eindrucks nicht erwehren konnte, er brüte irgendeine Schuftigkeit aus.
    »Was soll die finstere Miene?!«, fragte ich ihn.
    Er riss den Blick von seinen Händen los und grinste. »Es gibt da so einiges, das mich beunruhigt.«
    »Und was? Oder ist das ein Geheimnis?«
    Unser Medikus beugte sich zu uns vor, damit uns keiner der Gäste an den Nachbartischen hörte, und raunte: »Wie viele Tote kann Lahen wiedererwecken?«
    »Worauf spielst du da an, Heiler?«, fragte diese kalt.
    »Das weißt du genau. Nicht jeder unterwirft sich den Hilss, aber du hast mühelos über die Magie des Todes geboten. Warum solltest du also nicht auch noch andere Dinge zuwege bringen?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte Lahen ruhig.
    »Ich mache mir halt so meine Gedanken. Und ich würde gern wissen, wer dich ausgebildet hat.«
    »Oho«, murrte ich, »lässt dir diese Frage also immer noch keine Ruhe.«
    »Irgendjemand muss dich ausgebildet haben«, beharrte Shen, ausschließlich an Lahen gewandt. »Abgesehen davon weiß nicht eine Schreitende, dass die Nekromanten in Sdiss Auserwählte genannt werden.«
    »Du weißt es doch auch. Ich für meinen Teil habe jedoch nicht die Absicht, dich zu fragen, woher.« Lahen beeindruckten die Anschuldigungen des Herrn Medikus in keiner Weise.
    »Du meinst also, ich sollte dich auch nicht danach fragen?«
    »Dafür wäre ich dir sehr dankbar. Ich erinnere mich nicht mal daran, wo ich dieses Wort aufgeschnappt habe. Es kam mir heute einfach über die Lippen. Mehr steckt nicht dahinter.«
    »Verstehe«, brachte er heraus. »Dann gestatte mir wenigstens die Frage, mit der ich dieses Gespräch angefangen habe. Wie viele Tote kannst du zum Leben erwecken?«
    »Keinen einzigen.«
    Daraufhin maßen sich die beiden mit Blicken. Shen gab als Erster auf. »Ich bin mir sicher, dass du lügst«, sagte er. »Außerdem frage ich mich, was du mit der Verdammten angestellt hättest, wenn sie dich nicht kalt erwischt hätte.«
    »Von mir aus kannst du dich fragen, was immer du willst. Aber einer Verdammten hätte ich nicht den geringsten Schaden zufügen können. Dafür reichen meine Kräfte nicht aus.«
    »Ach ja? Nur hast du das auch über den Nekromanten gesagt, der bei euch aufgekreuzt ist«, erwiderte er. »Im Übrigen gehe ich jetzt schlafen.«
    »Wie viele?«, fragte ich, sobald er weg war.
    »Lass das«, verlangte sie, die von mir nie mit einer solchen Frage gerechnet hätte.
    »Komm schon, es wäre wirklich hilfreich zu wissen, wozu du imstande bist.«
    Sie wich meinem Blick aus. »Ich habe doch schon Shen gesagt …«
    »… dass du nicht eine einzige Leiche zum Leben erwecken kannst. Das war noch nicht mal gelogen. Denn ehe dein Funken nicht neu entzündet ist, bist du dazu wirklich nicht imstande. Aber früher?«
    Lahen behagte das Thema nicht, das war klar. Ich stellte mich daher darauf ein, eine Abfuhr von ihr zu erhalten. Umso erstaunter war ich, als sie sagte: »Vier.«
    Stahlfinger legten sich mir um die Kehle, ich bekam kaum noch Luft, und über meinen Rücken rieselte eine kalte Gänsehaut. Die kindliche Angst vor einem Menschen, der über die Toten gebieten kann, hielt mich gefangen. Doch ich fasste mich schnell.
    Ich liebe sie. Und ich weiß, dass sie nicht so ist, wie sich das einfache Volk eine Nekromantin vorstellt. In all den Jahren, die wir nun schon Seite an Seite durchs Leben gegangen sind, haben wir gelernt, einander zu vertrauen. Gut: Wir haben es
fast
gelernt. Denn jetzt sah mich Lahen verängstigt an, bereute ihre Offenheit und wartete angespannt auf meine Erwiderung.
    »Vier«, wiederholte ich. »Nicht übel für eine Autodidaktin. Danke, dass du es mir gesagt hast.«
    »Das wollte ich schon lange tun, aber ich wusste nicht, wie du es aufnehmen würdest.«
    »Kann ich mir vorstellen.« Vor meinem inneren Auge tanzten nach wie vor ein paar lebende Tote, alles in allem kein sonderlich erbaulicher Anblick. »Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
    »Sind die anderen nach oben gegangen?«, platzte da Ga-nor in unser Gespräch.
    »Ja«, antwortete Lahen, glücklich, dass unsere Unterhaltung fürs Erste beendet war.
    »Wir sollten uns ein Beispiel an ihnen nehmen. Was ist,

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