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Wind Die Chroniken von Hara 1

Wind Die Chroniken von Hara 1

Titel: Wind Die Chroniken von Hara 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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    Beim Reich der Tiefe, was ging hier vor? Und was hatte es damit auf sich, dass, wie Giss behauptete, der Tölpel von jemandem kontrolliert wurde, der über Magie verfügte?
    Überhaupt: Giss! Das war die zweite Überraschung des heutigen Tages: Die graue Maus hatte sich als Löwe entpuppt.
    Ich schob den Becher mit Shaf, an dem ich noch nicht mal genippt hatte, zur Seite und starrte Giss finster an. Als er meinen Blick auffing, grinste er.
    »Was ist?«, fragte ich unwillkürlich.
    »Du bist ein ausgesprochen geduldiger Mann. Den ganzen Tag hast du wie ein sturer Ye-arre oder ein stolzer Elf geschwiegen. Obwohl ich dir doch an der Nasenspitze ablese, dass dir mehr Fragen unter den Nägeln brennen, als ein Nirith Zähne im Maul hat. Also los, raus mit der Sprache!«
    »Wer bist du?«
    »Du packst den Stier gleich bei den Hörnern.«
    »Ich kenne noch nicht mal deinen Namen.«
    »Doch: Giss. Das ist mein richtiger Name.«
    »Und du …«
    »Sprich etwas leiser«, bat er da. »Wir wollen die guten Leutchen hier doch nicht verschrecken.«
    Damit hatte er recht. In der Schenke wimmelte es von Gästen, und wenn die Bauern, Händler, Reisenden und Soldaten aus der nahegelegenen Garnison erführen, dass sich in ihrer Gesellschaft jemand aus dem Purpurnen Orden befand, würde ein gewaltiges Tohubawohu losbrechen. Das nur in dem Fall noch größer gewesen wäre, wenn es sich bei Giss um einen Nekromanten gehandelt hätte. Die Schreitenden, die Statthalter und der Imperator wussten selbstverständlich, wie viel die Dämonenbeschwörer für das Imperium leisteten. Aber das einfache Volk fürchtete Menschen wie Giss.
    Es hieß, die Angehörigen des Purpurnen Ordens verfügten über ihre eigene, höchst merkwürdige Magie, die zwar bei gewöhnlichen Menschen nichts ausrichtete, aber hervorragend gegen alle möglichen Dämonen und Geister half. Die meisten Menschen brachten ihnen dennoch mehr Angst entgegen als den Verdammten, hausten Letztere doch in weiter Ferne, hinter den Buchsbaumbergen, in Nabator oder in der Großen Wüste, während die Dämonenbeschwörer mitten unter ihnen lebten – und bestimmt nichts Gutes ausheckten.
    Ich sah das anders. Niemals hatte ich erlebt, dass die Beschwörer Unheil anrichteten. Und sollten sie je auf diesen Gedanken kommen, würden ihnen die Schreitenden rasch Einhalt gebieten, denn selbst der stärkste Dämonenbezwinger ist ohne seine Utensilien, den Stab und das Buch der Anrufungen, genauso harmlos wie jeder andere Mensch auch und kann magisch selbst von der schwächsten Glimmenden übertroffen werden. Die Angehörigen des Purpurnen Ordens verfügen nämlich nicht über den Funken. All ihre Möglichkeiten fußen auf langem Studium, einem guten Gedächtnis und unzähligen Artefakten. Manch Spaßvogel behauptet deshalb sogar: Wer sich nur ordentlich anstrengt, bringt auch einer Meerkatze das Dämonenbeschwören bei.
    »Du siehst nicht wie ein Beschwörer aus«, sagte ich, »eher wie ein …«
    »Bote?« Auf seinem schmalen Gesicht lag ein außerordentlich zufriedener Ausdruck.
    »Mhm. Was also soll die Maskerade?«
    »Hast du schon mal versucht, in purpurroter Kleidung durch die Lande zu reisen?«
    »Nein.«
    »Dann würde ich es dir auch nicht empfehlen.«
    Wie gesagt, diejenigen, die sich mit Dämonen abgeben, werden nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Schon eher mal mit einem Armbrustbolzen, der aus einem Gebüsch herausschießt. Und vor dem retten dich alle Dämonen aus dem Reich der Tiefe nicht. Insofern hatte Giss recht – für die Straße empfahl sich etwas Bescheideneres als roter Samt und rote Seide. Zum Beispiel die Tracht eines Boten.
    »Was hat dich, den Magister des Ordens, veranlasst, durchs Land zu ziehen?«
    »Du erstaunst mich wirklich immer wieder«, sagte er.
    »Weil ich deinen Rang kenne? Komm schon, ein schlichter Beschwörer fuchtelt nicht mit einem Stab dieser Größe rum, der noch dazu mit zahlreichen Rubinen besetzt ist.«
    »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich den Grund meiner Reise lieber nicht preisgeben.«
    »Aber das, was du uns über Gash-shaku erzählt hast, entspricht der Wahrheit?«
    »Ja. Die Stadt wird belagert. Ich habe es kaum noch rausgeschafft. Und alles andere habe ich auch nicht erfunden.«
    Ich nickte mit finsterer Miene.
    »Es freut mich, dass du im Unterschied zu vielen anderen nicht vor mir zurückschreckst«, gestand er dann zu meiner Überraschung.
    »Sollte ich das denn?«
    »Viele tun es.«
    »Mir ist im Grunde egal, wer du

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