Wind Die Chroniken von Hara 1
am Galgen baumeln und die Krähen füttern. Und sich darüber den Kopf zerbrechen, wofür er diese Strafe verdient hatte.
Nein, die Leute im Dorf sollten sich wirklich schämen, wenn sie behaupteten, die Nabatorer seien gemein. Das waren sie überhaupt nicht. Den bösen Holzfällern hatten sie sogar in null Komma nichts gezeigt, wer hier der Herr im Hause war. Und kaum hatten die Soldaten sie verbläut, krochen sie ganz kleinlaut durch die Gegend. Wahrscheinlich weil keiner von denen gehenkt werden wollte. Wo dir dann die Zunge herausbaumelt und blau wird. Oder im Fluss ertränkt werden. Und all das hieß ja wohl, dass die Nabatorer gut waren. Vor allem ihr Hauptmann. Der war sogar noch klug. Und immer geradeheraus, genau wie er, Pork, selbst auch. Jawoll. Ihm hatte er erzählt, dass die Holzfäller sein Hemd zerrissen hatten. Und da hatte der Hauptmann gleich begriffen, wie böse die waren, und versprochen, er werde sie bestrafen. Später. Irgendwann. Darauf freute Pork sich jetzt schon: zu sehen, welche Strafe sie bekommen. Das war viel aufregender als Kühe hüten.
Wer also behauptete, die Nabatorer seien böse, war blöd. Deshalb würde Pork auch zu seinem Freund, dem Hauptmann, gehen und ihm ganz offen sagen, wie sehr ihm die Soldaten gefielen.
Dabei hatte er anfangs gar nicht darauf zu hoffen gewagt, dass die Nabatorer seine Freunde werden. Sie sahen nämlich alle fürchterlich böse aus. Und hatten ihn weggejagt, als er ihnen von Rittern erzählte. Aber dann hatten sie doch verstanden, wie klug er ist, und seitdem unterhielten sie sich gern mit ihm. Und immer lachten sie, freuten sich, ihn zu sehen, und erkundigten sich, wann Pork endlich zum Ritter werden würde. Sie hatten ihm sogar versprochen, ihm ein riesiges echtes Schwert zu schenken und ihm beizubringen, wie man damit umgeht. Bis dahin sollte er mit einem Stock üben. Daraufhin hatte er einen kleinen Baum ausgegraben und sich vorgestellt, der sei ein Schwert, und war losgezogen, den Steckrüben der alten Rosa den Kopf abzuschlagen. Die hatte vielleicht gezetert! Viel hätte nicht gefehlt, und sie wäre wieder mit dem Krückstock auf ihn losgegangen. Als Pork dann gesagt hatte, der Hauptmann Nay selbst habe ihm das erlaubt, hatte sie ihn einen dummen Tölpel geschimpft. Pork hatte aber nicht begriffen, wen genau die alte Schachtel damit meinte. Deshalb würde er sich heute Abend bei Herrn Nay über die widerwärtige Alte beschweren. Sollte der das rauskriegen – und sie dann zusammen mit den Holzfällern aufhängen. Damit denen nicht langweilig wurde. Und Pork würde zugucken und aus voller Kehle lachen.
Mit einem Mal fiel ihm jedoch ein, dass es gar nicht mehr so einfach war, die Holzfäller zu hängen – denn er hatte ja selbst gesehen, wie aus denen Kleinholz gemacht worden war. Vorgestern war das gewesen. Pork hatte wie immer auf die verfluchten Kühe aufgepasst, an seiner gewohnten Stelle, in der Nähe vom Kahlen Stein. Eigentlich hatten die Kühe auf sich selbst aufgepasst, während er beobachtet hatte, wie die Kasernen entstanden. Die Männer bauten eine richtige Festung. Die Hälfte des Palisadenzauns fehlte zwar noch, aber dafür gab es schon einen Wachturm, und auf dem saß ein richtiger Bogenschütze und behielt die Straße im Auge! Der konnte jeden erschießen. Und würde treffen. Die sind mutig, diese Bogenschützen. Und zielsicher. Fast wie Gnuth aus dem Dorf. Nur besaßen die Nabatorer zwei Augen.
Und dann waren plötzlich Soldaten des Imperiums über die Straße geprescht! Vierzig Mann. Alle mit Pferden. Die schrien, fuchtelten wild mit ihren Waffen und machten jeden nieder, der sich ihnen in den Weg stellte. Pork wurde ganz mulmig, denn die Soldaten schlugen die Holzfäller genauso nieder wie die Nabatorer, ohne danach zu fragen, wer von denen gut und wer schlecht war. Dabei hätten sie doch nur die Holzfäller umzubringen brauchen. Denn mit den Nabatorern konnte man gut Freund sein. Die konnte man abends treffen, um über Waffen und Mädchen zu reden und in der Schenke Shaf zu trinken. Der schmeckte gut! Die Nabatorer luden Pork jeden Tag ein und lachten, wenn ihn seine Beine nicht mehr trugen. Aber das nahm er ihnen nicht übel, bestimmt nicht. Er wusste doch genau, dass sie ihm nichts Böses wollten. Außerdem würden sie ihm bald ein Schwert schenken. Mit denen durfte er sich also nicht streiten.
Die bösen Soldaten aus dem Imperium kamen am Ende aber doch nicht mit dem Leben davon. Hauptmann Nay war nämlich mit seinen
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